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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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Bein brechen. Er musste vorsichtig sein und langsamer gehen.
    Doch dann war er überrascht, wie einfach es heute war. Er musste nicht einmal zu Boden sehen. Seine Füße fanden von ganz allein bei jedem Schritt den richtigen Halt, genauso zielstrebig, wie seine Hände die Hebel des Baggers bedient hatten. Der Autopilot war wieder eingeschaltet. Sicher wie ein Tänzer sprang er von einem Felsen auf den nächsten, den Schädel immer sicher in der Armbeuge und das Messer wie eine Balancierstange in der rechten Hand.
    Er umrundete den Fuß der Klippe und gelangte bis dicht an die Felswand und das schmale Band, das emporführte.
    Dort verschmolz er mit den Schatten, um einen Überblick zu gewinnen.
    Und dann sah er sie – genau dort, wo er es erwartet hatte. Jackie und Sparky verschwanden als Erste, danach Merritt, und zum Schluss schob Connie Andy vor sich her in die Höhlung. Sie wollten sich in den Gängen verstecken, bis die Arbeiter morgen früh zurückkehrten.
    Das sind böse Leute, flüsterte eine rauchige Stimme. Sie wollen dich gegen mich beeinflussen, Peter. Sie wollen den Kreis unserer Familie sprengen.
    Peter wischte die Schneide des Messers an seinem Hosenbein ab. Nun, das sollte ihnen nicht gelingen.
    Rasch erklomm er die kleine Mauer, überquerte den schmalen Weg und verschwand in der Mündung des Gangsystems. Wenig später sank die Temperatur beträchtlich, aber Peter merkte es kaum. Er schob das Messer in die Hülle zurück und zog stattdessen Andys Laz-R-Light-Taschenlampe aus seiner Jeans. Die Batterien waren fast leer, aber der schwache Schein genügte ihm. Dabei hatte er dem Jungen eingeschärft, die Batterien zu schonen. Aber Andy hörte ja nicht auf ihn! Er gehorchte einfach nicht! Im Moment war es jedoch nicht wichtig, denn vor seinem inneren Auge schimmerte ein Plan des Systems, so deutlich, dass er ihn im Dunkel erkennen konnte.
    Er folgte dem Haupttunnel, immer den undeutlichen Stimmen nach. Andys höhere Stimme konnte er heraushören. Vermutlich fragte er die anderen, was sein Vater tat, wenn er so spät nachts noch arbeitete. Daddys lieber Junge.
    Peter schob sich an den glitschigen Wänden entlang, als ob er sich durch die Innereien eines riesigen Tieres wand. Ein Geburtskanal von monströsen Ausmaßen.
    An einer Biegung benutzte er die Lampe zum ersten Mal. Hoch oben in den Wänden, direkt unterhalb der gewölbten Decke, erkannte er tiefe Höhlungen. Im ersten Moment wusste er nicht, was er davon halten sollte. Alle paar Meter eine Vertiefung, so weit er sehen konnte. Doch dann dämmerte es ihm. Es waren die Vorbereitungen, um Pulpit’s Point ein Stück zu stutzen. Alles war vorbereitet, damit der Felsen morgen gesprengt werden konnte.
    Dieser Gedanke beschleunigte Peters Schritte. Er musste sie unbedingt erreichen.
    Im dämmrigen Schein erkannte er in den seitlichen Kammern die zahllosen Benzin- und Ölfässer. Der Benzindunst war betäubend. Spätestens morgen mussten sie abtransportiert und irgendwo anders gelagert werden. Aber Linda hatte das alles durcheinander gebracht.
    Endlich erreichte er die Gabelung. Inzwischen klangen die Stimmen so verschwommen und leise, dass sich keine eindeutige Richtung mehr feststellen ließ. Außerdem störte ihn der ständig zunehmende Lärm in seinem Kopf. Er fing an zu zittern, weil womöglich alles umsonst war. Er hatte einen Scheitelpunkt erreicht – es kann so oder so ausgehen, wie Sparky gesagt hatte. Himmel! Welchen Gang? Er musste sie erreichen. Er musste Andy nach oben auf die Klippe bringen, bevor sie wütend wurde und sich vielleicht etwas einfallen ließ. Intuitiv wollte er sich nach rechts wenden, doch im selben Moment hörte er es.
    Hier entlang.
    Ein unterdrücktes Stöhnen entrang sich ihm. Ja, sagte er und streichelte den Schädel und stürzte in den linken Gang.
    Erneut folgte er den Stimmen, die er nun wieder deutlicher hörte, glitt geschickt durch enge Stellen und wand sich sicher um Ecken und Kurven. Die Stimmen wurden immer lauter. Mit einem Mal verengte sich der Gang und wurde unangenehm niedrig, so dass Peter gerade noch gehen konnte. Er passierte einige Gefängniszellen und erinnerte sich sofort an sein Entsetzen, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Er knipste die Taschenlampe aus und verließ sich auf sein Gefühl.
    Wieder verschwommene Stimmen vor ihm und dann plötzlich ein lautes Kreischen, als Metall auf Metall schabte. Sein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe. »Halt!«, schrie er.
    »Das ist mein Dad.«
    »Andy,

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