Der Ruf der Steine
Untertasse gefunden? Oder irgendeine unerklärliche Maschine? Weshalb fanden die Begegnungen mit Außerirdischen immer nur nachts auf den einsamsten Landstraßen von New Hampshire statt? Warum wurden elfjährige Mädchen stets in Ländern wie Paraguay oder Bhutan von Außerirdischen entbunden? Auf der Titelseite der New York Times hatte er jedenfalls nicht gelesen, dass ein Sumpfmonster eine kleine Pfadfinderin in seine Gewalt gebracht hätte. Peter fand es faszinierend, dass Menschen im Zeitalter von Raumfahrt und Gentechnik solchen Quatsch überhaupt zur Kenntnis nahmen. Dass zum Beispiel ein Zeitgenosse erregt mit einem Automechaniker über das Klopfen seines Motors diskutierte und im selben Atemzug ohne Widerworte akzeptierte, dass Marsmenschen beim Bau der Pyramiden geholfen hatten. War die Machtlosigkeit daran schuld, die einen angesichts gesicherter wissenschaftlicher Daten befiel? Wie hatte Mark Twain das so schön formuliert? Durch die wissenschaftliche Erklärung des Regenbogens haben wir mehr verloren als gewonnen. Vielleicht war aller Irrationalismus nur der verzweifelte Versuch, das Unerklärliche zu bewahren.
Dann verraten Sie uns doch, lieber Professor, flüsterte eine Stimme, wie Sie sich die Geschehnisse der vergangenen Nacht erklären oder die durchschnittene Kehle Ihres Kleinen?
Er schüttelte den Kopf.
»Ich finde es eher seltsam, dass du so wenig davon hältst«, sagte Sparky.
»Ich esse auch keine Eier.«
Ratlos sah sie ihn an. »Den Zusammenhang verstehe ich nicht.«
»Das genau will ich damit sagen – es gibt keinen Zusammenhang. Wenn ein Archäologe einen antiken Tempel freilegt, heißt das ja nicht, dass er auch an die Religion glauben muss.«
»Fühlst du denn gar nichts? Sozusagen auf geistiger Ebene? Ich könnte mir nicht vorstellen, einen Talisman auszugraben, ohne … ohne so etwas wie Ehrfurcht zu empfinden.«
»Das ist ein wenig anders«, erklärte Peter. »Natürlich empfinde ich etwas, wenn ich Dinge ausgrabe. Aber für mystische Deutungen habe ich niemals wissenschaftliche Anhaltspunkte gefunden.«
Bullshit!, flüsterte die Stimme.
»Also glaubst du nicht an eine spirituelle Welt?«
Wieder spürte Peter den eiskalten Hauch – diesmal auf dem Rücken.
»Nein.«
Aber ich fürchte mich davor.
»Du glaubst also, dass es nur eine real existierende Welt gibt und mit dem Sterben alles zu Ende ist? Deiner Meinung nach gibt es kein Jenseits?«
»Richtig«, sagte er leise.
»Hey, Leute, schaut euch das an!« Jackie winkte sie aufgeregt zu sich und beugte sich zusammen mit Connie über ihr Grabungsquadrat.
Peter brach der Schweiß aus. Er rappelte sich hoch und folgte Sparky.
In einer Tiefe von ungefähr fünfzig Zentimetern war ein Stück Fell zum Vorschein gekommen. Vielleicht das Gewand eines Ureinwohners, war Peters erster Gedanke. Er ergriff den Spachtel und hatte nach wenigen Minuten das Hinterteil eines Tiers freigelegt. Eine Hinterpfote war verwest, und der Körper war vertrocknet und so völlig von wimmelnden Insektenlarven bedeckt, dass er wie gekochter Reis aussah.
»Toll!«, rief Andy.
Peter sah zu, während Jackie das Tier bis zu den Flanken freilegte. Fauliger Geruch stieg empor.
Riecht vertraut, nicht wahr? Wie in der Küche, was?
»Allzu antik ist dieser Fund wohl nicht«, meinte Jackie angesichts des roten Halsbands.
»Mein Gott, es ist ein Hund«, rief Sparky.
»Entweder das oder ein Hobbit«, bemerkte Jackie. »Auf dem Namensschild steht ›Bilbo‹.« Auf der anderen Seite fand sich eine Nummer und eine Adresse in New Jersey.
»Die Bauarbeiter scheiden wahrscheinlich aus«, überlegte Jackie. »Die bringen bestimmt keinen Hund mit auf die Baustelle.«
»Wie lange, glaubst du, ist er schon vergraben?«, fragte Sparky.
»Angesichts der vielen Maden wahrscheinlich noch nicht allzu lange«, vermutete Peter. »Vielleicht ein paar Monate.«
In den Augenhöhlen war die Verwesung bis auf den Knochen fortgeschritten, doch das Fell wirkte relativ frisch. Die Schnauze war blank gescheuert, als ob man das Tier gewaltsam in den Sandberg gedrückt hätte, und in ihm wimmelte es von Insekten.
Mit Spachtel und Bürste legten sie den Körper frei.
»Seltsam«, wunderte sich Connie, »dass man ihn in dieser schrägen Haltung beerdigt hat.«
»Ja, das stimmt«, sagte Sparky. »Als Sheena starb, haben wir im Hinterhof eine Grube ausgehoben und den Hund in einer Decke flach auf den Boden gelegt.«
»Und die Leine haben wir auch abgemacht«, ergänzte
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