Der Ruf der Steine
nicht mit seinen Anwälten oder gar den Baumaßnahmen, die hier stattfinden. Falls es Sie interessiert: Mir gefällt das, was hier geschieht, ebenso wenig wie Ihnen. Aber ich habe hier nichts zu sagen. Ich bin nur ein kleiner Archäologe, der einige Wochen lang mit seinen Assistenten auf Pulpit’s Point graben darf. Es wäre mir lieb, wenn Sie unsere Ausrüstung nicht länger attackierten, denn damit ändern Sie nichts. Sie bringen höchstens Unschuldige in Gefahr.«
Während sie über seine Worte nachdachte, rekapitulierte Peter im Kopf jede Bewegung, die ihn in den Besitz der Wünschelrute bringen könnte. Ein Schwung mit der rechten Hand und gleichzeitig ein Haken mit der linken gegen ihren Unterarm. Leider konnte er keinen Zentimeter zurückweichen, denn er stand bereits mit dem Rücken an der Wand, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als die Spitze, die gegen seinen Bauch gerichtet war, zu ignorieren.
Eine verrückte Sekunde lang schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er vielleicht schon gestorben war und sich in der Hölle befand, wo Männer wie er für die sexuelle Belästigung von Frauen bestraft wurden. Peter Van Zandt, Sie kommen zu Lady Beelzebub. Die wird Ihnen zeigen, was SIE alles kann.
Die Spitze des Astes zeigte genau auf seinen Nabel. »Was haben Sie vor?«, fragte er.
»Warum graben Sie dort oben?« Ihre Anspannung war fühlbar.
»Das habe ich bereits gesagt. Wir erforschen den Sandhügel. Ich bin Archäologe.«
»Aber Sie graben die Steine für Mr. Shit aus.« Die Spitze berührte seine Haut und löste einen Schauer aus, der ihn von oben bis unten durchzuckte.
»Vor einer halben Stunde haben Sie mir das Leben gerettet, und nun behandeln Sie mich wie eine Geisel. Was, zum Teufel, wollen Sie?«
Das schielende Auge verengte sich zu einem schmalen Schlitz, während das andere ihn anstarrte. »Die Steine.«
»Was ist mit den Steinen?«
»Was haben Sie mit ihnen vor?«
»Nichts. Ich will sie nur ausgraben.«
»Sie lügen.«
»Verdammt, nein!« Die Spitze presste sich ein wenig tiefer in seine Haut. Im Rücken fühlte er die Wand. Wenn er nur ein wenig heftiger atmete, würde sich die Spitze in die Haut bohren.
»Was wissen Sie über die Steine?«
»Nichts. Vielleicht waren sie Teil einer alten Kirche, oder die Indianer haben sie aufgestellt. Genau das will ich herausfinden.«
Sekundenlang starrte die Frau ihn wortlos an, dann zog sie den Ast ein Stück zurück. Geräuschvoll stieß Peter den Atem aus.
»Eine alte Kirche, ja?« Die Vorstellung schien sie zu amüsieren.
»Das hat man mir gesagt.«
»Und was ist Ihre Meinung, Mr. Archäologe?«
Peter schüttelte den Kopf. »Sie sind anders als alles, was ich kenne.«
»Sie sind heilig.«
»Sie sind heilig«, wiederholte Peter wie einen Schwur. Und vor seinem inneren Auge sah er sie mit Hirschgeweih und Wünschelrute über den Sandhügel tanzen und dazu singen.
»Diese Insel ist heilig.«
»Verstehe.«
»Nein, Sie verstehen gar nichts, Mr. Archäologe. Sie graben ja nur. Wenn Ihre Arbeit getan ist, werden die Steine als Füllmaterial verwendet werden.«
»Mag sein, dass sie tatsächlich heilig sind. Solche Dinge zu beweisen ist mein Beruf. Ich grabe, um die Wahrheit aufzudecken.«
»Die Wahrheit «, sagte sie, als ob sie das Wort ergründen wollte. »Und was passiert, wenn Sie die Wahrheit kennen?«
»Ich habe Sie nicht verstanden.«
Sie hob die Stimme. »Was geschieht mit den Steinen, wenn Sie die Wahrheit kennen, Mr. Archäologe?« Es klang genauso verächtlich wie Mr. Shit. »Was passiert mit ihnen, wenn Sie mit all Ihrem Geld wieder aufs Festland zurückfahren?«
»Ich bekomme kein Geld, und ich kann auch nicht bestimmen, was mit den Steinen oder irgendwelchen anderen Dingen geschieht, die wir finden. Falls sie archäologisch wertvoll sind, werde ich tun, was in meiner Macht steht, um sie zu erhalten. Aber ich fürchte, ich werde nicht allzu viel ausrichten können, denn wir befinden uns auf Privatbesitz. Nicht einmal der Präsident könnte Mr. Hatcher an seinem Tun hindern. Ganz gleich, ob die Steine nun heilig sind oder nicht. Wenn ich es mir recht überlege, sollten Sie sich, verdammt noch mal, lieber gleich an Mr. Hatcher wenden. Diese Insel gehört ihm, und die Steine auch.«
Er ärgerte sich, dass er sich wieder einmal in Erregung geredet hatte. Zorn war unter den jetzigen Umständen eher unklug, aber es war passiert. Er war müde und wollte endlich nach Hause in sein trockenes, warmes Bett.
Einige Zeit
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