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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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geben.«
    »Auf jeden Fall freue ich mich für dich.«
    Er sah sie an und empfand für Sekunden ein warmes, herzliches Gefühl. »Ich danke dir, Connie«, sagte er. Doch er hatte den Satz kaum ausgesprochen, als Rauch seinen Kopf vernebelte. Urplötzlich war er gereizt. Weshalb freute sie sich auf einmal für ihn? Noch achtundvierzig Stunden zuvor hatte sie ihn fast wegen Vergewaltigung angezeigt.
    Er schwemmte die Frage mit einigen Schlucken Bier hinunter. Schweigend starrte er zum Mond hinauf, bis er in den dunkleren Teilen des Planeten Gesichter sah.
    »Bitte, nimm mir die Frage nicht übel, Peter, aber geht es dir gut? Hast du etwas?«
    Er wandte sich ihr zu. »Nicht dass ich wüsste. Was meinst du?«
    »Ich denke, dass du genau weißt, was ich meine.«
    »Du irrst dich, Connie.«
    »Seit der Nacht auf der Klippe wirkst du so … irgendwie beunruhigt.«
    »Ehrlich?«
    »Ja. Jetzt auch. Du wirkst irgendwie verschlossen … als ob du wütend wärst.«
    Der Vorwurf ärgerte ihn, aber das ließ er sich nicht anmerken. »Wahrscheinlich ist es die doppelte Belastung durch die Grabung und meinen Sohn. Wie du weißt, hat Andy seine Mutter verloren. Ich entschuldige mich gern, wenn ich einmal kurz angebunden oder unfreundlich war, aber der heutige Tag hat mich wieder ganz neu motiviert.«
    Ohne etwas zu sagen, sah sie ihn nur an und nickte.
    Eine weitere Minute verrann.
    Peter trank aus der Flasche. Sie beobachtet sehr genau, dachte er. Seit Lindas Rückkehr war jedes Interesse an Connie verflogen. Mehr noch – er hatte sogar so etwas wie leichten Widerwillen entwickelt. Wie heute Morgen, und damals bei der Auseinandersetzung in der Küche. Das war noch vor Lindas Rückkehr gewesen. Beide Male hatte Connie seine Entdeckung zu behindern versucht. Wenn sie der Polizei tatsächlich einen Bericht über den Vorfall mit dem Bagger geschickt hätten, hätten die Steine nie das Licht dieser Welt erblickt. Er trank noch einen weiteren Schluck. Er konnte es sich nicht erklären, aber er spürte genau, wie Linda von seiner Seele Besitz ergriff und ihn gegen alle Versuche stählte, ihn an der Entdeckung der Steine zu hindern. Und was war in der Nacht auf der Klippe passiert? Ganz einfach, dachte er. Linda war schon immer eifersüchtig gewesen. Sogar noch im Tod. Eines passte zum anderen.
    Er trank noch einen Schluck. Am östlichen Himmel leuchtete eine Sternschnuppe auf, dann noch eine und noch eine. War das ein Omen? Ja, eine Bestätigung.
    Connie stand auf, um ins Haus zu gehen. »Jackie ist völlig aus dem Häuschen. Er kann kaum abwarten, bis die Welt endlich hört, dass die Iren Amerika entdeckt haben.«
    Peter lächelte. »Zu gegebener Zeit.«
    »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Connie.« Er trank sein Bier und freute sich über die Stille.
    Die Sterne waren ihm mit einem Mal so nah, als ob er sie mit den Fingernägeln vom Himmel kratzen könnte. Direkt über ihm stand Sagittarius, das Sternbild des Schützen. Er verband die leuchtenden Pünktchen und erkannte den Bogen des Jägers.
    Je länger er über die damalige Nacht auf der Klippe nachdachte, desto weniger verletzend empfand er sein Verhalten. Natürlich hatte er sich etwas gehen lassen, war auch vielleicht ein wenig zu brutal gewesen, aber es war ja auch wirklich kein alltäglicher Sex gewesen! Eigentlich sollte sie eher stolz sein und sich geschmeichelt fühlen, denn schließlich wurde man nicht jeden Tag zu einer ménage à trois mit einem Engel gezwungen.
    Er leerte die Flasche und ging zu Bett.
    In dieser Nacht schlief er wie ein neugeborenes Baby.

 

    25
    Beim ersten Anblick konnte Peter sich keinen Vers darauf machen.
    Zuerst dachte er an einen kleinen Schössling, der aus der Mitte des Steinkreises emporwuchs. Das Ding war nur schwer zu erkennen, und vermutlich hätte er es vor dem bräunlichen Sandboden überhaupt nicht wahrgenommen, wenn nicht die Sonnenstrahlen die Astgabelung grünlich hätten aufschimmern lassen.
    Er stieg über einen der Quader in den Kreis. Eine entrindete Astgabel, deren Enden vom vielen Anfassen dunkel verfärbt waren und glänzten. Wie ein Wegweiser steckte sie senkrecht im Boden.
    Hannahs Wünschelrute.
    Er konnte die Stiefelabdrücke der alten Frau überall erkennen. Im Schutz der Dunkelheit war sie heraufgestiegen und hatte ihre Wünschelrute nicht weit vom sechsten Stein in den Boden gesteckt.
    Peter zog den Ast heraus. Das Ende war angespitzt. Ansonsten war das Grabungsfeld unberührt. Zumindest sah er keine Veränderungen, kein

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