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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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keine großen Sorgen ums Sterben gemacht, weil ich zu beschäftigt war, um darüber nachzudenken. Und dann bin ich fast an Verletzungen und am Fieber gestorben, und da ging es mir so elend, daß ich es kaum abwarten konnte, tot zu sein. Aber wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich im Großen und Ganzen nichts dagegen, im Schlaf zu sterben, nein.«
    Er beugte sich zu mir herüber und küßte mich sacht. »Am liebsten im Bett neben dir. Natürlich in sehr hohem Alter.« Er berührte meine Lippen sanft mit der Zunge, dann stand er auf und strich sich trockene Eichenblätter von der Reithose.
    »Am besten machen wir Feuer, solange wir noch genug Licht haben, um den Feuerstein zu sehen«, sagte er. »Gehst du die Fische holen?«
    Ich überließ es ihm, sich mit Feuerstein und Zunder zu beschäftigen, während ich den kleinen Hügel hinabstieg und zum Bach ging, wo unsere frisch gefangenen Forellen an Drahtschnüren in der eisigen Strömung baumelten. Als ich den Hügel wieder heraufkam, war es so dunkel geworden, daß ich ihn nur schemenhaft über einem glimmenden Häufchen Reisig kauern sah. Ein Rauchfaden stieg bleich zwischen seinen Händen auf.
    Ich legte die ausgenommenen Fische in das hohe Gras, hockte mich neben ihn und sah zu, wie er neue Zweige auf das Feuer legte und es geduldig anfachte, eine Barrikade gegen die kommende Nacht.
    »Was glaubst du, wie es sein wird?« fragte ich plötzlich. »Zu sterben.«
    Er starrte ins Feuer und dachte nach. Ein brennender Zweig zersprang knisternd und funkensprühend. Die Funken sanken herab und verloschen, bevor sie den Boden berührten.
    »›Der Mensch ist wie das Gras, das verwelkt und ins Feuer geworfen
wird; er ist wie ein Funke, der zum Himmel steigt… und seine Heimat wird sich seiner nicht erinnern‹«, zitierte ich leise. »Meinst du, danach kommt nichts mehr?«
    Er schüttelte den Kopf und blickte ins Feuer. Ich sah, wie seine Augen darüber hinwegwanderten, dorthin, wo die kühlen, hellen Funken der Glühwürmchen zwischen den dunklen Halmen aufleuchteten und verloschen.
    »Ich kann es nicht sagen«, sagte er schließlich leise. Seine Schulter berührte die meine, und ich lehnte den Kopf an ihn. »Es gibt das, was die Kirche sagt, aber -« Sein Blick war immer noch auf die Glühwürmchen gerichtet, die unermüdlich zwischen den Grashalmen zwinkerten. »Nein, ich kann es nicht sagen. Aber ich denke, es wird vielleicht alles gut.«
    Er neigte den Kopf und drückte einen Moment lang seine Wange auf mein Haar, dann stand er auf und griff nach seinem Dolch.
    »Das Feuer brennt jetzt gut.«
    Die Luft war mit dem Herannahen der Dämmerung weniger drükkend geworden, und ein leichter Abendwind blies mir die feuchten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich saß mit geschlossenen Augen da, das Gesicht zum Himmel gewandt, und genoß die Kühle nach der schweißtreibenden Hitze des Tages.
    Ich konnte hören, wie Jamie sich raschelnd am Feuer bewegte und mit schnellen Messerschnitten grüne Eichenzweige schälte, um die Fische zu grillen.
    Ich denke, es wird vielleicht alles gut. Das dachte ich auch. Niemand konnte sagen, was nach dem Tod kam, doch ich hatte schon oft jene Stunde erlebt, in der die Zeit stillsteht, ohne zu denken, mit ruhiger Seele, im Angesicht… wessen? Es war etwas, das weder einen Namen noch ein Gesicht hatte, das mir jedoch gut erschien und voller Frieden. Wenn dort der Tod lag…
    Jamies Hand berühte im Vorbeigehen meine Schulter, und ich lächelte, ohne die Augen zu öffnen.
    »Autsch!« schimpfte er auf der anderen Seite des Feuers. »Hab’ mich geschnitten, ich dummer Trottel.«
    Ich öffnete die Augen. Er war gute zweieinhalb Meter von mir entfernt und hatte den Kopf gesenkt, um an einem kleinen Schnitt an seinem Daumengelenk zu lutschen. Plötzlich lief mir eine Gänsehaut über den Rücken.
    »Jamie«, sagte ich. Meine Stimme hörte sich merkwürdig an, sogar in meinen Ohren. Ich hatte eine kleine, kalte Stelle im Nacken, die sich wie eine Zielscheibe anfühlte.

    »Aye?«
    »Ist da -« Ich schluckte und spürte, wie sich die Haare auf meinen Unterarmen aufstellten. »Jamie, ist… jemand… hinter mir?«
    Seine Augen huschten zu den Schatten in meinem Rücken und öffneten sich weit. Ich blickte mich nicht erst um, sondern warf mich gleich flach auf den Boden, eine Reaktion, die mir wahrscheinlich das Leben rettete.
    Ein lautes Brummen ertönte, und dann roch es plötzlich nach Ammoniak und Fisch. Irgend etwas traf mich mit solcher Gewalt im

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