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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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unter den Bäumen. Die gemischten Geräusche gingen in heftiges Grunzen und Japsen über, unterbrochen von leisem, wimmerndem Stöhnen.
    »JAMIE!«
    Die Hiebe und das Ästeknacken erstarben zu einem Rascheln. Etwas bewegte sich unter den Zweigen und schwankte schwerfällig auf allen vieren hin und her.
    Ganz langsam, unter stöhnenden, stockenden Atemzügen kam Jamie auf die Lichtung gekrochen.
    Ohne meine eigenen Verletzungen zu beachten, rannte ich zu ihm und sank neben ihm auf die Knie.
    »Mein Gott, Jamie! Geht’s dir gut?«
    »Nein«, sagte er kurz angebunden und brach leise keuchend auf dem Boden zusammen.
    Sein Gesicht war ein bleicher Fleck im Licht der Sterne; der übrige Körper war so dunkel, daß er fast unsichtbar war. Den Grund dafür fand ich heraus, als ich rasch meine Hände über ihn gleiten ließ. Seine Kleider waren so blutdurchtränkt, daß sie ihm am Körper klebten, und als ich an seinem Jagdhemd zog, löste es sich mit einem ekligen, leisen Sauggeräusch.
    »Du riechst nach Schlachthof«, sagte ich, während ich nach dem Puls unter seinem Kinn suchte. Er ging schnell - was mich nicht überraschte -, aber kräftig. Mir fiel ein Stein vom Herzen. »Ist das dein Blut oder das des Bären?«
    »Wenn es meins wäre, Sassenach, wäre ich tot«, sagte er gereizt und öffnete die Augen. »Nicht dein Verdienst, daß ich es nicht bin.« Er rollte sich unter Schmerzen auf die Seite und richtete sich langsam und stöhnend auf Hände und Knie auf. »Was hat dich nur geritten, Frau, mir mit einem Fisch auf den Kopf zu schlagen, während ich um mein Leben kämpfe?«»
    »Halt still, zum Kuckuck!« Er konnte nicht allzu schlimm verletzt sein, wenn er versuchte, mir zu entwischen. Ich umklammerte seine Hüften, um ihn aufzuhalten. Ich kniete mich hinter ihn und befühlte vorsichtig seinen Oberkörper. »Gebrochene Rippen?«
    »Nein. Aber kitzle mich bloß nicht«, sagte er keuchend.
    »Das tue ich nicht«, versicherte ich ihm. Ich ließ die Hände langsam und mit sanftem Druck über seinen Brustkorb wandern. Keine zersplitterten Enden, die die Haut durchbohrten, keine unheilvollen Vertiefungen oder weichen Stellen - vielleicht war ja etwas angeknackst, doch er hatte recht, es war nichts gebrochen. Er schrie auf und zuckte unter meiner Hand. »Tut es hier weh?«

    »Ja«, stieß er durch die Zähne hervor. Er begann zu zittern, daher holte ich schnell sein Plaid und legte es ihm um die Schultern.
    »Mit mir ist alles in Ordnung, Sassenach«, sagte er und winkte ab, als ich versuchte, ihm beim Hinsetzen zu helfen. »Sieh nach den Pferden; sie sind bestimmt nervös.« Das stimmte. Wir hatten den Pferden, in kurzer Entfernung von der Lichtung entfernt, die Vorderbeine gefesselt; dem gedämpften Stampfen und Wiehern nach, das ich in der Ferne hören konnte, hatten sie diese Entfernung in ihrer Panik beträchtlich vergrößert.
    Aus den Schatten unter den Bäumen kam immer noch leises, pfeifendes Stöhnen - das Geräusch klang so menschlich, daß sich meine Nackenhaare sträubten. Indem ich einen vorsichtigen Bogen um die Geräusche machte, ging ich los, um die Pferde zu suchen, die ich ein paar hundert Meter weiter in einem Birkenhain fand. Sie wieherten, als sie mich witterten; trotz der Bärenpisse waren sie entzückt, mich zu sehen.
    Als ich die Pferde beruhigt und sie dazu bewegt hatte, auf die Lichtung zurückzukehren, waren die mitleiderregenden Geräusche im Schatten verstummt. Ein schwaches Glühen kam von der Lichtung. Jamie hatte das Feuer wieder angefacht.
    Er hockte neben der winzigen Flamme und zitterte immer noch unter seinem Plaid. Ich legte genug Zweige nach, um sicherzugehen, daß es nicht verlosch, dann kümmerte ich mich wieder um ihn.
    »Bist du wirklich nicht schwer verletzt?« fragte ich immer noch besorgt.
    Er lächelte mich schief an.
    »Geht schon. Er hat mir eins über den Rücken gebrummt, aber ich glaube nicht, daß es sehr schlimm ist. Willst du’s dir ansehen?« Er zuckte zusammen, als er sich aufrichtete und vorsichtig seine Seite betastete. Ich trat hinter ihn.
    »Warum hat er das wohl gemacht?« sagte er und sah sich nach dem Bärenkadaver um. »Myers hat gesagt, Schwarzbären greifen selten an, wenn man sie nicht irgendwie provoziert.«
    »Vielleicht hat ihn jemand anders provoziert«, schlug ich vor. »Und ist dann so schlau gewesen, ihm aus dem Weg zu gehen.« Ich hob das Plaid und pfiff dann leise.
    Sein Hemd hing in Fetzen, es war voll Schmutz und Asche und mit Blut befleckt.

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