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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Unterlippe zwischen die Zähne.
    »Klar, ich verstehe«, sagte er, und das stimmte auch. Er nahm sie beim Arm und schob sie durch den Flur in die Küche, wo er sie an dem ramponierten alten Tisch auf einen Stuhl drückte.
    »Ich setze Wasser auf.«
    »Ich mag keinen Tee«, protestierte sie.
    »Du brauchst Tee«, sagte Roger bestimmt und zündete mit einem feurigen Wusch! die Gasflamme an. Er ging zum Schrank, nahm Tassen und Untertassen heraus und holte - in einer nachträglichen Eingebung - noch die Whiskyflasche vom oberen Brett.
    »Und ich mag wirklich keinen Whisky«, sagte Brianna und beäugte
die Flasche. Sie stand schon vom Tisch auf, doch Roger legte ihr die Hand auf den Arm und bremste sie.
    »Ich mag Whisky«, sagte er. »Aber ich hasse es, alleine zu trinken. Du leistest mir doch Gesellschaft, aye?« Er lächelte sie an und beschwor sie zurückzulächeln. Schließlich tat sie es widerwillig und entspannte sich auf ihrem Stuhl.
    Er setzte sich ihr gegenüber und füllte seine Tasse halb mit der scharf riechenden, bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Er atmete die Dämpfe mit Genuß ein, schlürfte langsam und ließ sich den guten Whisky durch die Kehle laufen.
    »Ah«, hauchte er. »Glenmorangie. Bist du sicher, daß du nicht mittrinken willst? Einen kleinen Spritzer in deinen Tee vielleicht?«
    Sie schüttelte still den Kopf, doch als der Kessel zu pfeifen begann, stand sie auf, um ihn von der Flamme zu nehmen und das heiße Wasser in die vorbereitete Kanne zu gießen. Roger stand auf, stellte sich hinter sie und ließ seine Arme um ihre Taille gleiten.
    »Du brauchst dich doch deswegen nicht zu schämen«, sagte er leise. »Du hast ein Recht, es herauszufinden, wenn du kannst. Jamie Fraser war immerhin dein Vater.«
    »Oder auch nicht - nicht wirklich.« Sie hatte den Kopf gesenkt; er konnte die ebenmäßige Spirale des Wirbels auf ihrem Scheitel sehen, ein Abbild des Wirbels über ihrer Stirn, der ihr das Haar in einer sanften Welle aus dem Gesicht hob.
    »Ich hatte einen Vater«, sagte sie, und es klang ein wenig erstickt. »Papa - Frank Randall -, er war mein Vater, und ich liebe - habe ihn geliebt. Es kommt mir falsch vor, nach - nach etwas anderem zu suchen, als wäre er nicht genug gewesen, als -«
    »Das ist es aber nicht, und das weißt du.« Er drehte sie um und hob ihr Kinn mit dem Finger an.
    »Es hat nichts mit Frank Randall und deinen Gefühlen für ihn zu tun - aye, er ist dein Vater gewesen, und nichts in der Welt wird daran je etwas ändern. Aber es ist ganz normal, wenn man neugierig ist und bestimmte Dinge wissen will.«
    »Hast du sie jemals wissen wollen?« Sie hob ihre Hand und schob die seine fort - doch sie klammerte sich an seine Finger und ließ ihn nicht los.
    »Klar. Ja, das habe ich. Ich glaube, das muß man.« Seine Finger schlossen sich fester um die ihren, als er sie zum Tisch zog. »Komm, setz dich, ich erzähl’ es dir.«
    Er wußte, wie es war, keinen Vater mehr zu haben, besonders, wenn man ihm nie begegnet war. Kurz nach seiner Einschulung hatte
er eine Zeitlang wie besessen über den Orden seines Vaters gebrütet, hatte das kleine Samtkästchen in der Tasche mit sich herumgetragen und vor seinen Freunden mit den Heldentaten seines Vaters angegeben.
    »Ich habe Geschichten über ihn erzählt, alles erfunden«, sagte er und blickte in die aromatischen Tiefen seiner Teetasse. »Bin verbimst worden, weil ich eine Nervensäge war, bin wegen meiner Lügen in der Schule geohrfeigt worden.« Er sah zu ihr auf und lächelte etwas verlegen.
    »Ich mußte ihn für mich wirklich werden lassen, verstehst du?«
    Sie nickte, und Verständnis färbte ihre Augen dunkel.
    Er trank noch einen großen Schluck Whisky, ohne sich damit aufzuhalten, ihn auszukosten.
    »Glücklicherweise schien Papa - der Reverend - das Problem zu erkennen. Er hat angefangen, mir Geschichten über meinen Vater zu erzählen; die wahren. Nichts Besonderes, nichts Heroisches - klar, Jerry MacKenzie war ein Held, ist abgeschossen worden und so weiter, aber die Geschichten, die Papa mir erzählt hat, haben davon gehandelt, wie er als Kind war - wie er einen Schwalbenkasten gebaut hat, aber das Loch zu groß geraten ist und ein Kuckuck es hineingeschafft hat; was er gern gegessen hat, wenn er in den Ferien hier war und sie zur Feier des Tages in die Stadt gegangen sind; wie er seine Taschen mit Schnecken von den Felsen vollgestopft hat und sich mit dem Gestank seine Hose ruiniert hat -« Er brach ab und lächelte sie

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