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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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er den Verdacht, daß sie planten, ihm dieselbe Behandlung angedeihen zu lassen, doch Ian versicherte ihm, daß sie ein travois bauen würden. Die Männer waren zu Fuß, doch sie hatten ein kräftiges Maultier zum Transport der erbeuteten Felle dabei.
    Das Wetter hatte sich gebessert. Der Schnee war auf freier Fläche völlig geschmolzen, und die Luft war zwar noch beißend kalt, doch der Himmel war so blau, daß es blendete, und die kalte Waldluft war vom Duft der Rottannen und Balsamfichten durchdrungen.
    Es war der Hemlockduft beim Durchqueren eines Hains, der mich
an den Beginn dieser Irrfahrt erinnerte und an den geheimnisvollen Indianertrupp, den wir gesehen hatten.
    »Ian«, sagte ich und schloß zu ihm auf. »Kurz bevor du uns mit deinen Freunden auf dem Berg gefunden hast, haben wir eine Gruppe von Indianern mit einem Jesuitenpriester gesehen. Ich glaubte nicht, daß sie aus Anna Ooka waren - hast du irgendeine Ahnung, wer sie gewesen sein könnten?«
    »Oh, aye, Tante Claire. Ich weiß alles über sie.« Er wischte sich mit der handschuhbekleideten Hand unter seiner roten Nasenspitze vorbei. »Wir waren auf ihrer Spur, als wir euch gefunden haben.«
    Die fremden Indianer, sagte er, waren Mohawk aus dem hohen Norden. Die Tuscarora waren vor etwa fünfzig Jahren von der Liga der Irokesen adoptiert worden, und sie waren eng mit den Mohawk verbündet. Beide Stämme statteten sich häufig Besuche ab, die sowohl formeller als auch informeller Natur sein konnten.
    Der gegenwärtige Besuch hatte Elemente von beidem an sich gehabt - es war eine Gruppe junger Mohawkmänner, die auf der Suche nach Frauen waren. Da es in ihrem eigenen Dorf nicht genug heiratsfähige junge Frauen gab, hatten sie beschlossen, nach Süden zu wandern, um herauszufinden, ob sie bei den Tuscarora passende Ehepartnerinnen finden konnten.
    »Verstehst du, eine Frau muß zum richtigen Clan gehören«, erklärte Ian. »Wenn sie vom falschen Clan ist, können sie nicht heiraten.«
    »Wie MacDonalds und Campbells, aye?« fiel Jamie interessiert ein.
    »Aye, in etwa«, sagte Ian grinsend. »Und deshalb hatten sie den Priester dabei - um sofort heiraten zu können und nicht auf dem ganzen Heimweg in einem kalten Bett schlafen zu müssen, falls sie Frauen fänden.«
    »Dann sind sie Christen?«
    Ian zuckte die Achseln.
    »Manche von ihnen. Die Jesuiten leben schon eine ganze Zeit unter ihnen, und viele Huronen sind konvertiert. Aber bei den Mohawk sind es nicht so viele.«
    »Also kamen sie aus Anna Ooka?« fragte ich neugierig. »Warum seid ihr ihnen gefolgt?«
    Ian schnaubte und zog sich seinen Schal aus Eichhörnchenfellen fester um den Hals.
    »Sie sind vielleicht Verbündete, Tante Claire, aber das heißt nicht, daß Nacognaweto und seine Männer ihnen trauen. Selbst die anderen
Stämme des Irokesenbundes fürchten sich vor den Mohawk - egal, ob sie Christen sind.«
     
    Kurz vor Sonnenuntergang kam das Blockhaus in Sicht. Ich war müde und fror, doch der Anblick der winzigen Ansiedlung erfreute mich unaussprechlich. Eins der Maultiere in unserem Pferch, ein hellgraues Tier namens Clarence, sah uns und schmetterte einen begeisterten Willkommensgruß. Die Pferde versammelten sich am Zaun, begierig nach Futter.
    »Die Pferde sehen gut aus.« Mit einem typischen Viehzüchterblick sah Jamie zuerst nach dem Wohlergehen der Tiere. Mir ging es viel mehr um unser eigenes; darum, so schnell wie möglich ins Haus zu kommen, warm zu werden und etwas zu essen zu bekommen.
    Wir luden Ians Freunde zum Bleiben ein, doch sie lehnten ab. Sie setzten Jamie vor dem Eingang ab und machten sich schnell davon, um ihre Wache über die davonziehenden Mohawk wieder aufzunehmen.
    »Sie halten sich nicht gern in einem Haus auf, das von Weißen bewohnt wird, Tante Claire«, erklärte Ian. »Sie mögen unseren Geruch nicht.«
    »Oh, wirklich?« sagte ich pikiert und dachte an einen gewissen älteren Herrn, den ich in Anna Ooka kennengelernt hatte und der sich mit Bärenfett eingeschmiert zu haben schien, um sich dann für den Rest des Winters in seine Kleider einnähen zu lassen. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, wenn man mich fragte.
     
    Später dann, als wir mit einem - oder zwei - guten Schluck Whisky Weihnachten gefeiert hatten, lagen wir schließlich in unserem Bett, sahen in die Flammen des neu entfachten Feuers und lauschten Ians friedvollem Schnarchen.
    »Es tut gut, wieder zu Hause zu sein«, sagte ich leise.
    »Das stimmt.« Jamie seufzte

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