Der Ruf Der Trommel
lässig um das Handgelenk. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Duncan sich auf den dunklen Wald zubewegte. Fergus, der erfahrene Taschendieb, war bereits aus dem Blickfeld verschwunden.
»Die Leiche des Mannes, der heute mittag gehängt wurde. Ich kannte ihn, und habe mir von Colonel Franklin die Erlaubnis erbeten, ihn zu seinen Verwandten im Norden mitzunehmen. Deshalb reisen wir auch bei Nacht«, fügte er vielsagend hinzu.
»Aha.« Der Sergeant winkte einen Laternenträger heran. Er warf Jamie einen langen, nachdenklichen Blick aus zusammengekniffenen Augen zu und nickte. »Ich erinnere mich an Euch«, sagte er. »Ihr habt ihm am Schluß etwas zugerufen. Euer Freund, ja?«
»Ich war einmal mit ihm bekannt. Vor einigen Jahren«, fügte er hinzu. Der Sergeant nickte seinem Untergebenen zu und ließ Jamie nicht aus den Augen.
»Sieh nach, Griswold.«
Griswold, der vielleicht vierzehn war, nahm den Befehl mit einem merklichen Mangel an Begeisterung entgegen, lüftete aber gehorsam die Segeltuchplane und hielt seine Laterne hoch, um das Innere auszuleuchten. Nur mit Mühe hielt ich mich davon ab, mich umzudrehen und hinzusehen.
Das Pferd direkt vor mir schnaubte und warf den Kopf zurück. Falls wir durchstarten mußten, würde es mehrere Sekunden dauern, bis sich der Wagen in Bewegung setzte. Ich hörte, wie Ian sich hinter mir bewegte und seine Hand auf den Hickoryknüppel legte, der hinter dem Sitz verstaut war.
»Ja, Sir, hier ist eine Leiche«, erstattete Griswold Bericht. Er ließ die Plane erleichtert sinken und atmete tief durch die Nase aus.
»Pflanz dein Bajonett auf und stich hinein«, sagte der Sergeant, den Blick noch auf Jamie gerichtet. Ich mußte ein Geräusch von mir gegeben haben, denn nun richtete sich der Blick des Sergeanten auf mich.
»Ihr werdet mir den Wagen ruinieren«, erhob Jamie Einspruch. »Der Mann hat einen Tag in der Sonne gelegen und ist ziemlich reif, aye?«
Der Sergeant schnaubte ungeduldig. »Dann stich ihn ins Bein. Los, Griswold.«
Mit beträchtlichem Widerwillen pflanzte Griswold sein Bajonett auf, stellte sich auf die Zehenspitzen und fing an, im Laderaum herumzustochern. Hinter mir hatte Ian leise zu pfeifen begonnen, ein gälisches Lied mit dem Titel »Und am Morgen sterben wir« - was ich ziemlich geschmacklos von ihm fand.
»Nein, Sir, er ist wirklich tot.« Griswold stellte sich wieder auf die Fersen und klang erleichtert. »Ich hab’ fest zugestochen, aber es kam kein Muckser.«
»Also, in Ordnung.« Der Sergeant entließ den jungen Soldaten mit einer Kopfbewegung und nickte Jamie zu. »Fahrt weiter, Mr. Fraser. Aber ich würde Euch raten, Euch Eure Freunde in Zukunft besser auszusuchen.«
Ich sah, wie Jamies Knöchel auf den Zügeln weiß wurden, aber er setzte sich nur aufrecht hin und setzte sich den Hut fester auf den Kopf. Er schnalzte mit der Zunge, die Pferde zogen abrupt an und ließen bleiche Staubwölkchen zurück, die hinter uns im Laternenlicht schwebten.
Nach dem Licht erschien die Dunkelheit allumfassend; trotz des Mondes konnte ich so gut wie nichts sehen. Die Nacht hüllte uns ein. Ich spürte die Erleichterung eines gejagten Tieres, das sichere Zuflucht findet, und trotz der bedrückenden Hitze atmete ich freier.
Wir legten fast eine Viertelmeile zurück, bevor irgend jemand etwas sagte.
»Seid Ihr verletzt, Mr. Bonnet?« Ians Stimme war ein lautes Flüstern, das beim Rattern des Wagens gerade eben zu hören war.
»Ja, er hat mich in den Oberschenkel gestochen, das kleine Schwein.« Bonnets Stimme war leise, aber ruhig. »Gott sei Dank hat er von mir abgelassen, bevor das Blut durch das Tuch kommen konnte. Tote bluten nicht.«
»Seid Ihr schwer verletzt? Soll ich nach hinten kommen und es mir ansehen?« Ich drehte mich um. Bonnet hatte die Plane zurückgeschoben und sich aufgesetzt, eine verschwommene, blasse Gestalt in der Dunkelheit.
»Nein, danke, Ma’am. Ich habe mir den Strumpf darumgebunden, und ich denke, das wird reichen.« Meine Nachtsicht kehrte zurück; ich sah sein helles Haar schimmern, als er sich über seine Wunde beugte.
»Meint Ihr, daß Ihr laufen könnt?« Jamie zügelte die Pferde zum Schrittempo und drehte sich um, um unseren Gast in Augenschein zu nehmen. Obwohl sein Ton nicht unfreundlich war, war es doch klar, daß er unsere gefährliche Fracht so schnell wie möglich loswerden wollte.
»Nicht so richtig, tut mir ehrlich leid, Sir.« Auch Bonnet spürte Jamies Wunsch, ihn loszuwerden. Unter Schwierigkeiten zog
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