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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Hindernisreiterin. Meine Ellbogen gruben sich in den Sack voll Gerste, der vor mir über den Sattel gebunden war - die Bezahlung für meine Dienste.
    Diese Verlagerung meines Gewichtes reichte aus; das Pferd war genausowenig darauf versessen wie ich, hier noch länger zu bleiben. Ich spürte den plötzlichen Ruck, als sich seine Hinterhand senkte und anspannte, und dann rasten wir die Böschung hinunter wie ein durchgedrehter Rodelschlitten. Ein Stoß und ein schwindelerregender Moment des freien Falls, dann fand ich mich bis über die Oberschenkel in eiskaltem Wasser wieder.
    Meine Hände waren so kalt, daß sie mit den Zügeln hätten verschweißt sein können, doch ich konnte dem Pferd keinerlei Führungshilfen geben. Ich ließ die Arme sinken und überließ dem Pferd die Zügel. Ich spürte, wie sich beim Schwimmen seine kräftigen Muskeln rhythmisch unter mir bewegten und sich das Wasser mit immer stärkerem Druck an uns vorbeidrängte. Es zerrte an meinen Röcken und drohte, mich vom Pferd in die Strömung zu reißen.
    Dann ein Ruck, Hufe scharrten auf dem Grund des Baches, und wir waren draußen, wassertriefend wie ein Sieb. Ich drehte mich im Sattel um und sah Tommy Mueller mit offenem Mund am anderen Ufer stehen. Ich konnte die Zügel nicht loslassen, um zu winken, doch ich verneigte mich formell vor ihm, trieb dann das Pferd mit den Absätzen an und wandte mich heimwärts.

    Die Kapuze meines Umhangs war mir bei dem Sprung vom Kopf gerutscht, doch es machte keinen großen Unterschied; ich konnte kaum noch nasser werden. Ich strich mir mit dem Handgelenk eine feuchte Haarsträhne aus den Augen und trieb das Pferd auf den Pfad, der ins Bergland führte, erleichtert, daß es nach Hause ging, und wenn es noch so regnete.
    Ich hatte drei Tage im Blockhaus der Muellers verbracht und die achtzehnjährige Petronella bei ihrer ersten Geburt betreut. Es würde auch ihre letzte sein, sagte zumindest Petronella. Als ihr siebzehnjähriger Ehemann am Mittag des zweiten Tages einen zaghaften Blick ins Zimmer geworfen hatte, war er mit einem Schwall deutscher Schimpfworte empfangen worden, der ihn mit schamroten Ohren in das Männerrefugium in der Scheune hatte zurückstolpern lassen.
    Ein paar Stunden später hatte ich Freddy - der viel jünger aussah als siebzehn - schüchtern am Bett seiner Frau knien sehen, und sein Gesicht war weißer gewesen als ihr Nachthemd, als er zögernd einen saubergeschrubbten Finger ausstreckte, um die Decke zur Seite zu schieben, die seine Tochter umhüllte.
    Er hatte stumm auf das runde Köpfchen gestarrt, das mit einem schwarzen Flaum überzogen war, und hatte dann seine Frau angesehen, als müßte man ihm auf die Sprünge helfen.
    »Ist sie nicht wunderschön?« hatte Petronella leise gesagt.
    Er hatte genickt, langsam, dann den Kopf in ihren Schoß gelegt und angefangen zu weinen. Die Frauen hatten freundlich gelächelt und sich dann wieder an die Zubereitung des Abendessens begeben.
    Und es war ein gutes Abendessen gewesen; das Essen war einer der Vorteile eines Hausbesuchs bei den Muellers. Auch jetzt war mein Magen angenehm mit Knödeln und gebratener Blutwurst gefüllt, und der Geschmack der Spiegeleier, den ich noch im Mund hatte, lenkte mich zumindest ein wenig von der allgemeinen Unannehmlichkeit meiner gegenwärtigen Lage ab.
    Ich hoffte, daß Jamie und Ian es fertiggebracht hatten, während meiner Abwesenheit anständig zu essen. Da der Sommer zu Ende ging, die Erntezeit aber noch nicht gekommen war, herrschte auf den Regalen in der Vorratskammer nicht einmal ansatzweise der für den Herbst erhoffte Überfluß, doch auf dem Bord befanden sich ein paar Käselaibe, auf dem Boden stand ein großes Steingutgefäß mit gesalzenem Fisch, und dazu gab es säckeweise Mehl, Mais, Reis, Bohnen, Gerste und Hafermehl.
    Jamie konnte eigentlich kochen - zumindest insofern, als er Wildbret vorbereiten und über dem Feuer grillen konnte -,und ich hatte
mein Bestes getan, um Ian in die Geheimnisse der Porridgezubereitung einzuweihen, doch da sie nun einmal Männer waren, nahm ich an, daß sie sich nicht die Mühe gemacht und sich statt dessen lieber von rohen Zwiebeln und Trockenfleisch ernährt hatten.
    Ich konnte nicht sagen, ob sie am Ende eines Tages voller Männerarbeiten wie Bäumefällen, Pflügen und dem Heimschleppen toter Hirsche ehrlich zu erschöpft waren, um sich Gedanken über die Zusammenstellung einer ordentlichen Mahlzeit zu machen, oder ob sie es mit Absicht machten, damit ich

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