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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Gefühl beinahe besitzergreifender Besorgnis für ihn geweckt.
    Ich hörte das Gemurmel der Stimmen vor der Tür; das Geräusch unvermittelten Gelächters, und meine Verärgerung über John Grey kehrte mit einem Schlag zurück. Wie konnte er es wagen, Jamie und William so in Gefahr zu bringen - und wozu? Warum war der verdammte Kerl hier , in der Wildnis, die für einen Mann wie ihn so unpassend war wie -
    Die Tür ging auf und Jamie steckte den Kopf herein.
    »Alles in Ordnung hier?« fragte er. Seine Augen ruhten auf dem Jungen, und sein Gesicht trug einen Ausdruck höflicher Besorgnis, doch ich sah seine Hand, die zusammengeballt auf dem Türrahmen ruhte, und die Linie der Anspannung, die sich von seinen Beinen bis zu seinen Schultern zog. Er war gespannt wie ein Flitzebogen; hätte ich ihn berührt, hätte er ein Geräusch wie eine Saite gemacht.
    »Völlig in Ordnung«, sagte ich freundlich. »Meinst du, Lord John möchte eine Erfrischung zu sich nehmen?«
    Ich setzte den Kessel mit Teewasser auf und holte - mit einem kleinen Seufzer - meinen letzten Brotlaib hervor, den ich eigentlich für die nächste Runde meiner Penizillinexperimente hatte benutzen wollen. Da ich das Gefühl hatte, daß es durch den vorliegenden Notfall gerechtfertigt war, holte ich auch die letzte Flasche Brandy heraus. Dann stellte ich den Marmeladentopf auf den Tisch und erklärte, daß sich die Butter zur Zeit unglücklicherweise unter der Obhut des Schweins befand.
    »Schwein?« fragte William und machte ein verwirrtes Gesicht.
    »In der Vorratskammer«, sagte ich und wies mit einem Nicken auf die geschlossene Tür.
    »Warum haltet Ihr -«, begann er, richtete sich dann abrupt auf und schloß den Mund, da ihn offensichtlich sein Stiefvater, der liebenswürdig über seinen Becher hinweglächelte, unter dem Tisch getreten hatte.
    »Es ist sehr freundlich von Euch, uns aufzunehmen, Mrs. Fraser«, lenkte Lord John ab und warf seinem Stiefsohn einen warnenden Blick zu. »Ich muß mich für unsere unerwartete Ankunft entschuldigen;
ich hoffe, wir machen Euch keine allzu großen Unannehmlichkeiten.«
    »Überhaupt nicht«, sagte ich und fragte mich, wo genau wir sie für die Nacht unterbringen sollten. William konnte wohl mit Ian im Schuppen schlafen; es war auch nicht schlimmer, als im Freien zu übernachten, wie er es in den vergangenen Tagen getan hatte. Doch der Gedanke, ein Bett mit Jamie zu teilen, während Lord John eine Armlänge weiter auf dem Rollbett lag…
    An diesem prekären Punkt erschien Ian, der seinem üblichen Instinkt für die Mahlzeiten folgte. Er wurde der Runde vorgestellt, und das Durcheinander der Erklärungen und gegenseitigen Verbeugungen auf engstem Raum war so groß, daß die Teekanne umfiel.
    Ich benutzte dieses kleine Unglück als Vorwand und schickte Ian los, um William die Sehenswürdigkeiten von Wald und Bach zu zeigen, und gab ihnen ein kleines Paket mit Marmeladenbroten und eine Flasche Cidre mit. Von ihrer störenden Gegenwart befreit, füllte ich die Becher mit Brandy, setzte mich wieder hin und fixierte Lord John mit zusammengekniffenen Augen.
    »Was macht Ihr hier?« sagte ich ohne Umschweife.
    Er riß seine hellblauen Augen weit auf, senkte dann seine ausgesprochen langen Wimpern und klimperte mich damit an.
    »Ich bin nicht in der Absicht hergekommen, Euren Gatten zu verführen, das versichere ich Euch«, sagte er.
    »John!« Jamies Faust schlug mit solcher Wucht auf den Tisch, daß die Teetassen klapperten. Seine Wangen waren dunkelrot angelaufen, und er verzog das Gesicht in verlegener Wut.
    »Entschuldigung.« Im Gegensatz zu ihm war Grey blaß geworden, obwohl er ansonsten nicht sichtbar angegriffen war. Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, daß ihn dieses Zusammentreffen möglicherweise genauso nervös machte wie Jamie.
    »Entschuldigung, Ma’am«, sagte er und nickte mir höflich zu. »Das war unverzeihlich. Ich würde Euch allerdings gern darauf hinweisen, daß Ihr mich seit unserem Zusammentreffen anseht, als hättet ihr mich vor einem berüchtigten Badehaus in der Gosse gefunden.« Jetzt entflammte auch sein Gesicht in schwachem Rot.
    »Tut mir leid«, hauchte ich. »Sagt nächstes Mal etwas eher Bescheid, dann bemühe ich mich um einen passenden Gesichtsausdruck.«
    Er stand plötzlich auf und ging zum Fenster, wo er mit dem Rücken zum Zimmer stehenblieb, die Hände auf die Fensterbank gestützt. Es gab eine zunehmend peinliche Pause. Ich wollte Jamie nicht ansehen;
statt dessen gab ich

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