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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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großes Interesse an einer Flasche mit Fenchelsamen vor, die auf dem Tisch stand.
    »Meine Frau ist gestorben«, sagte er abrupt. »Auf dem Schiff von England nach Jamaica. Sie war unterwegs, um dort zu mir zu stoßen.«
    »Es tut mir leid, das zu hören«, sagte Jamie leise. »Und der Junge ist bei ihr gewesen?«
    »Ja.« Lord John drehte sich um und lehnte sich an die Fensterbank, so daß die Frühlingssonne seinen ordentlich frisierten Kopf umrahmte und ihn mit einem leuchtenden Strahlenkranz umgab. »Willie hat… Isobel sehr nahegestanden. Sie war die einzige Mutter, die er seit seiner Geburt hatte.«
    Willies wirkliche Mutter, Geneva Dunsany, war bei seiner Geburt gestorben; sein angeblicher Vater, der Graf von Ellesmere, war am selben Tag durch einen Unfall ums Leben gekommen. Soviel hatte Jamie mir bereits erzählt. Außerdem, daß Genevas Schwester Isobel sich um den verwaisten Jungen gekümmert hatte und daß Lord John Isobel geheiratet hatte, als Willie ungefähr sechs war - zu der Zeit, als Jamie aus dem Dienst der Dunsanys ausgeschieden war.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte ich aufrichtig und meinte damit nicht nur den Tod seiner Frau.
    Grey blickte mich an, und der Hauch eines Nickens deutete an, daß er mich verstand.
    »Meine Anstellung als Gouverneur war fast beendet; ich hatte vorgehabt, mich vielleicht auf der Insel niederzulassen, falls das Klima meiner Familie zusagte. So aber…« Er zuckte mit den Achseln.
    »Willie war untröstlich über den Verlust seiner Mutter; es schien ratsam, ihn irgendwie abzulenken. Es bot sich fast augenblicklich die Gelegenheit dazu; der Besitz meiner Frau umfaßt ein großes Anwesen in Virginia, das sie William vermacht hatte. Nach ihrem Tod erreichte mich eine Anfrage des Verwalters der Plantage, der um Instruktionen bat.«
    Er entfernte sich vom Fenster und kehrte langsam zum Tisch zurück, wo wir saßen.
    »Ich konnte kaum entscheiden, was ich mit dem Anwesen tun sollte, ohne es gesehen zu haben und die Verhältnisse dort einschätzen zu können. Also beschloß ich, mit Willie nach Charleston zu segeln und von dort auf dem Landweg nach Virginia zu reisen. Ich vertraute drauf, daß die ungewohnte Erfahrung William von seinem Schmerz ablenken würde - und ich beobachte mit Freude, daß das gelungen zu sein scheint. Er ist in den letzten Wochen viel fröhlicher gewesen.«

    Ich öffnete den Mund, um zu sagen, daß Fraser’s Ridge so oder so nicht gerade an seinem Weg lag, überlegte es mir dann aber anders.
    Er schien meine Gedanken zu erraten, denn er lächelte mich kurz ironisch an. Ich mußte mir in bezug auf mein Gesicht wirklich etwas einfallen lassen, dachte ich. Daß Jamie meine Gedanken las, war eine Sache und im großen und ganzen gar nicht unangenehm. Daß völlig Fremde in meiner Gedankenwelt ein und aus gingen, war etwas anderes.
    »Wo ist die Plantage?« fragte Jamie mit etwas mehr Takt, hinter dem aber dieselbe Andeutung steckte.
    »Die nächste irgendwie geartete Stadt heißt Lynchburg - am James River.« Lord John sah mich an, immer noch voll Ironie, doch seine gute Laune war offensichtlich wiederhergestellt. »Es war eigentlich nur ein Umweg von ein paar Tagen, hierherzukommen, trotz der Abgelegenheit Eures Horstes.«
    Er wandte seine Aufmerksamkeit Jamie zu, die Stirn leicht gerunzelt.
    »Ich habe Willie erzählt, daß du ein alter Bekannter aus meiner Soldatenzeit bist - ich hoffe, du hast keine Einwände gegen diese Lüge?«
    Jamie schüttelte den Kopf, und sein Mundwinkel verzog sich etwas nach oben. »Lüge, wie? Ich schätze, unter den gegebenen Umständen kann ich kaum etwas dagegen haben, wie du mich nennst. Und das zumindest stimmt ja schließlich.«
    »Meinst du nicht, daß er sich an dich erinnert?« fragte ich Jamie. Er war Reitknecht auf dem Anwesen von Willies Familie gewesen, als Kriegsgefangener nach dem Jakobitenaufstand.
    Er zögerte, schüttelte dann aber den Kopf.
    »Ich glaube nicht. Er war kaum sechs, als ich Helwater verlassen habe; das ist für so einen Jungen ein halbes Leben - und eine andere Welt. Und es gibt keinen Grund, warum er sich an einen Reitknecht namens MacKenzie erinnern, geschweige denn den Namen mit mir in Verbindung bringen sollte.«
    Willie hatte Jamie nicht auf Anhieb erkannt, das war sicher, doch schließlich war er zu sehr mit den Blutegeln beschäftigt gewesen, um irgend jemand anderen zu beachten. Mir kam ein Gedanke, und ich wandte mich an Lord John, der an einer Schnupftabakdose herumnestelte, die er

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