Der Ruf Der Trommel
Gold. Ah - und deine Mutter; sie hat auch Silber und Gold getragen, oder? Ihre Eheringe.«
»Ah-hah. Aber ›drei Punkte definieren eine Ebene, vier Punkte umschließen die Erde, fünf ist die schützende Zahl…‹« murmelte Brianna vor sich hin. »Hat sie vielleicht gemeint, daß man Edelsteine braucht, um - um das zu tun, was sie vorhatte? Sind das die ›Punkte‹?«
»Könnte sein. Sie hatte Zeichnungen von Dreiecken und Pentagrammen und Listen von verschiedenen Edelsteinen und deren vermutlichen Zauberkräften. Sie hat sich nicht sehr detailliert über ihre Theorien ausgebreitet - das brauchte sie ja auch nicht, weil sie ein Selbstgespräch führte -, aber die Grundidee schien zu sein, daß es Energielinien gibt - sie nannte sie Flurlinien -, die in der Erdkruste verlaufen. Hier und dort verlaufen diese Linien nah aneinander und verknoten sich sozusagen, und überall, wo ein solcher Knoten ist, da ist eine Stelle, wo die Zeit im wesentlichen nicht existiert.«
»Und wenn man in einen hineintritt, dann könnte man… jederzeit wieder heraustreten.«
»Gleiche Stelle, andere Zeit. Und wenn man daran glaubt, daß Edelsteine ihre eigenen Kraftfelder besitzen, die vielleicht die Zeitlinien ein wenig verbiegen können…«
»Funktioniert das mit jedem Edelstein?«
»Weiß der Himmel«, sagte Roger. »Aber es ist unsere einzige Chance, aye?«
»Ja«, pflichtete ihm Brianna nach einer Pause bei. »Aber wo finden wir sie?« Sie schwenkte den Arm über die Stadt und ihren Hafen. »Ich habe nirgendwo derartige Steine gesehen - weder in Inverness noch hier. Ich glaube, man müßte in eine große Stadt gehen - London oder vielleicht Boston oder Philadelphia. Und dann - wieviel Geld hast du, Roger? Ich habe zwanzig Pfund zusammengekratzt, und das meiste davon habe ich noch, aber es würde auch nicht annähernd reichen für…«
»Genau«, unterbrach er. »Ich habe darüber nachgedacht, als du geschlafen hast. Ich weiß - ich glaube, ich weiß -, wo ich zumindest einen Stein herbekomme. Es ist nur…« Er zögerte. »Ich muß sofort aufbrechen, wenn ich ihn finden will. Der Mann, der ihn hat, ist im Moment in New Bern, aber da wird er nicht lange bleiben. Wenn ich etwas von deinem Geld nehme, kann ich morgen früh ein Boot nehmen und einen Tag später in New Bern sein. Aber ich halte es für das Beste, wenn du hierbleibst. Dann…«
»Ich kann nicht hierbleiben!«
»Warum nicht?« Er tastete im Dunkeln nach ihr. »Ich will nicht, daß du mitgehst. Oder vielmehr, natürlich will ich das«, verbesserte er sich, »aber ich glaube, hier ist es viel sicherer für dich.«
»Ich meine ja gar nicht, daß ich mit dir kommen will; ich meine, ich kann nicht hierbleiben«, wiederholte sie, während sie seine tastende Hand ergriff. Sie hatte es fast vergessen, doch jetzt kehrte die Aufregung über ihre Entdeckung wieder zurück. »Roger, ich habe ihn gefunden - ich habe Jamie Fraser gefunden.«
»Fraser? Wo? Hier?« Er drehte sich erschrocken zur Tür.
»Nein, er ist in Cross Creek, und ich weiß, wo er am Montag sein wird. Ich muß da hin, Roger. Verstehst du das denn nicht? Er ist so nah - und ich bin so weit gekommen.« Bei dem Gedanken an ein Wiedersehen mit ihrer Mutter war ihr ganz plötzlich unbegründet zum Weinen zumute.
»Aye, ich verstehe.« Roger klang nur schwach begeistert. »Aber könntest du nicht ein paar Tage warten? Auf dem Flußweg dauert es nur ungefähr einen Tag bis New Bern, und zurück genauso - und ich glaube, ich schaffe das, was ich tun muß, innerhalb von ein oder zwei Tagen.«
»Nein«, sagte sie. »Ich kann nicht. Lizzie ist schließlich auch noch da.«
»Wer ist Lizzie?«
»Mein Dienstmädchen - du hast sie gesehen. Sie hat Anstalten gemacht, mit einer Flasche auf dich loszugehen.« Brianna grinste bei der Erinnerung. »Lizzie ist sehr tapfer.«
»Aye, das kann man wohl sagen«, sagte Roger trocken. »Wie auch immer…«
»Aber sie ist krank«, unterbrach ihn Brianna. »Hast du denn nicht gesehen, wie blaß sie ist? Ich glaube, es ist Malaria; sie hat schreckliche Fieberanfälle mit Schüttelfrost, und es dauert ungefähr einen Tag, dann hört es auf - und ein paar Tage danach kommt es dann wieder. Ich muß so schnell wie möglich meine Mutter finden. Ich muß. «
Sie konnte spüren, wie er mit sich rang und seine Argumente hinunterschluckte. Sie streckte in der Dunkelheit die Hand aus und streichelte sein Gesicht.
»Ich muß«, sagte sie leise und spürte, wie er sich ergab.
»In
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