Der Ruf Der Trommel
war, aber…
»Nein, das ist er nicht«, murmelte Brianna.
»Was?«
»Nicht der einzige. Jenny auch. Und ihre Kinder. Und Enkelkinder. Meine Tante Jenny ist deine - hm, vielleicht hast du doch recht. Weil, wenn sie meine Tante ist, dann ist sie deine Großtante um soundso viele Ecken, also bin ich vielleicht deine… gahh.« Sie ließ ihren Kopf an Rogers Schulter zurückfallen, und ihr Haar ergoß sich weich über seine Brust. »Was hast du ihnen gesagt, wer du bist?«
»Wem?«
»Jenny und Ian.« Sie bewegte sich räkelnd. »Als du in Lallybroch warst.«
»War nie da.« Er bewegte sich ebenfalls und paßte seinen Körper dem ihren an. Seine Hand ließ sich in der Senke ihrer Hüfte nieder, er schwebte in die Schläfrigkeit zurück, und er gab die abstrakten Komplexitäten ahnenkundlicher Berechnungen zugunsten direkterer Empfindungen auf.
»Nein? Aber…« Ihre Stimme erstarb. Benebelt vom Schlaf und der Ermüdung der Lust achtete Roger nicht darauf, sondern kuschelte sich nur mit einem genießerischen Stöhnen fester an sie. Einen Augenblick später schnitt ihre Stimme durch seinen persönlichen Nebel wie ein Messer durch Butter.
»Woher hast du gewußt, wo ich bin?« sagte sie.
»Hm?«
Sie wand sich plötzlich, und er lag mit leeren Armen da, während ein Paar dunkler Augen nur ein paar Zentimeter von den seinen entfernt auftauchte, vor Argwohn zu Schlitzen zusammengekniffen.
»Woher hast du gewußt, wo ich bin?« wiederholte sie langsam, jedes Wort ein Eissplitter. »Woher hast du gewußt, daß ich in die Kolonien gefahren war?«
»Äh… ich… warum…« Viel zu spät wurde ihm klar, in welcher Gefahr er sich befand.
»Du konntest nicht wissen, daß ich Schottland verlassen hatte«, sagte sie, »es sei denn, du bist nach Lallybroch gegangen, und sie haben dir gesagt, wohin ich unterwegs war. Aber du bist nie in Lallybroch gewesen.«
»Ich…« Er rang verzweifelt um eine Erklärung - irgendeine Erklärung
-, doch es gab keine außer der Wahrheit. Und so, wie sich ihr Körper versteifte, hatte sie das ebenfalls gefolgert.
»Du hast es gewußt«, sagte sie. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch der Effekt war derselbe, als hätte sie ihm ins Ohr gebrüllt. »Du hast es gewußt , nicht wahr?«
Sie saß jetzt und ragte wie eine der Erinnyen über ihm auf.
»Du hast die Notiz über ihren Tod gesehen ! Du hast es schon gewußt, du hast es die ganze Zeit gewußt, nicht wahr?«
»Nein«, sagte er und versuchte, seine zerstreuten Gedanken zu sammeln. »Ich meine, ja, aber…«
»Seit wann hast du es gewußt? Warum hast du es mir nicht gesagt ?« rief sie. Sie stand auf und griff nach dem Kleiderhaufen unter ihnen.
»Warte«, bat er. »Brianna - laß es mich erklären…«
»Ja, erklär’s mir! Das möchte ich hören, wie du das erklärst!« Ihre Stimme war wutverzerrt, doch sie hielt einen Moment in ihrer Suche inne und wartete ab, was er sagte.
»Hör mal.« Inzwischen hatte er sich gefangen. »Ich habe die Notiz gefunden. Letztes Frühjahr. Aber ich…« Er holte tief Luft, während er verzweifelt nach Worten suchte, die sie vielleicht verstehen würde.
»Ich wußte, daß es dir wehtun würde. Ich wollte sie dir nicht zeigen, weil ich wußte, daß es nichts gab, was du tun konntest - es hätte keinen Sinn gehabt, dir das Herz zu brechen, nur damit…«
»Was soll das heißen, nichts, was ich tun konnte?« Sie zog sich ruckartig ein Hemd über den Kopf und sah ihn zornig an, die Fäuste geballt.
»Du kannst die Dinge nicht ändern, Brianna! Weißt du das denn nicht? Deine Eltern haben es versucht - sie wußten von Culloden, und sie haben alles Menschenmögliche getan, um Charles Stuart aufzuhalten - aber sie konnten es nicht, ist es nicht so? Sie haben es nicht geschafft! Geillis Duncan hat versucht, Stuart zum König zu machen. Sie hat es nicht geschafft! Sie haben es alle nicht geschafft!« Er riskierte es, eine Hand auf ihren Arm zu legen; sie war so steif wie eine Statue.
»Du kannst ihnen nicht helfen, Brianna«, sagte er ruhiger. »Es ist ein Teil der Geschichte, es ist ein Teil der Vergangenheit - du gehörst nicht zu dieser Zeit; du kannst das, was sich ereignen wird, nicht ändern.«
»Das kannst du nicht wissen.« Sie war immer noch unbeweglich, doch er glaubte, einen Anflug von Zweifel in ihrer Stimme zu hören.
»O doch!« Er wischte sich eine Schweißperle vom Kinn. »Hör’
doch - wenn ich geglaubt hätte, daß es auch nur die geringste Chance gab - aber das habe
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