Der Ruf Der Trommel
Kniehose und die Strümpfe und trug sämtliche Kleidungsstücke zur Waschschüssel. Sie würde sie waschen, MacKenzies Spuren zusammen mit dem Schmutz und den Grasflecken wegspülen. Und wenn die Kleider später so feucht waren, daß ihre Herrin sie nicht anziehen konnte… nun, um so besser.
Sie hatte immer noch das Töpfchen mit der weichen, gelben Seife, das die Wirtin ihr für die Wäsche gegeben hatte; damit würde es gehen. Sie tauchte die Kniehose ins Wasser, fügte eine Fingerspitze voll Seife hinzu und fing an, sie kräftig einzuschäumen, indem sie die Seife fest in den Stoff knetete.
Das Fensterquadrat erhellte sich. Sie warf einen verstohlenen Blick über die Schulter auf ihre Herrin, doch Brianna atmete langsam und gleichmäßig; gut, sie würde noch eine Zeitlang schlafen.
Sie blickte wieder auf ihre Arbeit und erstarrte. Sie spürte einen Schauer, der kälter war als diejenigen, die mit dem Fieber kamen. Die kleinen Schaumbläschen, die ihre Hände bedeckten, waren dunkel, und kleine, schwarze Strudel breiteten sich im Wasser aus wie die Tintenspritzer eines Kuttelfischs.
Sie hätte lieber nicht hingesehen, doch es war zu spät, um so zu tun, als hätte sie nichts gesehen. Sie drehte den feuchten Stoff vorsichtig um, und da war es; ein großer, dunkler Fleck, der den Stoff genau an der Stelle verfärbte, an der sich die Nähte im Schritt der Hose trafen.
Die aufgehende Sonne ließ ein dumpfes Rot durch den bedeckten Himmel sickern und tauchte das Wasser in der Schüssel, die Luft im Zimmer, die ganze kreisende Welt, in die Farbe frischen Blutes.
41
Der Reise End’
Brianna hätte schreien können. Statt dessen klopfte sie Lizzie auf den Rücken und redete ihr leise zu.
»Keine Sorge, es wird alles gut. Mr. Viorst sagt, er wartet auf uns. Sobald es dir besser geht, fahren wir ab. Und jetzt mach dir keine Sorgen, ruh dich einfach nur aus.«
Lizzie nickte, sie konnte nicht antworten; ihre Zähne klapperten zu heftig, trotz der drei Decken, unter denen sie lag, und des heißen Ziegelsteins zu ihren Füßen.
»Ich gehe und hole dir deinen Tee, Liebes. Ruh dich nur aus«, wiederholte Brianna, liebkoste Lizzie ein letztes Mal, stand auf und ging aus dem Zimmer.
Natürlich war es nicht Lizzies Schuld, dachte Brianna, doch sie hätte sich kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt für eine erneute Fieberattacke aussuchen können. Brianna hatte nach der fürchterlichen Szene mit Roger lange und unruhig geschlafen, beim Aufwachen ihre Kleider gewaschen und zum Trocknen aufgehängt vorgefunden, ihre Schuhe geputzt, ihre Strümpfe zusammengefaltet, das Zimmer penibel gewischt und aufgeräumt - und Lizzie war zu einem zitternden Bündel vor der erloschenen Feuerstelle zusammengebrochen.
Zum tausendsten Mal zählte sie die Tage. Acht Tage bis Montag. Wenn Lizzies Attacke ihrem normalen Verlaufsmuster folgte, dann war sie vielleicht übermorgen reisefähig. Sechs Tage. Und laut Smoots junior und Hans Viorst dauerte die Reise flußaufwärts um diese Jahreszeit fünf bis sechs Tage.
Sie durfte Jamie Fraser nicht verfehlen, sie durfte es nicht! Sie mußte am Montag in Cross Creek sein, was auch geschah. Wer konnte wissen, wie lange der Prozeß dauerte oder ob er sofort abreisen würde, wenn er vorbei war? Sie hätte alles darum gegeben, sofort aufbrechen zu können.
Der glühende Wunsch, sich in Bewegung zu setzen, aufzubrechen, war so stark, daß er die anderen Schmerzen und brennenden Wunden
ihres Körpers überdeckte - sogar ihren tiefen Herzenskummer über Rogers Verrat -, doch sie konnte nichts tun. Sie konnte nirgendwo hingehen, bis es Lizzie besser ging.
Der Schankraum war voll; im Lauf des Tages waren zwei neue Schiffe in den Hafen eingelaufen; jetzt am Abend waren die Bänke voll besetzt mit Seeleuten, und am Ecktisch fand ein lautes, heftiges Kartenspiel statt. Brianna schob sich durch die blauen Wolken aus Tabakrauch, ohne die Pfeiftöne und anzüglichen Bemerkungen zu beachten. Roger hatte doch gewollt, daß sie ein Kleid trug, nicht wahr? Der verdammte Kerl. Ihre Kniehose hielt die Männer normalerweise auf Abstand, doch Lizzie hatte sie gewaschen, und sie war immer noch zu feucht zum Tragen.
Sie warf einem Mann, der ihr an den Hintern langte, einen wütenden Blick zu, der geeignet war, ihm die Augenbrauen zu versengen. Erschrocken hielt er mitten in der Bewegung inne, und sie schlüpfte an ihm vorbei durch die Küchentür.
Auf dem Rückweg hielt sie die Tasse mit dampfender Katzenminze in der
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