Der Ruf Der Trommel
auf den Scheitel und strich mir über den Hintern. Er hatte schwer gearbeitet, dachte ich; er fühlte sich warm an und roch durchdringend nach Schweiß, obwohl die Haut in seinem Gesicht kühl und frisch vom Waschen war.
»Hast du bei Marsali etwas zu essen bekommen?« Ich betrachtete ihn im gedämpften Licht. Irgend etwas an ihm schien anders zu sein, obwohl ich nicht darauf kam, was es war.
»Nein. Ich habe einen Stein fallengelassen, und vielleicht habe ich mir wieder den verflixten Finger gebrochen; ich dachte mir, ich gehe besser nach Hause, damit du dich darum kümmern kannst.« Das war es, dachte ich; er hatte mich mit der linken Hand liebkost, anstatt mit der rechten.
»Komm ans Licht, damit ich es mir ansehen kann.« Ich zog ihn zum Feuer und ließ ihn auf eine der Holzbänke setzen. Brianna saß auf der anderen, ihr Nähzeug ringsum verteilt. Sie stand auf und kam herüber, um mir über die Schulter zu blicken.
»Deine armen Hände, Pa!« sagte sie beim Anblick der geschwollenen Knöchel und der aufgeschürften Haut.
»Och, es ist nichts weiter«, sagte er mit einem abwinkenden Blick auf seine Hände. »Bis auf den verdammten Finger. Au!«
Ich tastete mich sanft am Ringfinger seiner linken Hand entlang, vom Ansatz bis zum Nagel, und ignorierte seinen leisen Schmerzensseufzer. Der Finger war gerötet und leicht geschwollen, doch nicht sichtbar verrenkt.
Es machte mich jedesmal leicht nervös, diese Hand zu untersuchen. Ich hatte vor langer Zeit eine Anzahl gebrochener Knochen darin gerichtet, bevor ich irgend etwas über richtige Chirurgie wußte und unter Bedingungen, die alles andere als ideal waren. Ich hatte es geschafft; ich hatte die Hand vor der Amputation gerettet, und er konnte sie gut benutzen, doch es gab leichte Probleme; kleine Knoten und Verdickungen, die mir jedesmal zu Bewußtsein kamen, wenn ich die Hand genau befühlte. Dennoch, im Augenblick war ich dankbar für den Aufschub.
Ich schloß die Augen und spürte das warme Flackern des Feuers auf meinen Lidern, während ich mich konzentrierte. Der Ringfinger war permanent erstarrt; das mittlere Gelenk war zertrümmert worden und steif verheilt. Vor meinem inneren Auge konnte ich den Knochen sehen; nicht die polierte, glatte Oberfläche eines Exemplars aus dem Labor, sondern das schwach leuchtende, steinerne Glänzen des lebendigen Knochens, die winzigen Osteoblasten, die emsig an ihrer Kristallmatrix bauten, und den verborgenen Puls des Blutes, der sie nährte.
Ich zog meinen Finger erneut der Länge nach über den seinen und nahm ihn dann sanft zwischen Daumen und Zeigefinger, genau unter dem letzten Gelenk. Ich konnte den Riß in Gedanken spüren, eine dünne, schwarze Linie aus Schmerz.
»Da?« sagte ich und öffnete die Augen.
Er nickte und hatte ein schwaches Lächeln auf den Lippen, als er mich ansah.
»Ganz genau. Ich liebe es, wie du aussiehst, wenn du das machst, Sassenach.«
»Und wie sehe ich aus?« fragte ich, etwas erschrocken zu hören, daß ich nicht aussah wie sonst.
»Ich kann es nicht genau beschreiben«, sagte er, den Kopf auf die Seite gelegt, während er mich prüfend ansah. »Es ist vielleicht wie -«
»Madame Lazonga und ihre Kristallkugel«, sagte Brianna. Sie klang belustigt.
Ich blickte auf und sah zu meiner Verblüffung, daß Brianna zu mir herabsah, den Kopf im selben Winkel geneigt, denselben abschätzenden Blick im Gesicht. Sie verlagerte ihren Blick auf Jamie. »Eine Hellseherin.«
Er lachte.
»Aye, ich glaube, du hast wohl recht, a nighean . Obwohl ich an einen Priester gedacht hatte; wie er aussieht, wenn er die Messe liest und durch das Brot hindurchblickt und statt dessen den Leib Christi sieht. Nicht, daß ich vorhätte, meinen mickrigen Finger mit dem Leib unseres Herrn zu vergleichen«, fügte er hinzu und sah den Finger an, der ihm solchen Ärger machte.
Brianna lachte, und als er zu ihr aufblickte, zog ein Lächeln seinen Mundwinkel hoch. Sein Blick war sanft trotz der Falten, mit denen die Müdigkeit seine Augen umgab. Er hatte einen langen Tag gehabt, dachte ich. Und er würde wahrscheinlich noch sehr viel länger werden. Ich hätte alles gegeben, um diesen flüchtigen Augenblick der Verbindung zwischen ihnen festzuhalten, doch er war schon vorbei.
» Ich finde euch beide zum Lachen«, sagte ich. Ich berührte seinen Finger sanft an der Stelle, die ich festgehalten hatte. »Der Knochen hat einen Sprung, genau hier unter dem Gelenk. Es ist aber nicht schlimm, nur ein Haarriß. Ich
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