Der Ruf Der Trommel
verdammt recht.«
»Es tut mir leid«, flüsterte er noch einmal, doch diesmal streckte er die Hände nach mir aus und hielt mich fest.
»Daß ich dich geliebt habe? Das darf dir nicht leid tun«, sagte ich mit halberstickter Stimme in sein Hemd. »Niemals.«
Er antwortete nicht, sondern senkte den Kopf und drückte seine Wange gegen mein Haar. Es war still; ich konnte sein Herz schlagen hören, lauter und leiser als der Wind in den Bäumen. Meine Haut war kalt; die Tränen auf meinen Wangen kühlten sich sofort ab.
Schließlich löste ich meine Arme von ihm, ließ sie sinken und trat zurück.
»Wir sollten besser zum Haus zurückgehen«, sagte ich um einen normalen Tonfall bemüht. »Es wird furchtbar spät.«
»Aye, das denke ich auch.« Er bot mir seinen Arm an, und ich ergriff ihn. In erleichtertem Schweigen folgten wir dem Pfad bis zum Rand der Felsenschlucht am Oberlauf des Baches. Es war zwar so kalt, daß winzige Eiskristalle auf den Felsen aufglitzerten, wenn das Sternenlicht sie traf, doch der Bach war noch lange nicht gefroren. Sein Gurgeln und Rauschen erfüllte die Luft und ließ nicht zu, daß wir allzu leise waren.
»Aye, gut«, sagte er, als wir dem Pfad weiter folgten, am Schweinestall vorbei. »Ich hoffe, daß Roger Wakefield ein besserer Mann ist als wir beide - Frank und ich.« Er sah mich an. »Versteh mich nicht falsch; wenn er es nicht ist, dann schlage ich ihn zu Brei.«
Ich lachte unwillkürlich.
»Das wird die Situation natürlich bestens klären, da bin ich mir sicher.«
Er schnaubte kurz und ging weiter. Am Fuß des Hügels drehten wir schweigend ab und schlugen wieder die Richtung zum Haus ein. Kurz vor dem Pfad, der zur Haustür führte, hielt ich ihn an.
»Jamie«, sagte ich zögernd. »Glaubst du mir, daß ich dich liebe?«
Er wandte den Kopf und sah einen langen Augenblick zu mir herab, bevor er antwortete. Der Mond schien ihm ins Gesicht und betonte seine Gesichtszüge, als wären sie in Marmor gemeißelt.
»Also, wenn du es nicht tust, Sassenach«, sagte er schließlich,
»dann hast du dir einen sehr ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht, um es mir zu sagen.«
Ich atmete mit der Andeutung eines Lachens aus.
»Nein, das ist es nicht«, versicherte ich ihm. »Aber -« Es schnürte mir die Kehle zu, und ich schluckte hastig, denn ich mußte die Worte herausbringen.
»Ich - ich sage es nicht oft. Vielleicht liegt es nur daran, daß man mir nicht beigebracht hat, solche Dinge zu sagen; ich habe ja bei meinem Onkel gelebt, und er war sehr gefühlvoll, aber nicht - na ja, ich wußte nicht, wie Verheiratete -«
Er legte seine Hand leicht über meinen Mund, und der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. Einen Moment später entfernte er sie.
Ich holte tief Luft und kräftigte meine Stimme.
»Hör mal, was ich sagen will, ist - wenn ich es nicht sage, woher weißt du dann, daß ich dich liebe?«
Er stand regungslos da und sah mich an, dann nickte er zustimmend.
»Ich weiß es, weil du hier bist, Sassenach«, sagte er. »Und das ist es, was du meinst, aye? Daß er ihr gefolgt ist - dieser Roger. Und daß seine Liebe also vielleicht groß genug ist?«
»Es ist keine Sache, die man nur freundschaftshalber macht.«
Er nickte erneut, doch ich zögerte, denn ich wollte ihm mehr sagen, wollte ihm die Bedeutung dieses Schrittes eindringlich klarmachen.
»Ich habe dir nie viel davon erzählt, weil - es keine Worte dafür gibt. Aber eines könnte ich dir darüber sagen, Jamie -« Ich erschauerte unwillkürlich, und es lag nicht an der Kälte. »Nicht jeder, der durch die Steine geht, kommt auch wieder heraus.«
Sein Blick wurde schärfer.
»Woher weißt du das, Sassenach?«
»Ich kann - konnte - sie hören. Ihre Schreie.«
Jetzt zitterte ich hemmungslos, von einer Mischung aus Kälte und Erinnerungen geschüttelt, und er fing meine Hände zwischen den seinen ein und zog mich an sich. Der Herbstwind klapperte in den Ästen der Weiden am Bach, ein Geräusch wie von trockenen, nackten Knochen. Er hielt mich fest, bis das Zittern aufhörte, dann ließ er mich los.
»Es ist kalt, Sassenach. Komm nach drinnen.« Er wandte sich dem Haus zu, doch ich legte meine Hand auf seine Schulter, um ihn noch einmal anzuhalten.
»Jamie?«
»Aye?«
»Soll ich - hättest du - muß ich es sagen?«
Er drehte sich um und sah zu mir herab. Das Mondlicht, das ihn von hinten erleuchtete, verlieh ihm einen Heiligenschein, doch seine Gesichtszüge waren jetzt wieder dunkel.
»Nein, das mußt
Weitere Kostenlose Bücher