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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ich. »Obwohl ich denke, daß du recht hast, es ist vielleicht einfacher zu ertragen, wenn man keine körperlichen Spuren davonträgt. Andererseits trägt sie eine«, fühlte ich mich verpflichtet hinzuzufügen. »Und zwar eine ziemlich unübersehbare, was das angeht!« Seine rechte Hand rollte sich an seiner Seite ein und ballte sich unwillkürlich.
    »Aye, das stimmt«, brummte er. Er sah mich unsicher an, und das Licht des Halbmondes vergoldete die Flächen seines Gesichtes. »Aber trotzdem - er hat ihr nicht weh getan, das ist immerhin etwas. Wenn er es getan hätte… dann wäre der Tod viel zu gut für ihn«, schloß er abrupt.
    »Du mußt das nicht ganz unwesentliche Detail bedenken, daß man sich von einer Schwangerschaft nicht wieder ›erholt‹«, sagte ich mit einem hörbar gereizten Unterton in der Stimme. »Wenn er ihr die Knochen gebrochen oder ihr Blut vergossen hätte, dann würde das
wieder heilen. So aber - wird sie es niemals mehr vergessen, weißt du?«
    »Ich weiß!«
    Ich zuckte leicht zusammen, und er sah es. Er machte eine angedeutete Geste der Entschuldigung.
    »Ich wollte dich nicht anschreien.«
    Ich nahm die Entschuldigung mit einem kurzen Kopfnicken an, und wir gingen weiter, Seite an Seite, doch ohne uns zu berühren.
    »Es -«, begann er und brach dann ab und sah mich an. Er zog eine Grimasse, unzufrieden mit sich selbst.
    »Ich weiß es«, sagte er, diesmal ruhiger. »Du mußt entschuldigen, Sassenach, ich weiß eine verdammte Menge mehr darüber als du.«
    »Ich wollte mich nicht mit dir streiten. Aber du hast noch nie ein Kind bekommen; du kannst nicht wissen, wie das ist. Es ist -«
    »Du streitest dich wohl mit mir, Sassenach. Tu’s nicht.« Er drückte fest meinen Arm, dann ließ er los. Es lag eine Spur von Humor in seiner Stimme, doch eigentlich war er todernst.
    »Ich versuche, dir zu sagen, was ich weiß.« Er blieb eine Minute lang still stehen und sammelte seine Gedanken.
    »Ich habe schon sehr lange nicht mehr an Jack Randall gedacht«, sagte er schließlich. »Ich will es auch jetzt nicht. Aber so ist es nun einmal.« Er zuckte erneut mit den Schultern und rieb sich fest mit der Hand über die Wange.
    »Es gibt den Körper und es gibt die Seele, Sassenach«, sagte er. Er redete langsam, legte sich seine Gedanken zusammen mit seinen Worten zurecht. »Du bist Ärztin; du kennst das eine gut. Aber das andere ist wichtiger.«
    Ich öffnete den Mund, um zu sagen, daß ich das genausogut wußte wie er - schloß ihn dann aber wieder, ohne etwas zu sagen. Er bemerkte es nicht; er sah weder das dunkle Maisfeld noch den Ahornwald, dessen Blätter im Mondlicht zu Silber geworden waren. Sein Blick war auf einen kleinen Raum mit dicken Steinwänden gerichtet, der mit einem Tisch und Hockern und einer Lampe ausgestattet war. Und mit einem Bett.
    »Randall«, sagte er, und seine Stimme klang gedankenverloren. »Das meiste von dem, was er mir angetan hat - ich hätte es aushalten können.« Er spreizte die Finger seiner rechten Hand; der Verband an seinem angebrochenen Finger leuchtete weiß.
    »Ich hätte Angst und Schmerzen gehabt; ich hätte den Wunsch verspürt, ihn dafür umzubringen. Aber ich hätte danach weiterleben können, ohne ständig seine Berührung auf mir zu spüren, ohne mich
vor mir selbst zu ekeln - wäre es nicht so gewesen, daß er sich nicht mit meinem Körper zufriedengegeben hat. Er wollte meine Seele - und er hat sie bekommen.« Der weiße Verband verschwand, als sich seine Faust schloß.
    »Aye, nun gut - das weißt du alles schon.« Er wandte sich abrupt ab und ging weiter. Ich mußte mich beeilen, um ihn einzuholen.
    »Was ich sagen will, ist, glaube ich - war dieser Mann ein Fremder, der sie nur für einen Augenblick der Lust genommen hat? Wenn es nur ihr Körper war, den er wollte… dann glaube ich, daß sie bald darüber hinwegkommen wird.«
    Er holte tief Luft und atmete wieder aus; ich sah, wie der schwache, weiße Nebel seinen Kopf einen Augenblick lang umschwebte, das sichtbar gewordene Dampfen seiner Wut.
    »Aber wenn er sie kannte - er ihr nah genug war, um sie zu wollen und nicht nur irgendeine Frau - dann könnte es sein, daß er an ihre Seele gerührt und sie wirklich verletzt hat -«
    »Du glaubst nicht, daß er sie wirklich verletzt hat?« Ich hob unwillkürlich die Stimme. »Ob er sie kannte oder nicht -«
    »Es ist ein Unterschied, ich sage es dir!«
    »Nein, das ist es nicht. Ich weiß, was du meinst -«
    »Nein!«
    »Doch! Aber warum

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