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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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fernen Berge; drei steile Gipfel, vor dem flammenden Himmel zusammengedrängt, der linke höher als die beiden anderen. Das konnte er sich merken. Ein Bach - ein Fluß? -, der durch eine kleine Schlucht stürzte; sie trieben die Pferde durch eine flache Furt, und Roger wurde bis zur Taille mit Eiswasser durchnäßt.

    Ihre Reiseroutine blieb tagelang unverändert, immer weiter nordwärts. Seine Bewacher sprachen nicht mit ihm, und am vierten Tag erkannte er, daß er dabei war, den Überblick über die Zeit zu verlieren, und in eine traumähnliche Trance fiel, von seiner Müdigkeit und der Stille der Berge überwältigt. Er zog sich einen langen Faden aus dem Rocksaum und begann, ihn zu verknoten, einen Knoten für jeden Tag, sowohl als schwachen Kontakt mit der Wirklichkeit als auch als grobe Methode, die zurückgelegte Entfernung abzuschätzen.
    Er würde zurückgehen. Wie auch immer, er würde nach Fraser’s Ridge zurückgehen.
     
    Am achten Tag bekam er seine Gelegenheit. Jetzt waren sie tief im Gebirge. Tags zuvor hatten sie einen Paß überquert und waren einen steilen Hang hinabgestiegen. Die Ponys hatten ängstlich gewiehert und das Tempo verlangsamt, um jeden Schritt vorsichtig abzufangen, während sich die Ladung auf ihren Sätteln ächzend verschob.
    Jetzt ging es wieder bergauf, und die Ponys verlangsamten ihre Schritte noch weiter, als der Weg steil in die Höhe ging. Roger konnte etwas an Boden gewinnen und das Pony einholen. Er klammerte sich an das Sattelzeug und ließ sich von dem zähen, kleinen Tier mitziehen.
    Die Indianer waren abgestiegen. Sie liefen und führten ihre Ponys. Er warf einen genauen Blick auf den langhaarigen, schwarzen Skalp am Rücken des Kriegers, der das Pony führte, an das sich Roger klammerte. Mit einer Hand hielt er sich fest; die andere war damit beschäftigt, unter einer herabhängenden Segelleinenfalte den Knoten aufzuzupfen, der ihn an das Sattelzeug band.
    Strähne um Strähne löste sich das Hanfseil, bis ihn nur noch ein einzelner Faden mit dem Pony verband. Er wartete, während ihm vor Angst und von der Anstrengung des Kletterns der Schweiß die Rippen heruntertropfte, verwarf eine Gelegenheit nach der anderen, sorgte sich von Augenblick zu Augenblick mehr, daß es zu spät war, daß sie anhalten würden, um das Nachtlager aufzuschlagen, daß der Krieger, der sein Pony führte, sich umdrehen und ihn sehen würde, auf die Idee kommen würde, seine Fesseln zu überprüfen.
    Doch sie hielten nicht an, und der Krieger drehte sich nicht um. Da , dachte er, und sein Herz schlug schnell, als er sah, wie das erste Pony aus der Reihe trat und auf einen schmalen Wildwechsel einschwenkte, der den Abhang durchschnitt. Unterhalb des Pfades fiel der Boden steil ab und begradigte sich zwei Meter tiefer wieder. Darunter lag ein dichtbewaldeter Abhang, der ideal zum Verstecken war.
    Ein Pony, dann das nächste, überwand das enge Wegstück und setzte dabei die Hufe mit geradezu übertriebener Vorsicht auf. Ein drittes, und jetzt war Roger an der Reihe. Er preßte sich nah an die Flanke des Ponys und atmete dessen süßen, durchdringenden Schweißgeruch ein. Ein Schritt, dann noch einer, und sie waren auf dem engen Pfad.
    Er riß das Seil durch und sprang. Er landete mit einem Ruck und ging halb in die Knie, sprang auf und rannte bergab. Er verlor seine Schuhe und ließ sie liegen. Er überquerte spritzend einen kleinen Bach, krabbelte auf Händen und Knien am Ufer hoch, arbeitete sich auf seine Beine hoch und lief weiter, noch bevor er richtig stand.
    Er hörte Rufe hinter sich, dann Stille, wußte aber, daß er verfolgt wurde. Er war außer Atem; ihnen würde es genauso gehen.
    Die Landschaft glitt in verschwommenen Flecken aus Laub und Felsen an ihm vorbei, als er den Kopf hin- und herdrehte, auf der Suche nach einem Ausweg, einem Versteck. Er entschied sich für einen Birkenhain, schoß hindurch, hinaus auf eine abfallende Wiese, taumelte abwärts über das schlüpfrige Gras und stieß sich die nackten Füße an Wurzeln und Steinen. Auf der anderen Seite nahm er sich eine Sekunde Zeit, um sich umzublicken. Zwei von ihnen; er sah ihre runden, dunklen Köpfe zwischen den Blättern.
    Weiter in den nächsten Hain, wieder hinaus, im verrückten Zickzack durch ein Geröllfeld, schweratmend. Eines hatte die verdammte Vergangenheit für ihn getan, dachte er grimmig, seine Atemkapazität verbessert. Dann hatte er keinen Raum mehr zum Denken - nur noch für die blinden Instinkte der

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