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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ist das Wasser?« Er streckte die Hand aus, und Roger schöpfte schweigend ein Kürbisschälchen voll davon und reichte es ihm. Er trank in tiefen Zügen, spritzte sich Wasser ins Gesicht und goß sich dann den Rest über den Kopf.
    Fraser wischte sich mit der Hand über sein zerschlagenes Gesicht, öffnete dann die blutunterlaufenen Augen und sah Roger an.
    »Wakefield, ja?«
    »Im Augenblick benutze ich meinen eigenen Namen, MacKenzie.«
    Fraser schnaubte kurz und humorlos.
    »Das ist mir zu Ohren gekommen.« Er hatte einen breiten, ausdrucksvollen Mund - wie Brianna. Seine Lippen preßten sich kurz zusammen und entspannten sich dann.
    »Ich habe Euch Schlimmes zugefügt, MacKenzie, wie Ihr wißt. Ich bin gekommen, um es wiedergutzumachen, soweit es geht, doch es kann passieren, daß ich keine Gelegenheit dazu bekomme.« Er wies mit einer kurzen Geste zur Tür. »Fürs erste habt Ihr meine Entschuldigung. Falls Ihr später Genugtuung von mir verlangt - werde ich mich Eurem Willen fügen. Doch ich würde Euch bitten, damit zu warten, bis wir das hier sicher hinter uns haben.«
    Roger starrte ihn einen Moment an. Genugtuung für die letzten Monate der Qual und Unsicherheit schien ein nicht minder abwegiger Gedanke zu sein als Sicherheit. Er nickte.
    »Abgemacht«, sagte er.
    Sie saßen einige Augenblicke schweigend da. Das Feuer in der Hütte wurde kleiner, doch das Brennholz war draußen; die Wächter behielten alles im Auge, was möglicherweise als Waffe benutzt werden konnte.
    »Was ist passiert?« fragte Roger schließlich. Er wies mit dem Kopf auf die Tür. »Da draußen?«

    Fraser holte tief Luft und atmete seufzend aus. Zum ersten Mal bemerkte Roger, daß er den Ellbogen seines rechten Arms auf die linke Handfläche stützte und den Arm eng an seinen Körper gedrückt hielt.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte er.
    »Sie haben den Priester verbrannt? Er ist tot?« Nach allem, was er gesehen hatte, konnte es keinen Zweifel daran geben, doch Roger fühlte das Bedürfnis, trotzdem zu fragen.
    »Er war Priester?« Die dichten, rötlichen Brauen hoben sich überrascht und senkten sich dann wieder. »Aye, er ist tot. Und nicht nur er.« Ein unwillkürlicher Schauer durchlief den hünenhaften Körperbau des Highlanders.
    Fraser hatte nicht gewußt, was sie vorhatten, als die Trommeln zu dröhnen begannen und jedermann hinausging und sie sich um das große Feuer versammelten. Es wurde viel geredet, doch seine Kenntnisse der Mohawksprache reichten nicht aus, und sein Neffe, der sie sprach, war nicht aufzufinden.
    Die Weißen war nicht eingeladen worden, doch niemand machte irgendwelche Anstalten, sie fernzuhalten. Und so war es gekommen, daß Claire und er als neugierige Beobachter am Rand der Menge gestanden hatten, als der Sachem und der Rat herauskamen und der alte Mann zu sprechen begann. Es hatte noch ein Mann gesprochen, der sehr wütend war.
    »Dann haben sie den Mann herausgebracht, so nackt wie eine Kaulquappe, ihn an einen Pfahl gebunden und sich über ihn hergemacht.« Er hielt inne, Schatten in den Augen, und sah Roger an.
    »Ich sag’ Euch, Mann, ich habe schon gesehen, wie französische Henker einen Mann am Leben erhalten, der wünschte, er wäre tot. Es war nicht schlimmer als das hier - aber auch nicht viel besser.« Fraser trank noch einmal, durstig, und senkte den Becher.
    »Ich habe versucht, Claire wegzuziehen - nach allem, was ich wußte, konnten sie uns doch nur als nächste angreifen.« Doch die Menge drängte sich so dicht um sie herum, daß jede Bewegung unmöglich war; sie hatten keine andere Wahl, als weiter zuzusehen.
    Rogers Mund fühlte sich trocken an, und er griff nach dem Becher. Er wollte nicht danach fragen, doch er spürte ein perverses Bedürfnis, es zu wissen - sei es um Alexandres oder um seiner selbst willen.
    »Hat er - irgendwann geschrien?«
    Fraser warf ihm erneut einen überraschten Blick zu, dann überlief so etwas wie Begreifen sein Gesicht.
    »Nein«, sagte er langsam. »Er ist sehr anständig gestorben - in ihrem Licht betrachtet. Dann habt Ihr den Mann gekannt?«

    Roger nickte wortlos. Es war schwer zu glauben, daß Alexandre fort war, selbst als er das hörte. Und wo war er jetzt? Er konnte doch wohl nicht recht gehabt haben. Mir wird nicht vergeben. Gewiß nicht. Kein gerechter Gott -
    Roger schüttelte heftig den Kopf und verdrängte den Gedanken. Es war offensichtlich, daß Fraser nur mit halber Aufmerksamkeit bei seiner Geschichte war, so furchtbar

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