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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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aber nicht nach. Er versuchte es wieder und ein drittes Mal, aber ohne Ergebnis. Es gab nichts in dem Lagerhaus, das er als Waffe hätte benutzen können, nichts. Verzweifelt packte er die Verschnürung eines Bettverschlages und riß mit Händen und Zähnen daran. Er zog so lange, bis er einen Teil des Gestells gelöst hatte.
    Er ergriff das Holz, hievte es hoch; rüttelte daran und hievte erneut, bis er es mit einem berstenden Krachen in der Hand hatte. Keuchend stand er da und umfaßte einen zwei Meter langen Pfahl, dessen eines Ende zersplittert und angespitzt war. Er schob sich das stumpfe Ende unter den Arm und stürmte auf den Eingang los, das spitze Ende wie einen Speer auf die Lederklappe gerichtet.
    Er schoß hinaus in Dunkelheit und Flammenmeer, kalte Luft und Rauch, in den Lärm, der ihm das Blut versengte. Er sah eine Gestalt vor sich und stürzte sich darauf. Der Mann tänzelte zur Seite und hob
eine Keule. Roger konnte nicht bremsen, konnte nicht wenden, sondern warf sich flach hin, und die Keule landete wenige Zentimeter neben seinem Kopf.
    Er wälzte sich auf die Seite und schwenkte wild seinen Pfosten. Er knallte gegen den Kopf des Indianers, und der Mann stolperte, ging zu Boden und brach über Roger zusammen.
    Whisky . Der Mann roch nach Whisky. Ohne sich weitere Gedanken darüber zu machen, wand sich Roger unter dem zuckenden Körper hervor und stolperte auf seine Füße, den Pfosten immer noch in der Hand.
    Ein Schrei erscholl hinter ihm. Er wirbelte herum und stieß mit aller Kraft zu, während er noch auf seinem Fußballen herumschwenkte. Der Schock des Aufpralls erschütterte seine Arme und seine Brust. Der Mann, den er getroffen hatte, klammerte sich an den Pfosten; er zuckte und vibrierte, und als der Mann umkippte, entwand er Roger die Waffe.
    Er stolperte, fing sich wieder und wirbelte zum Feuer. Es war ein immenser Scheiterhaufen; Flammen blähten sich zu einer Wand von purem, heftigem Scharlachrot, ein lebhafter Kontrast in der Nacht. Durch die wogenden Köpfe der Zuschauer hindurch sah er die schwarze Gestalt im Herzen der Flamme, die Arme in einer segnenden Geste ausgebreitet, an den Balken gefesselt, von dem er herabhing. Langes Haar flatterte auf, Strähnen fingen Feuer in kleinen Eruptionen und umringten den Kopf mit einem goldenen Heiligenschein wie Christus beim Meßopfer. Dann krachte etwas auf Rogers Kopf herab, und er fiel zu Boden wie ein Stein.
    Er verlor das Bewußtsein nicht vollständig. Er konnte nichts sehen, sich nicht bewegen, doch er konnte immer noch dumpf hören. Es waren Stimmen in seiner Nähe. Das Kreischen erscholl immer noch, aber schwächer, beinahe ein Hintergrundgeräusch wie das Rauschen des Ozeans.
    Er spürte, wie er sich in die Luft erhob, und das Knistern der Flammen wurde lauter, fast so laut wie das Rauschen in seinen Ohren… Sie würden ihn in das Feuer werfen! Ihm wurde schwindelig vor Anstrengung, und Licht flammte hinter seinen geschlossenen Augenlidern auf, doch sein sturer Körper weigerte sich, sich zu bewegen.
    Das Rauschen ließ nach, doch paradoxerweise spürte er, wie warme Luft über sein Gesicht strich. Er schlug auf dem Boden auf, prallte ab, drehte sich um sich selbst und landete mit dem Gesicht nach unten, die Arme seitwärts gestreckt. Unter seinen Fingern war kühle Erde.

    Er atmete. Mechanisch, einen Atemzug nach dem anderen. Ganz langsam begann das Schwindelgefühl zu verebben.
    Weit weg erscholl Lärm, doch in seiner Nähe konnte er nichts hören außer seinem eigenen, lauten Atem. Ganz langsam öffnete er ein Auge. Feuerschein flackerte auf Pfosten und Paneelen, ein dumpfes Echo des Gleißens vor der Hütte. Langhaus. Er war wieder drinnen.
    Sein Atem klang laut und abgehackt in seinen Ohren. Er versuchte, ihn anzuhalten, konnte es aber nicht. Dann wurde ihm klar, daß er die Luft bereits anhielt ; die japsenden Geräusche kamen von jemand anderem.
    Es war hinter ihm. Mit immenser Anstrengung schob er seine Hände unter sich, kam schwankend auf Hände und Knie hoch, die Augen zum Schutz gegen die Kopfschmerzen zusammengekniffen.
    »Gott im Himmel«, murmelte er vor sich hin. Er rieb sich fest mit der Hand über die Augen und blinzelte, doch der Mann war immer noch da, zwei Meter entfernt.
    Jamie Fraser. Er lag auf der Seite in einem Gewirr aus Gliedmaßen, ein rotes Plaid um seinen Körper gewickelt. Sein Gesicht war zur Hälfte mit Blut bedeckt, doch eine Verwechslung war ausgeschlossen.
    Im ersten Augenblick sah Roger ihn nur

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