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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wirklich, wie du dich ausdrückst«, sagte sie.
    »Ich bin außerordentlich geschmeichelt. Wenn du es allerdings erwägen könntest, meine Frage zu beantworten…«
    Sie seufzte so tief, daß die Kerzenflamme flackerte. Sie stand schwerfällig auf und fingerte an ihrem Rocksaum herum. Offensichtlich hatte sie eine Tasche hineingenäht, denn sie zog ein kleines Blatt Papier heraus, das zusammengefaltet und vom vielen Anfassen zerfleddert war.
    »Lies das«, sagte sie und gab es ihm. Sie wandte sich ab und ging zum anderen Ende des Zimmers, wo ihre Farben und ihre Staffelei in einer Ecke am Kamin standen.
    Beim Anblick der schwarzen Lettern durchfuhr ihn ein kleiner, vertrauter Ruck. Er hatte Jamie Frasers Handschrift erst einmal gesehen, doch einmal war genug; es war eine einmalige Schrift.
     
    Tochter -
    Ich kann nicht sagen, ob ich Dich wiedersehen werde. Ich hoffe von ganzem Herzen, daß es so sein wird und daß alles zwischen uns wieder in Ordnung kommt, doch dies muß in Gottes Hand ruhen. Ich schreibe jetzt für den Fall, daß Er es anders will.
    Du hast mich einmal gefragt, ob es recht ist, aus Rache für das große Unrecht zu töten, das Dir angetan wurde. Ich sage Dir, Du darfst es nicht. Um Deiner Seele willen, um Deines Lebens willen mußt Du die Gnade der Vergebung finden. Die Freiheit ist schwer zu erringen, doch sie ist niemals die Frucht eines Mordes.
    Hab’ keine Angst, daß er der Vergeltung entkommt. Ein solcher Mann trägt die Saat seiner eigenen Zerstörung in sich. Wenn er nicht von meiner Hand stirbt, dann durch die eines anderen. Doch es darf nicht Deine Hand sein, die ihn fällt.
    Hör auf mich, um der Liebe willen, die ich für Dich empfinde.
     
    Unter den Text des Briefes hatte er geschrieben Dein Dir höchst zugeneigter und Dich liebender Vater, James Fraser . Das war durchgestrichen, und darunter stand einfach nur Pa.

    »Ich habe ihm nicht einmal auf Wiedersehen gesagt.«
    Lord John blickte erschrocken auf. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und starrte auf die halbfertige Landschaft auf der Staffelei, als wäre sie ein Fenster.
    Er überquerte den Teppich und stellte sich neben sie. Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt, und es wurde jetzt kalt im Zimmer. Sie wandte sich ihm zu und umklammerte ihre Ellbogen zum Schutz gegen die Kälte.
    »Ich will frei sein«, sagte sie leise. »Ob Roger zurückkommt oder nicht. Egal, was geschieht.«
    Das Kind war unruhig; er konnte sehen, wie es unter ihren verschränkten Armen trat und zappelte wie eine Katze im Sack. Er holte tief Luft und fühlte sich kalt und sorgenvoll.
    »Du bist sicher, daß du Bonnet sehen willst?«
    Sie warf ihm einen weiteren dieser langen, blauen Blicke zu.
    »Ich muß eine Möglichkeit finden, ihm zu vergeben, sagt Pa. Seit ihrer Abreise habe ich es dauernd versucht, aber ich kann es nicht. Vielleicht kann ich es, wenn ich ihn sehe. Ich muß es versuchen.«
    »Gut.« Er atmete in einem langen Seufzer aus und ließ kapitulierend die Schultern hängen.
    Ein kleines Licht - Erleichterung? - erschien in ihren Augen, und er versuchte, das Lächeln zu erwidern.
    »Du wirst es tun?«
    »Ja. Weiß Gott, wie, aber ich werde es tun.«
    Er löschte alle Kerzen bis auf eine, die er behielt, damit sie ihnen den Weg zum Bett beleuchtete. Er reichte ihr den Arm, und sie gingen schweigend durch den leeren Flur, und die menschenleere Stille umhüllte sie mit ihrem Frieden. Am Fuß der Treppe blieb er stehen und ließ sie vorgehen.
    »Brianna.«
    Sie drehte sich fragend auf der Treppe über ihm um. Er stand zögernd da und wußte nicht, wie er sie um das bitten sollte, was er sich plötzlich so sehr wünschte. Er streckte die Hand aus und hielt sie leicht in der Schwebe.
    »Darf ich…?«
    Wortlos nahm sie seine Hand und preßte sie gegen ihren Bauch. Er war warm und sehr fest. Einen Augenblick standen sie bewegungslos, während sie seine Hand mit der ihren umschloß. Dann kam es, ein kleiner Stoß gegen seine Hand, bei dem ihn Aufregung durchfuhr.
    »Mein Gott«, sagte er mit leisem Entzücken. »Da ist wirklich jemand.«

    Ihr Blick traf den seinen voll reuiger Belustigung.
    »Ja«, sagte sie. »Ich weiß.«
     
    Es war längst dunkel, als sie neben dem Hauptquartier der Garnison vorfuhren. Es war ein kleines, wenig einnehmendes Gebäude, das im Vergleich mit dem Lagerhaus, das dahinter aufragte, zwergenhaft wirkte, und Brianna sah es schräg an.
    »Sie haben ihn da drin?« Ihre Hände fühlten sich kalt an, obwohl sie unter ihrem

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