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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sah mich hilflos an.
    »Was meinst du, was er -»
    Sie wurde durch ein lautes Krachen und ein ebenso lautes Grunzen unterbrochen, als ein schwerer Körper die Außenwand traf.
    »Wenn Ihr sie schlecht behandelt, reiße ich Euch die Eier ab und stopfe sie Euch in den Hals«, sagte Jamies Stimme leise auf Gälisch.
    Ich sah Brianna an, und sah, daß sie genügend Gälisch beherrschte, um den Sinn dieser Worte zu verstehen. Ihr Mund öffnete sich, doch sie bekam kein Wort heraus.
    Draußen erklangen die Geräusche eines raschen Handgemenges, das mit einem noch lauteren Krachen endete, als schlüge ein Kopf gegen die Balken.
    Roger besaß nicht Jamies Ausstrahlung stiller Bedrohlichkeit, doch in seiner Stimme hallte Aufrichtigkeit wider. »Faß mich noch einmal an, du verdammtes Schwein, und ich stopfe dir den Kopf in den Hintern zurück, da, wo er hergekommen ist!«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann erklang das Geräusch sich entfernender Schritte. Einen Augenblick später machte Jamie tief in seiner Kehle ein schottisches Geräusch und entfernte sich ebenfalls.
    Briannas Augen waren weit geöffnet, als sie mich ansah.

    »Testosteronvergiftung«, sagte ich achselzuckend.
    »Gibt es ein Gegenmittel?»fragte sie. Ihr Mundwinkel zuckte, obwohl ich nicht sagen konnte, ob vor Lachen oder drohender Hysterie.
    Ich schob eine Hand durch mein Haar und überlegte.
    »Tja«, sagte ich schließlich, »es gibt nur zwei Dinge, die sie in so einer Lage tun, und das eine ist, daß sie versuchen werden, sich gegenseitig umzubringen.«
    Brianna rieb sich die Nase.
    »A-ha«, sagte sie. »Und das andere…« Unsere Blicke trafen sich in perfektem Einvernehmen.
    »Ich kümmere mich um deinen Vater«, sagte ich. »Aber Roger ist deine Sache.«
     
    Das Leben auf dem Berg verlief ein wenig angespannt, da sich Brianna und Roger wie eine in die Falle gegangene Häsin und ein in die Enge getriebener Dachs verhielten. Jamie hielt Roger beim Essen mit brütenden Blicken voll gälischer Mißachtung fixiert, während Lizzie sich selbst darin übertraf, sich bei allen Anwesenden zu entschuldigen, und das Baby sich entschloß, daß die Zeit reif war für nächtliche Koliken mit Brüllattacken.
    Es waren wahrscheinlich diese Koliken, die Jamie zu hektischen Aktivitäten an dem neuen Haus antrieben. Fergus und einige der Pächter waren so zuvorkommend gewesen, eine kleine Ernte für uns anzubauen, so daß wir zumindest zu essen haben würden, wenn wir auch in diesem Jahr keinen Mais verkaufen konnten. Befreit von der Notwendigkeit, sich um eine große Anbaufläche zu kümmern, verbrachte Jamie statt dessen jeden freien Augenblick hämmernd und sägend auf dem Bergkamm.
    Roger assistierte nach Kräften bei den anderen Arbeiten auf dem Hof, obwohl sein Fuß ihn behinderte. Er hatte schon mehrfach meine Versuche abgewiesen, ihn zu behandeln, doch jetzt weigerte ich mich, mich noch länger vertrösten zu lassen. Ein paar Tage nach seiner Ankunft war ich mit meinen Vorbereitungen fertig und informierte ihn bestimmt, daß ich die Absicht hatte, mich am nächsten Morgen als erstes mit ihm zu befassen.
    Als es soweit war, bat ich ihn, sich hinzulegen, und wickelte den Fuß aus den Lumpen aus. Der süßlich-gammelige Geruch einer fortgeschrittenen Infektion kitzelte mich in der Nase, doch ich dankte Gott dafür, daß ich weder die roten Streifen einer Blutvergiftung noch die schwarze Verfärbung drohenden Wundbrandes sah. Es war auch so schlimm genug.

    »Du hast ein paar chronische Abszesse tief im Gewebe«, sagte ich und drückte prüfend mit dem Daumen zu. Ich konnte spüren, wie die matschigen Eitereinschlüsse nachgaben, und als ich fester zudrückte, brachen die halb verheilten Wunden auf, und ein widerlicher, gelbgrauer Schleim sickerte aus einem entzündeten Riß am Rande der Fußsohle.
    Roger erbleichte unter seiner Sonnenbräune, und seine Hände umklammerten den hölzernen Bettrahmen, doch er gab keinen Ton von sich.
    »Du hast Glück«, sagte ich, während ich seinen Fuß weiter hin-und herbewegte, und die kleinen Gelenke des vorderen Mittelfußes beugte. »Du hast die Abszesse beim Herumlaufen immer wieder aufgebrochen und sie teilweise drainiert. Sie bilden sich natürlich immer wieder neu, aber die Bewegung hat verhindert, daß die Infektion in die Tiefe wandert, und sie hat deinen Fuß flexibel gehalten.«
    »Oh, gut«, sagte er schwach.
    »Brianna, du mußt mir helfen«, sagte ich und drehte mich beiläufig zum anderen Ende des

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