Der Ruf Der Trommel
Zimmers um, wo die beiden Mädchen saßen und sich mit Baby und Spinnrad abwechselten.
»Ich könnte es tun; laßt es mich machen.« Begierig zu helfen sprang Lizzie auf. Sie hatte Gewissensbisse wegen der Rolle, die sie bei Rogers Leidensweg gespielt hatte, und sie hatte auf jede erdenkliche Weise versucht, Abbitte zu leisten, indem sie ihm ständig etwas zu essen brachte, ihm anbot, seine Kleider zu flicken und ihn ganz allgemein mit ihren Äußerungen der Reue zum Wahnsinn trieb.
Ich lächelte sie an.
»Ja, du kannst uns helfen. Nimm das Baby, so daß Brianna hierherkommen kann. Warum gehst du nicht mit ihm nach draußen, damit er etwas frische Luft bekommt?«
Mit einem skeptischen Blick tat Lizzie, was ich gesagt hatte, nahm Klein Gizmo in die Arme und murmelte ihm beim Hinausgehen Liebkosungen zu. Brianna stellte sich neben mich, wobei sie Rogers Blick sorgfältig auswich…
»Ich werde das hier offenlegen und es drainieren, so gut ich kann«, sagte ich und zeigte auf den langen, schwarzverkrusteten Spalt. »Dann müssen wir ein Débridement durchführen, es desinfizieren und das Beste hoffen.«
»Und was genau bedeutet Débridement ?« fragte Roger. Ich ließ seinen Fuß los, und sein Körper entspannte sich ein wenig.
»Die Reinigung einer Wunde durch die chirurgische oder nichtchirurgische Entfernung toten Gewebes oder Knochenmaterials«,
sagte ich. Ich berührte seinen Fuß. »Glücklicherweise glaube ich nicht, daß der Knochen befallen ist, obwohl das Bindegewebe im Mittelfuß vielleicht beschädigt ist. Mach dir keine Sorgen«, sagte ich und klopfte ihm auf das Bein. »Das Débridement wird nicht wehtun.«
»Nicht?«
»Nein. Es sind die Drainage und die Desinfektion, die wehtun werden.« Ich blickte zu Brianna hoch. »Halt seine Hände fest, bitte.«
Sie zögerte nur eine Sekunde, dann ging sie zum Kopfende der Couch und hielt ihm ihre Hände hin. Er ergriff sie und sah sie an. Es war das erste Mal, daß sie sich seit fast einem Jahr berührt hatten.
»Festhalten«, sagte ich. »Jetzt kommt der gemeine Teil.«
Ich sah nicht auf, sondern arbeitete rasch, öffnete die halb verheilten Wunden ordentlich mit einem Skalpell und quetschte so viel Eiter und tote Masse heraus, wie ich konnte. Ich spürte, wie seine Beinmuskeln vor Anspannung zitterten und sein Körper sich leicht aufbäumte, vom Schmerz angehoben und gekrümmt, doch er sagte kein Wort.
»Willst du etwas zum Draufbeißen, Roger?« fragte ich, während ich meine Flasche mit der Wasser-Alkohol-Lösung zur Irrigation hervorholte. »Das wird jetzt etwas stechen.«
Er antwortete nicht. Brianna tat es.
»Er kommt schon klar«, sagte sie ruhig. »Mach weiter.«
Er machte ein ersticktes Geräusch, als ich begann, die Wunden auszuwaschen, und wälzte sich mit krampfendem Bein halb auf die Seite. Ich hielt seinen Fuß weiter fest und beendete so schnell wie möglich meine Arbeit. Als ich losließ und die Flasche wieder verkorkte, warf ich einen Blick auf das Kopfende der Liege. Sie saß auf dem Bett, die Arme fest um seine Schultern geschlossen. Sein Gesicht war in ihrem Schoß vergraben, seine Arme um ihre Taille gelegt. Ihr Gesicht war weiß, doch sie lächelte mich etwas mitgenommen an.
»Ist es vorbei?«
»Der schlimme Teil, ja. Nur noch ein bißchen«, versicherte ich ihnen. Ich hatte meine Vorbereitungen zwei Tage zuvor getroffen, zu dieser Jahreszeit war das nicht schwierig. Ich ging hinaus zum Räucherschuppen. Der Hirschkadaver hing im Halbdunkel und badete in schützenden Wolken aus duftendem Hickoryrauch. Doch ich hatte es auf weniger gründlich konserviertes Fleisch abgesehen.
»Igitt!« Brianna zog die Nase kraus, als ich hereinkam. »Was ist das denn? Es riecht wie verfaultes Fleisch.«
»Das ist es auch.« Teile der Überreste eines in einer Schlinge erlegten Kaninchens, um genau zu sein, am Gartenrand aufgesammelt und ausgelegt, um Besucher anzulocken.
Sie hielt immer noch seine Hände fest. Ich lächelte vor mich hin und nahm wieder meinen Platz ein, hob den verwundeten Fuß auf und griff nach meiner Zange mit den langen Enden.
»Mama! Was machst du da?«
»Es tut nicht weh«, sagte ich. Ich drückte sacht auf den Fuß und zog einen meiner chirurgischen Schnitte auseinander. Ich pickte eine der kleinen, weißen Maden aus den stinkenden Kaninchenresten und schob sie zielsicher in den klaffenden Spalt.
Rogers Augen waren geschlossen gewesen, seine Stirn mit einem Schweißfilm überzogen.
»Was?« sagte er, während er
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