Der Ruf Der Trommel
ihn an und lehnte mich an den Fensterrahmen.
»Was ist mit - ›Ich liebe dich‹?«
Er streckte die Hand aus und berührte mein Gesicht. Ein Lufthauch strich an uns vorbei, und ich sah, wie sich die Härchen an seinem Arm aufrichteten.
»Aye«, flüsterte er. »Die schon.«
Irgendwo in der Nähe sang ein Vogel. Ein paar klare Töne, denen eine Antwort folgte, ein kurzes Zwitschern und dann Stille. Der Himmel draußen war immer noch tiefschwarz, doch die Sterne leuchteten nicht mehr so hell wie zuvor.
Ich drehte mich unruhig um. Ich war nackt, nur mit einem Leinenlaken zugedeckt, doch selbst in den frühen Morgenstunden war die Luft noch warm und erdrückend, und die flache Mulde, in der ich lag, war feucht.
Ich hatte versucht zu schlafen und konnte es nicht. Normalerweise versetzte es mich in wohlige Benommenheit, wenn ich mit Jamie schlief, doch diesmal hatte es meine Unruhe nur vergrößert, und ich fühlte mich klebrig. Aufgeregt und besorgt zugleich über unsere Zukunftsaussichten - und unfähig, mit ihm darüber zu reden -, hatte ich mich von Jamie getrennt gefühlt; entfremdet und distanziert, obwohl unsere Körper nah beieinander lagen.
Ich drehte mich wieder um, diesmal zu Jamie. Er lag da wie immer, auf dem Rücken, das Laken um die Hüften geknüllt, die Hände sanft auf seinem flachen Bauch gefaltet. Sein Kopf lag seitlich auf dem Kissen, und sein Gesicht war im Schlaf entspannt. Jetzt, wo der Schlummer seinen breiten Mund sanfter aussehen ließ und seine dunklen Wimpern auf seinen Wangen lagen, sah er in dem gedämpften Licht aus, als wäre er vielleicht vierzehn.
Ich hätte ihn gern berührt, wußte aber nicht, ob ich ihn liebkosen oder treten wollte. Er hatte mir zwar körperliche Erleichterung verschafft, doch er hatte mir meinen Seelenfrieden genommen, und irrationalerweise beneidete ich ihn um seinen ungestörten Schlaf.
Ich überlegte es mir anders und legte mich einfach nur auf den Rücken. Ich lag mit geschlossenen Augen da und zählte grimmig Schafe - doch sie erwiesen sich als schottische Schafe, die fröhlich über einen Kirchhof trabten und unbekümmert über Grabsteine hüpften.
»Machst du dir über irgend etwas Sorgen, Sassenach?« sagte eine schläfrige Stimme neben mir.
Ich schlug die Augen auf.
»Nein«, sagte ich und versuchte, genauso müde zu klingen. »Mir geht’s gut.«
Ich hörte ein unterdrücktes Prusten, und die spreugefüllte Matratze knisterte, als er sich umdrehte.
»Du bist eine furchtbar schlechte Lügnerin, Sassenach. Du denkst so laut nach, daß ich dich von hier aus hören kann.«
»Man kann niemanden denken hören.«
»Aye, ich kann es. Dich zumindest.« Er lachte leise und streckte eine Hand aus, die sich träge auf meinen Oberschenkel legte. »Was ist los - hast du Blähungen von den Krebsen?«
»Nein!« Ich versuchte, mein Bein wegzuziehen, doch seine Hand hing wie eine Klette an mir.
»Das freut mich. Was ist es dann - ist dir endlich die passende Antwort auf Wylies Bemerkungen über Austern eingefallen?«
»Nein«, sagte ich irritiert. »Wenn du es wirklich wissen willst: Ich habe an das Angebot gedacht, das Gouverneur Tryon dir gemacht hat. Kannst du vielleicht mein Bein loslassen?«
»Ah«, sagte er, ohne mich loszulassen, aber in weniger schläfrigem Ton. »Also, darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht.«
»Und was denkst du darüber?« Ich gab den Versuch auf, seine Hand abzuschütteln, und stützte mich auf den Ellbogen, so daß ich ihn ansehen konnte. Draußen war es immer noch schwarz, doch die Sterne waren sichtbar verblaßt, ausgelöscht vom bevorstehenden Tagesanbruch.
»Zum einen habe ich mich gefragt, warum er es mir gemacht hat.«
»Wirklich? Aber ich dachte, das hat er dir gesagt.«
Er grunzte kurz.
»Na ja, er bietet mir das Land bestimmt nicht an, weil ich so schöne blaue Augen habe, soviel kann ich dir sagen.« Er öffnete die besagten Augen und zog die Augenbraue hoch. »Bevor ich ein Geschäft mache, Sassenach, will ich über die Vor- und Nachteile Bescheid wissen.«
»Du meinst, er sagt über die Landvergabe durch die Krone nicht die Wahrheit? Aber er sagt, das wird schon seit dreißig Jahren so gehandhabt«, protestierte ich. »Er kann doch bei so etwas nicht lügen.«
»Nein, das ist wahr«, stimmte er zu. »Auf den ersten Blick. Aber Bienen mit Honig im Rüssel haben hinten Stacheln, aye?« Er kratzte sich am Kopf und strich sich seufzend eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Frag dich noch mal
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