Der Ruf Der Trommel
es für eine gute Investition halten, sich die Treue und Verpflichtung eines erfahrenen Soldaten zu kaufen, der sich wiederum der Treue und der Dienste seiner Männer versicherte und sich in einer abgelegenen und unruhigen Gegend der Kolonie niederließ?
Mir kam es wie ein Bombengeschäft vor - den Gouverneur kostete es ein paar hundert Pfund und ein paar mickrige Morgen vom Land des Königs. Schließlich besaß Seine Majestät jede Menge davon.
»Also erwägst du es ernsthaft?« Jetzt sahen wir einander an, und meine Hand lag auf der seinen, nicht in Zurückhaltung, sondern in Zustimmung.
Er lächelte lässig.
»Ich bin nicht so alt geworden, weil ich alles geglaubt habe, was man mir erzählt, Sassenach. Vielleicht nehme ich also das freundliche Angebot des Gouverneurs an, vielleicht auch nicht - aber ich will eine ganze Menge mehr darüber erfahren, bevor ich ja oder nein sage.«
»Na ja, es ist schon seltsam, daß er dir ein solches Angebot macht, wo er dich doch gerade erst kennengelernt hat.«
»Es würde mich wundern, wenn ich der einzige wäre, an den er damit herangetreten ist«, sagte Jamie. »Und es ist schließlich kein großes Risiko für ihn, oder? Du hast doch gehört, wie ich ihm gesagt habe, daß ich Katholik bin. Er war nicht weiter überrascht.«
»Stimmt. Er schien es aber nicht für ein Problem zu halten.«
»O nein, das hat er nicht - es sei denn, der Gouverneur beschließt, eins daraus zu machen.«
»Meine Güte.« Meine Einschätzung des Gouverneurs änderte sich rapide, doch ich war mir nicht sicher, ob zum Besseren oder nicht. »Wenn die Dinge also nicht so laufen, wie er sich das vorstellt, braucht er nur verlauten zu lassen, daß du ein Katholik bist, und das Gericht würde uns das Land mit dieser Begründung wieder abnehmen. Andererseits, wenn er stillhält -«
»Und wenn ich tue, was er will, aye.«
»Er ist viel gewiefter als ich dachte«, sagte ich nicht ohne Bewunderung. »Geradezu schottisch.«
Er lachte und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
Die langen Vorhänge am Fenster, die bis jetzt schlaff heruntergehangen waren, blähten sich plötzlich auf und ließen einen Luftzug herein, der nach sandigem Schlamm, Flußwasser und einem schwachen Hauch von frischer Kiefer roch. Die Dämmerung kam mit dem Wind.
Als wäre das ein Signal gewesen, krümmten sich Jamies Finger, und ein leichter Schauder übertrug sich von ihm auf mich, als die kühle Luft auf seinen nackten Rücken traf.
»Ich habe mir vorhin keine Ehre gemacht«, sagte er leise. »Aber wenn du dir sicher bist, daß du im Augenblick nichts auf dem Herzen hast…«
»Nichts«, sagte ich und sah zu, wie das Leuchten von draußen den Umriß seines Kopfes und Halses in Gold tauchte. Sein Mund war immer noch breit und sanft, aber er sah nicht länger wie vierzehn aus.
»Vorerst nicht das geringste.«
8
Ein Mann von Wert
»Gott, ich hasse Schiffe!«
Während mir dieser aus tiefster Seele kommende Abschiedsgruß noch in den Ohren klang, fuhren wir langsam in den Hafen von Wilmington hinaus.
Wir hatten zwei Tage mit Einkaufen und anderen Vorbereitungen verbracht und befanden uns jetzt auf dem Weg nach Cross Creek. Da wir nach dem Verkauf des Rubins genug Geld hatten, war es nicht notwendig gewesen, die Pferde zu verkaufen. Wir hatten Duncan mit den schwereren Ausrüstungsgegenständen im Wagen losgeschickt, und Myers war als Führer mitgefahren. Wir anderen wählten die schnellere und viel bequemere Überfahrt mit Kapitän Freeman an Bord der Sally Ann.
Die Sally Ann war ein Gefährt von einzigartiger und unbeschreiblicher Machart, lang, flach, mit einem quadratischen Vorschiff und einem stumpfen Kiel. Sie hatte ein kleine Kabine, die vielleicht zwei Meter mal zwei Meter maß, und rechts und links davon war vielleicht noch ein halber Meter Platz zum Vorbeigehen. Vorder- und Achterdeck waren etwas geräumiger, wenn letzteres zur Zeit auch weitgehend von Bündeln, Säcken und Fässern bedeckt wurde.
Ein einzelnes Segel war an Mast und Baum über der Kabine gefestigt, so daß die Sally Ann von weitem aussah wie eine Krabbe, die auf einem Kieselstein hockt und eine weiße Fahne schwenkt. Das torfbraune Wasser des Cape Fear schwappte kaum fünfzehn Zentimeter unterhalb der Reling, und die Bodenbretter waren ständig feucht vom langsam eindringenden Wasser.
Dennoch war ich zufrieden. Ungeachtet der beengten Verhältnisse tat es doch gut, auf dem Wasser zu sein, weit weg - wenn auch nur vorübergehend - vom
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