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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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dich. Für immer.«
    Einer der Hunde fing an zu bellen und fegte auf sie zu, doch als er Emma und Princess erkannte, verwandelte sich das wütende Gekläff in fröhliches Schwanzwedeln. Mechanisch saß sie ab und streichelte das struppige Tier, aber alles, woran sie denken konnte, war Carls Liebeserklärung im Garten.
    Ich liebe dich, kratzbürstige Emma …
    Du lieber Himmel, wie hatte sie auch nur eine Sekunde lang glauben können, dass Carl sie verlassen hatte? Er liebte sie, hatte sie immer geliebt, genau so, wie sie war! Er wollte sie nicht anders – nicht sanfter, nicht nachgiebiger, nicht damenhafter, nicht weniger störrisch. Nein, Carl hätte es niemals fertiggebracht, freiwillig von ihr fortzugehen, nicht einmal, wenn sie ungerecht und aggressiv war. In jeder Ehe gab es gute und schlechte Tage, und Carl war nicht so wankelmütig, an einem schlechten Tag gleich alles hinzuwerfen.
    Nur dich, Emma. Ich liebe nur dich. Für immer.
    Zögernd ließ sie ein Quäntchen Zuversicht in ihr Herz. Wenn Carl lebte, dann würde er zu ihr zurückkehren – irgendwann. Sie durfte die Hoffnung nicht aufgeben! Carl war alles für sie, ihr Leben und ihre Liebe. Es konnte, es durfte einfach nicht sein, dass diese Liebe so früh zum Sterben verurteilt sein sollte.
    Nur dich, Carl . Nur dich liebe ich. Für immer.
    Im Wohnraum der Station flammte Licht auf. Mrs Conolly trat mit einer Laterne in der Hand, in ein wollenes Umschlagtuch gehüllt, auf die Veranda und lächelte ihr müde entgegen.
    Emma warf einen letzten Blick in den dunklen Garten. Dann verschloss sie ihre Gefühle tief in ihrem Herzen, erwiderte Mrs Conollys Lächeln und trat mit festem Schritt auf sie zu.

5
    APRIL 1860
    D ie Zeit ohne Carl zog sich dahin wie zäher, erstickender Schleim.
    Aber Emma kämpfte.
    Tag für Tag bemühte sie sich aufs Neue, ihren gewohnten Alltag im Regenwald so zu meistern, als sei alles in Ordnung. Carl, so sagte sie sich, würde es ihr nicht danken, bei seiner Heimkehr auf eine schwermütige Frau, ein vernachlässigtes Baby und brachliegende Forschungen zu treffen. Deshalb musste Emma funktionieren. Musste morgens aufstehen, tagsüber ihren Pflichten nachkommen und abends Schlaf finden. Musste sich liebevoll um Belle kümmern, musste an ihren Aufzeichnungen weiterarbeiten, wenn das Baby schlief, und musste sich zwingen zu essen, obwohl sie niemals Appetit verspürte. Sie musste bei Kräften bleiben. Für ihn.
    Wenn Emma trotzdem das Gefühl hatte, nicht mehr zu können, wenn sie einfach aufgeben und sich irgendwo verkriechen wollte wie ein waidwundes Tier, dann stellte sie sich vor, dass Carl plötzlich vor ihrem Zelt stand. Erschöpft und abgerissen, aber mit einem Lächeln auf den Lippen und vor allem: mit einer guten und vollkommen logischen Erklärung für sein Verschwinden.
    Diese Vorstellung half zuverlässig, sie wieder aufzurichten. Oh ja, Carl würde zu ihr zurückkehren. Es war alles nur eine Frage der Zeit, und deshalb bewahrte Emma Hoffnung und Zuversicht eisern in ihrem Herzen.
    Wie sollte sie auch sonst weiterleben?
    Die Schwarzen behandelten Emma nun vorsichtig und rücksichtsvoll, ganz so, als sei Carl tatsächlich tot. Mitleidige Blicke folgten ihr, wenn sie durch das Lager ging. Es hagelte wohlmeinende Ratschläge in Bezug auf Belle, und beim Abendessen reichte man Emma unaufgefordert die besten Bissen. Alle schienen sich um sie zu sorgen und sie aufmuntern zu wollen. So nett das auch gemeint war, nervte es Emma doch unsäglich, denn es vermittelte ihr beständig das Gefühl, eine trauernde Witwe zu sein. Doch die war sie nicht!
    Birwain schien allerdings genau das zu glauben. Gleich nach ihrer Rückkehr aus Ipswich hatte er Emma beiseitegenommen und ihr versprochen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um ihr den Verlust zu erleichtern. Sie hatte ruhig entgegnet, dass es keinen Verlust gebe, da sie sicher sei, Carl wiederzusehen. Der alte Schamane hatte sie mit einem langen, seltsamen Blick bedacht. Dann hatte er traurig den Kopf geschüttelt.
    Emma hatte sich im ersten Moment über den Alten geärgert, sich dann aber bemüht, Verständnis für Birwains Reaktion aufzubringen. Wie alle Schwarzen glaubte ja auch er, dass Carls Verschwinden die Strafe dafür war, dass Emma der kleinen Belle das Leben gerettet hatte. Oder, noch schlimmer: dass Emma ihre unselige Aufgabe erfüllt hatte, indem sie Carl den Tod gebracht hatte. Kein Wunder, sagte sie sich bitter, dass Birwain ihren Optimismus bezüglich Carls

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