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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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verkehrten. Carl hatte ihr einmal erzählt, dass im Hafen von Ipswich hauptsächlich Wolle verladen wurde, angeliefert von den umliegenden Schafstationen. Die Dampfschiffe dienten aber nicht nur dem Gütertransport, sondern ebenso als Postschiffe, und auch Reisende nahmen sie in Anspruch. Die Fahrt nach Brisbane dauerte auf dem Wasserweg keinen Tag lang.
    Nachdenklich betrachtete Emma das bunte Treiben auf dem Fluss. Brisbane … dort lebten die Dunnings. Ob sie Mr und Mrs Dunnings um Rat fragen sollte? Sie waren Carls älteste und liebste Freunde in Australien. Vielleicht hatten sie ja etwas von ihm gehört?
    Wenn Carl mich wirklich verlassen hat, so sind die Dunnings die Personen, die als Erste davon erfahren werden – und möglicherweise als Einzige.
    Die Idee allerdings, die Dunnings selbst aufzusuchen, verwarf Emma sofort. Sie war sowieso schon drei Tage lang von Belle getrennt, und sie konnte die leise Furcht nicht abschütteln, dass es für das Baby ohne sie nicht sicher im Lager war. Zwar würde Purlimil alles tun, um Belle zu schützen; aber wie hatte Dayindi vor Emmas Abreise gedroht? »Wenn Purlimil auf das Kind aufpasst, so wird der Zorn der Ahnen auch sie treffen!«
    Diesen Zorn fürchtete Purlimil ebenso sehr wie alle anderen Schwarzen, das wusste Emma. Niemand konnte voraussehen, wie lange Purlimil dem Druck des law man standhalten würde und das Baby versorgte. Nein, es kam nicht in Frage, Belle länger allein zu lassen als unbedingt nötig. Emma musste sich noch heute auf den Weg zurück in den Regenwald machen.
    Aber sie könnte den Dunnings einen Brief schreiben. Zur Post musste sie ohnehin.
    Der Brief an die Kolonialregierung lag seit dem frühen Morgen in Emmas Beutel; sie hatte ihn auf der Station verfasst, wo sie als zahlender Gast übernachtet hatte. Schlaf hatte sie sowieso keinen gefunden, stattdessen hatte sie Stunde um Stunde über ihren Formulierungen gebrütet. Es war ihr nicht leichtgefallen, den richtigen Ton zu finden, schließlich sollten ihre Auftraggeber in Sydney den Ernst der Lage begreifen, andererseits ihren fähigsten Forscher aber auch nicht gleich abschreiben. Vielleicht kehrte er ja doch noch zurück …
    »Komm, Princess«, sagte Emma leise zu der braven Stute. »Wir gehen zur Post. Dort kann ich an Mrs Dunnings schreiben und dann beide Briefe abgeben. Danach machen wir uns auf den Heimweg. In zwei, drei Wochen kommen wir wieder her und schauen, ob wir Antworten bekommen haben. Früher hat es wahrscheinlich keinen Sinn, denn manchmal kommen vier Postschiffe pro Tag an, manchmal aber auch tagelang gar keines, und ich kann Belle ja nicht ständig allein lassen, um zur Post zu reiten. Aber vielleicht ist Carl bis dahin ja auch längst wieder bei mir, und ich habe mir alle Sorgen umsonst gemacht. Na ja, es ist immerhin eine Möglichkeit, was meinst du?«
    Eine weiß gekleidete Dame mit Hut und Schleier ging an ihr vorüber und schüttelte missbilligend den Kopf. Emma war einen Augenblick lang von dem abfälligen Blick der Dame verwirrt, bis ihr klar wurde, dass sie die ganze Zeit vor sich hin gebrabbelt hatte. Emma hatte völlig selbstverständlich mit ihrem Pferd gesprochen. Lieber Gott, sie erzählte einem Pferd ihre Pläne! Mehr noch: Sie fragte es um seine Meinung.
    Was Carl wohl dazu gesagt hätte?
    Er hätte gelacht, und dann hätte er mich in den Arm genommen und geküsst. Ihm gefällt es, dass ich nicht so bin wie andere Frauen. Bei ihm darf ich immer genau so sein, wie ich mich fühle. Ach, Carl!
    Das plötzliche Bedürfnis, sich in Carls Armen seiner Liebe zu versichern, überrollte sie wie eine Flutwelle. Die Sehnsucht war so überwältigend und gleichzeitig so hoffnungslos, dass Emma fürchtete, nicht mehr atmen zu können. Am liebsten hätte sie sich an der nächsten Hauswand zu Boden sinken lassen, den Kopf in ihren Armen vergraben und geweint.
    Aber damit war Carl auch nicht geholfen.
    Also wartete sie einfach ab, bis der Augenblick der Schwäche vorüberging. Dann nahm sie einige große Schlucke Wasser aus der Kalebasse, hob das Kinn und setzte schweigend ihren Weg zur Post fort. Was sie tun konnte, um Carl zu finden, das wollte sie tun. Sofort.
    Es war wenig genug.
    Noch am selben Abend machte Emma sich auf den Heimweg in den Regenwald. Sie musste einige Stunden lang durch die Dunkelheit reiten, um die Station zu erreichen, auf der sie Pause machen und die restliche Nacht verbringen würde, doch der nächtliche Ritt schreckte sie nicht. Was konnte ihr

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