Der Ruf des Kookaburra
wenn es mit meiner Forscherlaufbahn bergab geht.«
»Schlagfertig genug wären Sie jedenfalls.«
»Darf ich das als Kompliment nehmen?«
»Ich bitte darum.«
Er betrachtete sie mit einem amüsierten Lächeln. Emma lächelte mit plötzlicher Verlegenheit zurück. Ihr fiel auf, dass seine Brauen über den grüngrauen Augen dicht und dunkel waren, obwohl er blondes Haar hatte. Ein äußerst reizvoller Kontrast.
Er sah überhaupt sehr gut aus.
Warum, um Himmels willen, fällt dir Mr Roberts’ Aussehen auf?!
Sie räusperte sich und wischte die unpassenden Gedanken aus ihrem Kopf. Im Bemühen, die geschäftsmäßige Basis ihres Zusammenseins wiederherzustellen, sagte sie steif: »Gut. Darf ich Sie nun um Ihre Hilfe bitten? Dafür bin ich schließlich gekommen.«
Mr Roberts akzeptierte ihren Stimmungsumschwung, ohne mit der Wimper zu zucken. »Selbstverständlich, Mrs Scheerer. Schießen Sie los.«
Wenig später war der junge Mediziner über Purlimils Zustand im Bilde, Emmas Hoffnungen jedoch, dass er ihr ein Wundermittel gegen Schwermut präsentieren würde, waren deutlich geschrumpft.
»Gibt es denn wirklich gar nichts, was man dagegen tun kann?«, fragte sie zum wiederholten Male. Dabei wiegte sie Belle, die mittlerweile erwacht war, sanft in ihren Armen.
Mr Roberts schüttelte den Kopf. »Ich habe es Ihnen ja schon erklärt: Die einzige Lösung bestünde darin, die junge Frau in ein Irrenhaus einweisen zu lassen. Manchmal wird Schwermut dort mit kalten Güssen behandelt; es gibt Ärzte, die von dieser Vorgehensweise überzeugt sind. Auch Arsen- oder Quecksilbergaben sollen helfen. Ich persönlich bezweifle allerdings den Nutzen solch brachialer Mittel. Um ehrlich zu sein, glaube ich sowieso nicht, dass die Ärzte um eine erkrankte Wilde so viel Aufhebens machen würden.«
Auch wenn es ihr nicht passte, musste Emma sich eingestehen, dass er recht hatte. Sie stellte sich Purlimil im Irrenhaus vor und schauderte: von Weißen, die sämtliche Eingeborenen verachteten, in eine Zelle gesperrt und mit kaltem Wasser traktiert zu werden – nein, alles wäre für Purlimil besser als das. Auch Arsen oder Quecksilber waren Emmas Meinung nach keine gute Lösung, erinnerte sie sich doch an äußerst kritische Bemerkungen ihres Vaters über diese Heilmittel. Ihr Vater war zwar kein Mediziner gewesen wie Mr Roberts, aber immerhin ein sehr fähiger Apotheker.
»Ich fürchte«, sagte Mr Roberts, »Sie können Ihrer Freundin nicht helfen. Sie können lediglich hoffen, dass Purlimil zu den Fällen gehört, bei denen sich die Schwermut irgendwann von allein bessert.«
Irgendwann?
Emma presste die Lippen aufeinander. Sie sperrte sich gegen seine Worte. Es musste etwas geben, was sie tun konnte! Sollte sie denn bei allem, was ihr widerfuhr, stets nur danebenstehen wie eine hilflose Zuschauerin?
»Lassen Sie uns ein paar Schritte gehen«, sagte Mr Roberts und erhob sich. »Sie sehen schon wieder so mitgenommen aus. Bewegung wird Ihnen guttun. Kommen Sie, ich nehme Ihnen das Baby ab.«
»Sie?« Emma war so erstaunt, dass sie Purlimils Probleme für einen Augenblick glatt vergaß.
Mr Roberts zog die dunklen Augenbrauen hoch. »Keine Sorge, ich weiß, wie man Babys trägt. Ich bin erfahrener Onkel von drei kleinen Mädchen und einem Jungen. Also geben Sie mir … Belle, richtig? Und lassen Sie uns einen Spaziergang machen.«
Zögernd reichte Emma ihm das Baby. Belle schenkte dem jungen Forscher ein strahlendes Lächeln, und Mr Roberts lachte. Zufrieden kitzelte er sie am Kinn. »Sehen Sie, die Kleine mag mich.«
»Offensichtlich«, sagte Emma und griff nach der leeren Holztrage. »Das ist erstaunlich!«
Sein intensiver Blick traf den ihren. »Dass sie mich mag?«
»Was? Nein! Ich meinte, erstaunlich, dass Sie so gut mit Babys, äh, Sie als Mann, ich meine, es ist doch ungewöhnlich …«
Sie brach ab. Ihr Gestammel ärgerte sie, und sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Von wegen schlagfertig!
»Tja, Mrs Scheerer, Sie als Frau können wissenschaftlich arbeiten, und ich als Mann kann Babys herumtragen, ohne dass sie in sofortiges Angstgeheul ausbrechen. Es geschehen noch Zeichen und Wunder!«
»In der Tat.« Emma lächelte verlegen.
»Wissen Sie was?«, meinte Mr Roberts aufgeräumt. »Ich habe eine Idee: Ich begleite Sie einfach zum Clan zurück. Dann bekommt Belle ihre Milch, denn sie hat doch bestimmt bald Hunger, nicht wahr? Und wir beide können mit der Arbeit anfangen.«
Emmas Lächeln erstarb. Denn
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