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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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oder? Und die lügen wie gedruckt. Was die über mich gesagt hab’n, dafür sollt ich sie verklagen! Mach ich auch irgendwann. Wo war ich? Ach ja, die Mutter. ›Mach dir keine Sorgen‹, sag ich zu Lula, ›du bist ohne sie besser dran. Scheiß drauf, ob sie sauer wird, wenn wir uns seh’n.‹ Aber meine Lula war ’n gutes Mädchen, sie hat sie trotzdem besucht, so aus Pflichtgefühl, nehm ich an.
    Egal, sie hatte ihr eignes Leben, sie konnt tun und lassen, was sie wollt, oder nich’? Und ’n Freund hatte sie ja auch. Evan. Mir hat das mit den Drogen nich’ gefall’n, echt nich’«, sagte Marlene Higson und reckte den Zeigefinger in die Luft. »Nich’ die Spur. Drogen! Da hab ich schon zu viele dran draufgehn seh’n. Aber hübsch isser schon, muss ich schon sagen. Der war’s nich’. Das schwör ich.«
    »Haben Sie ihn kennengelernt?«
    »Nö. Sie hat ihn ma angeruf’n, wie sie bei mir war, und ich hab sie am Telefon gehört, die war’n ’n ganz reizendes Paar. Über den kann ich nix Schlechtes sagen. Der war’s nich’, das is bewiesen. Nein, über den kann ich nix Schlechtes sagen. Meinen Segen hatten sie, solang er clean war. ›Bring ihn mal mit‹, hab ich gesagt, ›ma seh’n, ob er mir gefällt.‹ Hat sie aber nich’. Der hatte ja immer viel um die Ohren. Sieht aber gut aus. Wenn die Haare nur nich’ so lang wär’n! Sieht man ja auf den Fotos, wie hübsch er is.«
    »Hat sie mit Ihnen mal über ihre Nachbarn gesprochen?«
    »Was, Fred Biestigwie? Mein’ Sie den? Ja, von dem hat sie ma erzählt, der hat ihr Rollen in seinen Filmen angeboten. Warum nich’, hab ich gesagt. Könnt doch ganz lustig wer’n. Und wenn’s ihr nich’ gefallen hätt – was hätt sie bekomm’, ’ne halbe Million?«
    Ihre zusammengekniffenen, geröteten Augen starrten ins Leere. Allein die Erwähnung dieser gewaltigen, schwindelerregenden Summe, die für sie so abstrakt war wie die Unendlichkeit, schien sie kurzzeitig in einen Trancezustand zu versetzen. Der Gedanke an die Macht des Reichtums war wie ein süßer Geschmack, den sie sich auf der Zunge zergehen ließ.
    »Hat sie Guy Somé ebenfalls erwähnt?«
    »Klar, den Gi, den mochte sie, der war gut zu ihr. Sein Zeug gefällt mir ja nich’ so. Ich persönlich hab ja eher ’n klassischen Stil.«
    Das grellpinke Lycratop saß eng auf den Speckrollen, die über den Bund ihrer Leggins quollen, als sie sich vorbeugte, um die Zigarette sorgfältig im Aschenbecher auszudrücken.
    »›Er is wie ’n Bruder‹, hat sie gesagt, und ich so: ›Scheiß auf die falschen Brüder, wieso suchen wir nicht deine echten?‹ Aber sie wollt nich’.«
    »Echte Brüder?«
    »Meine Jungs, meine andern Kinder. Ich hatte nach ihr noch zwei. Eins mit Dez und später dann noch eins. Das Jugendamt hat sie mir weggenomm’, aber ich hab ihr gesagt: ›Mit deinem Geld finden wir sie, ich brauch nich’ viel, nur, was weiß ich, ein paar Tausend, und dann heuer ich jemand an, der sie findet, und die Presse kriegt nix mit, das mach ich schon, ich halt dich da raus.‹ Aber sie wollt nich’.«
    »Wissen Sie, wo Ihre Söhne sind?«
    »Die war’n noch Babys, als sie sie mir weggenomm’ hab’n. Keine Ahnung, ich hatte Probleme. Ich hatte ’n echt hartes Leben, wissen Sie?«
    Von dem sie ihm in aller Ausführlichkeit erzählte. Es war eine traurige Geschichte voller gewalttätiger Männer, Abhängigkeiten und Vernachlässigungen, Gefühlskälte und Armut und einem geradezu animalischen Überlebenstrieb. Ein Leben, in dem Babys – da sie Bedürfnisse hatten, die Marlene niemals erfüllen konnte – keinen Platz hatten.
    »Also wissen Sie nicht, wo sich Ihre beiden Söhne derzeit aufhalten?«
    »Scheiße, nein, wie denn auch?«, sagte Marlene verbittert. »Hat sie ja auch nich’ interessiert, oder? Sie hatte ja schon ’n Bruder, ’n weißen. Jetz’ wollt sie ’ne schwarze Familie, das wollt sie.«
    »Hat sie Sie nach ihrem Vater gefragt?«
    »Ja, und ich hab ihr alles gesagt, was ich weiß. ’n Student aus Afrika, hat über mir gewohnt, gleich hier die Straße runter. In der Barking Road, mit noch zwei andern. Da, wo jetz’ das Wettbüro is. War ’n hübscher Kerl. Hat mir paarmal die Einkäufe reingetrag’n.«
    Marlene Higsons Schilderung zufolge hatten sie mit beinahe viktorianischer Zurückhaltung zarte Bande geknüpft. Angeblich waren sie und der afrikanische Student in den ersten Monaten nicht über einen Händedruck hier und da hinausgekommen.
    »Und später, weil er mir

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