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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Heftstreifen aus Metall und eine beträchtliche Menge kleiner, unbenutzter blauer Notizbücher, die einen Hauch von Bürokratie verströmten. Robin, mit ihrer Erfahrung in der Welt der Büros, vermutete, dass sie aus dem Büromateriallager irgendeiner Behörde entwendet worden waren.
    Hin und wieder klingelte das Telefon. Ihr neuer Chef schien viele Namen zu tragen. Ein Mann fragte nach »Oggy«, ein anderer nach »Monkey Boy«, und eine trockene Stimme verlangte knapp, »Mr. Strike« möge Mr. Peter Gillespie so schnell wie möglich zurückrufen. Nach jedem Telefonat wählte Robin Strikes Handynummer und wurde zur Mailbox weitergeleitet, auf der sie ihm eine Nachricht hinterließ. Dann notierte sie den Namen und die Kontaktinformationen eines jeden Anrufers auf einem Post-it, trug diesen in Strikes Büro und klebte ihn fein säuberlich auf seinen Schreibtisch.
    Der Presslufthammer dröhnte währenddessen unentwegt weiter. Gegen zwei Uhr knarzte die Decke. Der Bewohner des über ihnen liegenden Stockwerks wurde allmählich aktiv; davon abgesehen war es so still, als wäre Robin allein im Gebäude. Die Einsamkeit sowie das überwältigende Glücksgefühl, das ihr jedes Mal die Brust zu sprengen drohte, wenn ihr Blick auf den Ring an ihrer linken Hand fiel, ließen sie kühner werden, und sie fing an, den winzigen Raum, der sich derzeit in ihrer Verantwortung befand, aufzuräumen und zu putzen.
    Unter der Schäbigkeit und der alles bedeckenden Schmutzschicht entdeckte Robin schnell eine strenge Ordnung, die ihrem eigenen strukturierten und akkuraten Wesen durchaus entgegenkam. Die braunen Aktendeckel in den Regalen hinter ihrem Schreibtisch (die in den heutigen Zeiten neonfarbenen Plastiks seltsam antiquiert wirkten) waren nach Datum sortiert und auf dem Rücken aufsteigend durchnummeriert. Sie öffnete eine Akte und stellte fest, dass die Heftstreifen lose, mit einer schwer entzifferbaren Handschrift beschriebene Blätter zusammenhielten. Vielleicht arbeitete die Polizei ja so; vielleicht war Strike ein ehemaliger Polizist.
    In der mittleren Schublade des Aktenschranks entdeckte Robin neben dem Stapel rosaroter Morddrohungen, den Strike erwähnt hatte, ein dünnes Bündel Vertraulichkeitsvereinbarungen. Sie nahm eine davon heraus: Es war ein einfaches Formular, in dem sich der Unterzeichnende verpflichtete, außerhalb der Arbeitszeiten mit niemandem über die Namen und Informationen zu sprechen, die Gegenstand seiner Tätigkeit waren. Robin überlegte einen Augenblick, dann versah sie eines der Formulare sorgfältig mit Datum und Unterschrift, trug es in Strikes Büro und legte es auf seinen Schreibtisch, damit er es auf der gepunkteten Linie gegenzeichnen konnte. Dieses einseitige Schweigegelübde gab ihr etwas von dem geheimnisumwitterten Glanz zurück, den sie hinter der gravierten Glastür erwartet hatte – bevor diese sich geöffnet und Strike sie um ein Haar die Treppe hinabgestoßen hatte.
    Als sie das Formular auf dem Tisch platziert hatte, fiel ihr Blick auf die Sporttasche in der Ecke hinter dem Aktenschrank. Ein dreckiger Hemdzipfel, ein Wecker und ein Kulturbeutel lugten zwischen den Zähnen des geöffneten Reißverschlusses hervor. Robin eilte ins Vorzimmer zurück und schloss die Zwischentür hinter sich, als hätte sie versehentlich etwas Peinliches und sehr Privates zu Gesicht bekommen. Sie ahnte, dass die Tasche etwas mit der dunkelhaarigen Schönheit, die am Morgen aus dem Haus gestürmt war, mit Strikes diversen Verletzungen und mit seiner – wie ihr im Nachhinein klar wurde – zwar verspäteten, aber entschlossenen Verfolgung dieser Frau zu tun hatte. Ihre Verlobung hatte sie in einen Freudentaumel versetzt, in dem Robin bereitwillig jeden Menschen, dem ein weniger erfülltes Liebesleben beschert war, aus tiefstem Herzen hätte bedauern müssen – was ihr jedoch angesichts der Verzückung, die sie empfand, wenn sie an ihr eigenes paradiesisches Glück dachte, derzeit schlichtweg unmöglich war.
    Da ihr vorübergehender Chef um fünf Uhr immer noch nicht aufgetaucht war, beschloss Robin, Feierabend zu machen. Sie summte leise, während sie ihren Stundenzettel ausfüllte. Als sie den Trenchcoat zuknöpfte, war aus dem Summen ein Liedchen geworden. Dann schloss sie das Büro hinter sich ab, warf den Ersatzschlüssel durch den Briefschlitz, stieg vorsichtig die Eisenstufen hinab und machte sich auf den Weg nach Hause, zu Matthew.

7
    Strike hatte den frühen Nachmittag im Gebäude der University of

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