Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

klingelte, und Strike unterschrieb die Empfangsbestätigung für ein sperriges Paket mit der Absenderadresse Scotland Yard. Unter der Verpackung kam ein dicker grauer Aktenordner voller Fotokopien zum Vorschein. Strike setzte sich an Robins Schreibtisch und machte sich daran, den Inhalt Seite für Seite durchzuarbeiten.
    Vor ihm lagen die Aussagen der Zeugen, die Lula Landry an ihrem letzten Abend gesehen hatten; ein Bericht über die DNS -Spuren, die in ihrer Wohnung gesichert worden waren; fotokopierte Seiten aus dem Besucherbuch, das der Sicherheitsdienst in den Kentigern Gardens 18 führte; Einzelheiten über die Medikamente, die Lula verschrieben worden waren, um die bipolare Störung in den Griff zu bekommen; der Autopsiebericht; medizinische Unterlagen aus dem vorangegangenen Jahr; Verbindungsübersichten ihrer Mobil- und Festnetzanschlüsse; und schließlich eine Zusammenfassung dessen, was man auf dem Laptop des Models gefunden hatte. Außerdem hatte Wardle noch eine DVD beigelegt, auf deren Hülle er Straßenaufnahmen – Läufer gekritzelt hatte.
    Das DVD -Laufwerk auf Strikes gebraucht gekauftem Computer hatte von Anfang an nicht funktioniert; darum ließ er die Scheibe in die Tasche des Mantels gleiten, der an der Garderobe neben der Glastür hing, schlug sein Notizbuch auf und widmete sich wieder der Durchsicht des Materials aus dem Aktenordner.
    Draußen wurde es allmählich dunkel, und der goldene Lichtkegel der Schreibtischlampe beschien die Dokumente, die Strike Seite für Seite durchlas und die alles in allem auf einen Suizid hatten schließen lassen. Inmitten der aufs Wesentliche reduzierten Aussagen, der minutiös katalogisierten Zeitabläufe, der kopierten Medizinflaschen-Etiketten aus Landrys Badezimmerschrank spürte Strike jener Wahrheit nach, die er unter Tansy Bestiguis Lügen erahnte.
    Die Obduktion hatte ergeben, dass Lula bei dem Aufprall auf der Straße zu Tode gekommen und dass sie an Genickbruch sowie schwersten inneren Blutungen gestorben war. An den Oberarmen hatte man mehrere Hämatome festgestellt. Sie hatte bei ihrem Sturz nur einen Schuh angehabt. Die Fotos von der Leiche bestätigten die Behauptung auf LulaMyInspirationForeva, dass Landry sich nach ihrer Rückkehr aus dem Club umgezogen hatte: Statt des Kleids, das sie auf den Fotos von ihrer Heimkehr angehabt hatte, trug der Leichnam ein Paillettentop und eine Hose.
    Strike konzentrierte sich auf die voneinander abweichenden Aussagen, die Tansy gegenüber der Polizei gemacht hatte; laut der ersten war sie nachts auf direktem Weg ins Bad gegangen; laut der zweiten hatte sie unterwegs das Wohnzimmerfenster geöffnet. Freddie, hatte sie erklärt, habe währenddessen im Bett gelegen und geschlafen. Die Polizei hatte auf der Marmoreinfassung der Badewanne Spuren und in einer Tamponschachtel im Medizinschrank über dem Waschbecken ein ganzes Tütchen voll Kokain entdeckt.
    Freddie hatte bei seiner Vernehmung bestätigt, dass er geschlafen habe, als Landry vom Balkon stürzte, und dass er von den Schreien seiner Frau geweckt worden sei; er hatte erklärt, er sei ins Wohnzimmer gelaufen, und im selben Moment sei Tansy in Unterwäsche an ihm vorbeigerannt. Die Vase mit den Rosen, die er Macc geschickt und die ein ungeschickter Polizist umgestoßen hatte, habe er, wie er zugab, als Willkommensgruß gedacht, um den Rapper näher kennenzulernen; ja, er hätte gern Bekanntschaft mit ihm geschlossen, und ja, ihm sei der Gedanke gekommen, dass Macc gut in einen Thriller passen würde, den er produzieren wollte. Dass er angesichts des ruinierten Blumengrußes derart überreagiert hatte, sei auf den Schock über Landrys Tod zurückzuführen. Anfangs habe er seiner Frau geglaubt, dass sie oben einen Streit gehört hätte; später jedoch habe er sich gezwungenermaßen der Auffassung der Polizei anschließen müssen, dass Tansys Schilderung auf ihren Kokainkonsum zurückzuführen sei. Ihr Drogenproblem habe ihre Ehe sehr belastet; wie er der Polizei gegenüber eingeräumt hatte, sei ihm durchaus bewusst gewesen, dass seine Frau regelmäßig illegale Substanzen konsumierte, allerdings habe er nicht geahnt, dass sie an jenem Abend einen Vorrat in ihrer Wohnung gebunkert hatte.
    Des Weiteren hatte Bestigui erklärt, dass er und Landry einander nie in ihren Wohnungen besucht und dass sie auch bei ihrem zeitgleichen Aufenthalt bei Dickie Carbury (von dem die Polizei offenbar erst später erfahren hatte, da man Freddie nach seiner ersten Aussage noch