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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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Lücke von mehreren Stunden, in denen sie mit niemandem telefoniert hatte, und dann, um 13.21 Uhr, hatte sie angefangen, unausgesetzt und praktisch abwechselnd zwei Nummern anzurufen. Zum einen die von Duffield; die andere gehörte dem krakeligen Vermerk neben ihrer ersten Nennung zufolge Tony Landry. Immer wieder hatte sie die beiden Männer angerufen. Hier und da gab es Pausen von etwa zwanzig Minuten; dann hatte sie wieder angefangen zu telefonieren, höchstwahrscheinlich indem sie die Wahlwiederholungstaste gedrückt hatte. Diese hektischen Anrufe, folgerte Strike, musste Lula getätigt haben, während sie sich mit Bryony Radford und Ciara Porter in ihrer Wohnung aufgehalten hatte, allerdings hatte keine der beiden bei der Vernehmung wiederholte Telefonate erwähnt.
    Strike wandte sich wieder Tony Landrys Aussage zu, die jedoch keinerlei Aufschluss darüber gab, warum seine Nichte unbedingt mit ihm hatte telefonieren wollen. Er habe sein Mobiltelefon während der Konferenz lautlos gestellt und erst viel später entdeckt, dass seine Nichte ihn an jenem Nachmittag immer wieder angerufen hatte. Er hatte keine Ahnung, weshalb sie ihn unbedingt hatte erreichen wollen, und er hatte sie auch nicht zurückgerufen, was er damit begründete, dass sie mittlerweile aufgehört hatte, ihn anzurufen, und er, ganz zu Recht übrigens, vermutet habe, sie sei in irgendeinem Club.
    Inzwischen gähnte Strike im Minutentakt; er überlegte, ob er sich einen Kaffee machen sollte, konnte sich aber nicht dazu aufraffen. Am liebsten hätte er sich hingelegt, aber er war es gewohnt, anstehende Aufgaben sofort zu erledigen, und so blätterte er weiter zu den kopierten Seiten aus dem Besucherbuch des Sicherheitsdienstes von Nummer 18, in dem verzeichnet worden war, welche Besucher am Tag vor Lulas Tod das Haus betreten hatten. Die gewissenhafte Prüfung der Unterschriften und Initialen ergab, dass Wilson bei seiner Buchführung nicht annähernd so penibel gewesen war, wie seine Arbeitgeber es sich sicherlich vorstellten. Wie Wilson Strike bereits erklärt hatte, wurden die Bewegungen der Hausbewohner selbst nicht aufgezeichnet; daher gab es keine Einträge über das Kommen und Gehen von Landry und den Bestiguis. Als Ersten hatte Wilson an jenem Tag um 9.10 Uhr den Briefträger aufgeführt; danach, um 9.22 Uhr, folgte Florist Lieferung Whg. 2 ; schließlich, um 9.50 Uhr, Securibell . Wann der Alarmanlagentechniker wieder gegangen war, war nicht vermerkt.
    Ansonsten war es (wie Wilson erzählt hatte) ein ruhiger Tag gewesen. Ciara Porter war um 12.50 Uhr eingetroffen; Bryony Radford um 13.20 Uhr. Während Radford persönlich unterschrieben hatte, als sie um 16.40 Uhr gegangen war, waren die Ankunft eines Cateringservices, der um 19.00 Uhr die Bestiguis beliefert hatte, Ciaras Aufbruch mit Lula um 19.15 Uhr und die Abfahrt der Cateringleute um 21.15 Uhr in Wilsons Handschrift hinzugefügt worden.
    Strike ärgerte sich darüber, dass die Polizei nur die Einträge dieses einen Tages kopiert hatte; er hatte gehofft, dass er irgendwo in den Seiten vielleicht auf den Nachnamen der rätselhaften Rochelle stoßen würde.
    Es war schon fast Mitternacht, als er sich endlich dem Polizeibericht über Landrys Laptop widmete. Offenbar hatte man hauptsächlich nach E-Mails gesucht, die auf suizidale Gedanken oder Absichten schließen ließen, doch dahingehend war man nicht fündig geworden. Strike überflog die E-Mails, die Landry in den letzten zwei Wochen ihres Lebens versandt und empfangen hatte.
    Es mochte vielleicht merkwürdig klingen, aber die zahllosen Abbildungen ihrer unwirklichen Schönheit hatten es Strike keineswegs erleichtert, sondern im Gegenteil erschwert, Lula Landry als Menschen aus Fleisch und Blut wahrzunehmen. Ihre Gesichtszüge waren so allgegenwärtig, dass sie zu etwas Abstraktem, Allgemeingültigem geworden waren, selbst wenn ihr Gesicht einzigartig in seiner Schönheit gewesen war.
    Erst jetzt stieg aus den Seiten voller spröder schwarzer Zeichen, aus den in eigenwilliger Rechtschreibung verfassten, mit Insiderwitzen und Spitznamen gespickten Nachrichten der Geist der toten jungen Frau in die Atmosphäre seines düsteren Büros auf. Ihre E-Mails vermittelten etwas, das die zahllosen Fotografien nicht hatten transportieren können: die instinktive, nicht mehr nur rationale Gewissheit, dass auf dieser verschneiten Londoner Straße ein echter, lebender, lachender und weinender Mensch gestorben war. Strike hatte gehofft, in diesem Wust

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