Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)
Strike, obwohl er genau wusste, wer sie war.
»Visagistin. Verlangt ein Vermögen und ist ’ne verdammte Schlampe«, sagte Ursula. »Ich hab sie ein einziges Mal engagiert, vor einem Ball der Gorbatschow-Stiftung, und danach hat sie überall rumerzählt, ich …«
Ursula verstummte abrupt, stellte ihr Glas ab und griff stattdessen nach ihrer Kaffeetasse. Strike, den brennend interessierte, was Bryony herumerzählt hatte, auch wenn es in diesem Fall irrelevant sein mochte, hob an zu sprechen, aber Tansy fiel ihm ins Wort.
»Oh, und dann gab es auch noch dieses schreckliche Mädchen, das Lula manchmal mitgebracht hat. John, erinnerst du dich?«
Wieder appellierte sie an Bristow, der jedoch verständnislos dreinblickte.
»Du weißt schon, dieses grässliche … dieses wirklich scheußliche farbige Mädchen, das sie manchmal angeschleppt hat. Eine Art Stadtstreicherin. Ich meine … Die hat gestunken, die hat buchstäblich gestunken. Wenn die im Aufzug war … konnte man es riechen. Sie hat sie sogar in den Pool gelassen. Ich wusste gar nicht, dass Schwarze schwimmen können.«
Bristows Augenlider flatterten, er war wieder rot im Gesicht.
»Weiß der Teufel, was Lula mit ihr wollte«, sagte Tansy. »Oh, du musst dich an sie erinnern, John! Sie war fett. Ungepflegt. Hat ein bisschen minderbemittelt gewirkt.«
»Ich weiß nicht …«, murmelte Bristow.
»Meinen Sie Rochelle?«, fragte Strike.
»Oh ja, so hat sie geheißen, glaube ich. Jedenfalls war sie auf der Beerdigung. Sie ist mir aufgefallen. Hat ganz hinten gesessen. Bitte, Sie denken doch daran, nicht wahr«, sagte Tansy, und sie richtete die ganze Energie ihrer dunklen Augen auf Strike, »dass all dies hier inoffiziell ist. Ich meine, ich kann es mir nicht leisten, dass Freddie erfährt, dass ich mit Ihnen geredet habe. Ich habe keine Lust, diesen ganzen Pressetrubel noch einmal durchzumachen. Die Rechnung, bitte«, blaffte sie den Kellner an.
Als die Rechnung kam, reichte Tansy sie kommentarlos an Bristow weiter.
Während die Schwestern sich zum Gehen bereit machten, ihre glänzend braunen Mähnen über die Schultern warfen und in ihre teuren Jacken schlüpften, ging die Tür des Restaurants auf, und ein großer, hagerer Mann von etwa sechzig Jahren in einem teuren Anzug trat ein, sah sich um und kam geradewegs auf ihren Tisch zu. Er war silberhaarig, sah distinguiert aus und war makellos gekleidet, aber der Blick seiner blassblauen Augen wirkte eisig. Sein Gang war energisch und zielstrebig.
»Das nenne ich eine Überraschung«, sagte er ruhig, als er zwischen den Stühlen der beiden Frauen stehen blieb. Keiner der drei anderen hatte den Mann kommen sehen, und außer Strike ließen alle zu gleichen Teilen Überraschung und deutliches Missfallen an seinem Auftauchen erkennen. Tansy und Ursula erstarrten für Bruchteile einer Sekunde – Ursula, die im Begriff gewesen war, ihre Sonnenbrille hervorzuholen, immer noch mit einer Hand in ihrer Handtasche.
Tansy erholte sich als Erste.
»Cyprian«, sagte sie und bot ihm die Wange, um sie küssen zu lassen. »Was für eine wundervolle Überraschung!«
»Ich dachte, du wärst einkaufen, Ursula, meine Liebe?«, sagte er, ohne seine Frau aus den Augen zu lassen, während er Tansy flüchtig auf beide Wangen küsste.
»Wir haben eine Lunchpause gemacht, Cyps«, antwortete sie, aber ihr Teint war gerötet, und Strike spürte eine undefinierbare Aggressivität in der Luft.
Die blassen Augen des älteren Mannes glitten bewusst über Strike hinweg und fixierten Bristow.
»Ich dachte, Tony sei für deine Scheidung zuständig, Tansy«, sagte er.
»Das ist er auch«, sagte sie. »Dies war kein Arbeitsessen, Cyps. Rein gesellschaftlich.«
Er lächelte eisig.
»Dann lasst mich euch hinausbegleiten, meine Lieben.«
Nach einer flüchtigen Verabschiedung von Bristow und ohne ein einziges Wort zu Strike ließen die beiden Schwestern sich von Ursulas Ehemann aus dem Restaurant geleiten. Als die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, fragte Strike Bristow: »Was war das denn gerade?«
»Das war Cyprian«, sagte Bristow. Er wirkte fahrig, als er an seiner Kreditkarte und der Rechnung herumfingerte. »Cyprian May. Ursulas Ehemann. Seniorpartner in der Firma. Ihm wird es nicht gefallen, dass Tansy mit Ihnen gesprochen hat. Ich frage mich, woher er wusste, dass wir hier sind. Vermutlich hat er es von Alison …«
»Wieso sollte es ihm nicht passen, dass sie mit mir redet?«
»Tansy ist seine Schwägerin«, sagte
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