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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Galbraith
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respektierte und ihre Neugier im Zaum hielt. Diese Eigenschaften, dachte Strike, während er mit einem Schritt zur Seite einem Radfahrer auswich, waren ihm weiß Gott selten genug begegnet und noch seltener bei Frauen. Allerdings trug die Gewissheit, dass Robin ihn bald verlassen würde, entscheidend dazu bei, dass er ihre Gesellschaft genoss; genau wie ihr Verlobungsring zeigte ihm die Tatsache, dass sie bald eine neue Stelle antreten würde, seine Grenzen auf, und darüber war er froh. Er mochte Robin; er war ihr dankbar; er war sogar (seit diesem Vormittag) beeindruckt von ihren Fähigkeiten; aber als Mann mit scharfem Blick und unbeschädigter Libido sah er auch jeden Tag, an dem sie sich über den Computermonitor beugte, dass sie ausgesprochen sexy war. Nicht atemberaubend schön; nicht zu vergleichen mit Charlotte; aber nichtsdestoweniger attraktiv. Das war ihm nie so deutlich vor Augen geführt worden wie in dem Moment, als sie in diesem hautengen grünen Kleid aus der Kabine getreten war, und darum hatte er unwillkürlich den Blick abgewandt. Sie hatte ihn bestimmt nicht provozieren wollen, aber er spürte nur zu gut, wie umsichtig er auf dem schmalen Grat wandern musste, wenn er nicht abstürzen wollte. Sie war der einzige Mensch, mit dem er regelmäßig Kontakt hatte, und ihm war klar, wie empfänglich er zurzeit war; abgesehen davon hatte er aus einigen zögerlichen, ausweichenden Antworten geschlossen, dass ihr Verlobter nicht einverstanden gewesen war mit ihrem spontanen Entschluss, die Zeitarbeitsagentur zu verlassen, um weiterhin für ihn zu arbeiten. Es war in jeder Hinsicht sicherer, wenn ihre knospende Freundschaft nicht allzu üppig erblühte; und daher hatte er ihre in Grün gehüllte Figur lieber nicht allzu offen bewundert.
    Strike war noch nie in der Serpentine Bar and Kitchen gewesen, einem eindrucksvollen Bau am Seeufer, der verblüffend einer futuristischen Pagode ähnelte. Das schwere weiße Dach sah aus wie ein riesiges, auf den aufgeschlagenen Seiten liegendes Buch und wurde von gefältelten Glaswänden getragen. Eine riesige Trauerweide flankierte das Restaurant und strich mit ihren Zweigen über die Wasseroberfläche.
    Obwohl der Tag kühl und windig war, hatte man im Sonnenschein einen prächtigen Blick auf den See. Strike entschied sich für einen Tisch auf der Terrasse direkt am Wasser, bestellte ein Pint Doom Bar und las seine Zeitung.
    Bristow hatte sich bereits um zehn Minuten verspätet, als ein großer, distinguierter, teuer gekleideter Mann mit rotbraun getönten Haaren an Strikes Tisch stehen blieb.
    »Mr. Strike?«
    Mit seinem vollen Haar, dem kräftigen Kinn und den scharfen Wangenknochen sah der Mann, der wohl Ende fünfzig war, aus wie ein mäßig prominenter Schauspieler, der in einer Fernsehserie den Geschäftsmann spielen soll. Strike mit seinem ausgezeichneten Gedächtnis für Gesichter erkannte in ihm augenblicklich den großen Mann wieder, der auf den von Robin zusammengestellten Fotos von Lula Landrys Beerdigung ausgesehen hatte, als blicke er missbilligend auf die übrige Trauergemeinde hinab.
    »Tony Landry. Johns und Lulas Onkel. Darf ich mich setzen?«
    Strike konnte sich nicht entsinnen, jemals eine so unaufrichtige Grimasse als Lächeln vorgesetzt bekommen zu haben; ein nacktes, strahlend weißes Zähneblecken. Landry schlüpfte aus seinem Mantel, drapierte ihn über die Lehne des Stuhls gegenüber und ließ sich nieder.
    »John wurde in der Kanzlei aufgehalten«, erklärte er. Der Wind fuhr ihm durchs Haar und entblößte Geheimratsecken. »Er hat Alison gebeten, Sie anzurufen und Ihnen Bescheid zu geben. Ich kam zufällig gerade an ihrem Schreibtisch vorbei und dachte, ich könnte die Nachricht auch persönlich überbringen. Ich wollte ohnehin unter vier Augen mit Ihnen reden. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie mich kontaktieren; ich weiß, dass Sie sämtliche Bekannte meiner Nichte abklappern.«
    Aus der Innentasche seines Sakkos zog er eine Brille mit Metallrahmen, setzte sie auf und konsultierte kurz die Speisekarte. Strike nahm einen Schluck Bier und wartete.
    »Wie ich höre, haben Sie mit Mrs. Bestigui gesprochen?« Landry legte die Speisekarte wieder beiseite, nahm die Brille ab und schob sie in die Sakkotasche zurück.
    »Stimmt«, sagte Strike.
    »Ja. Nun, Tansy hat zweifelsfrei die besten Absichten; aber sie tut sich keinen Gefallen, wenn sie weiterhin auf einer Version der Ereignisse besteht, die unmöglich der Wahrheit entsprechen kann, wie

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