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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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gemacht«, sagte Mum.
    Ich liebte die bröckelige Süßigkeit, nahm mir ein paar Stücke und ging auf mein Zimmer.
    An diesem Morgen hatte ich noch daran geglaubt, der Marabut würde Iris finden. Aber jetzt schien das tatsächlich ein bisschen weit hergeholt. Mum hatte wahrscheinlich recht. Wie wollten sie sie denn in einem riesigen Mangrovenwald finden? Sie konnte überall sein.
    Ich schaltete den Computer ein und schaute nach E-Mails.
    Jeneba hatte wieder geschrieben, mit einem Anhang.
    Ich wagte es kaum, die Mail zu öffnen. Falls es schlechte Nachrichten waren, würde ich sie nur schwer ertragen.
    Ich klickte auf die E-Mail. Keine Nachricht, nur ein Attachment.
    Ich hielt den Atem an.
    Und öffnete es.
    Vom Bildschirm blickte mir Iris mit ihren leuchtend gelben Augen direkt ins Gesicht. Ein Paar große dunkelbraune Hände hatten sich um ihren Körper gelegt. Ihre Federn waren zerfleddert und hatten ihren Glanz verloren. Und ein Bein hing schlaff herunter. Aber es war eindeutig Iris.
    Sie lebte.

Kapitel 30
    »Wahnsinn«, sagte Euan, »dass sie sie wirklich gefunden haben.« Am nächsten Tag setzte er sich nach der Schule an meinen Computer und schaute das Foto von Iris an.
    »Du hast noch eine E-Mail bekommen«, sagte Rob, »und noch ein Bild.«

    Von: Jeneba Kah
Gesendet: 11. Oktober, 15:30 WEZ

    Betreff: Iris

    Hallo Callum!
Hoffentlich hast Du gestern das Foto bekommen. Max hat es mit seiner Kamera aufgenommen. Als ich es senden wollte, ist der Computer abgestürzt und Dr. Jawara war darüber nicht sehr glücklich. Aber Max hat den Computer wieder in Gang gebracht und mir wurde erlaubt, ihn noch einmal zu benutzen.
    Gestern war ein aufregender Tag. Zusammen mit meinem Vater und dem Marabut haben sich alle Dorfbewohner in ihre Boote gesetzt. Ich wünschte, auch ich hätte dabei sein können. Max hat mir die Fotos gezeigt. Es war wie eine große Party, meint er. Der Marabut hat allen gesagt, sie sollten das Dickicht durchsuchen und abgestorbene Bäume. Er hat gesagt, Iris sei nicht weit von dem Ort entfernt, den mein Vater und Max einen Tag vorher erkundet hatten.

    Den ganzen Nachmittag haben sie nach Iris gesucht. Mein Bruder hat sie im hohlen Stamm eines morschen Baumes gefunden.

    Die Fischer haben gestern viel Fisch gefangen. Iris hat ihnen Glück gebracht.

    Max pflegt Iris in einem Bretterschuppen direkt neben seiner Wohnung. Sie ist sehr geschwächt. Er hat sie durch eine Magensonde mit Fischmus gefüttert, weil sie zu krank ist, um sich selbst zu versorgen. An ihrem Fuß ist eine alte Schnittwunde, die sich entzündet hat. Deshalb gibt ihr Max Antibiotika.

    Max wollte Iris auf die Station bringen, um sie mir zu zeigen, aber Mama Binta war wirklich böse auf ihn. Sie hat gesagt, sie will auf ihrer Station kein »fischendes Hühnchen« haben. Für Mama Binta sind alle Vögel Hühnchen. Vergangene Woche hatten sich drei Ziegen ins Krankenhaus verirrt und haben ein paar Bettdecken angefressen. Mama Binta war so sauer auf die alten Ziegen, dass sie sie fast in den Schmortopf gesteckt hätte.

    Mama Binta ist hier die Oberschwester. Sie sieht alles. Wenn die Sachen nicht makellos sauber sind, dann ist sie wie ein Krokodil mit einem schlimmen Zahn. Selbst die Ärzte fürchten sich vor ihr.

    Sie sagt, dass ich die Leute mit all meinen Fragen belästige und die anderen Kinder auf der Station vom Schlafen abhalte. Deshalb hat sie mich in Doktor Jawaras Büro getragen, damit ich Dir schreiben kann.

    Ich höre schon Mama Binta kommen, um mich zu holen, also muss ich jetzt Schluss machen. Ich habe noch ein Foto angehängt, das Max gemacht hat. Ich schreib Dir von Iris, wenn ich kann.

    Deine Freundin Jeneba
    Ich klickte auf den Anhang, um Iris zu sehen, als bräuchte ich noch einen Beweis dafür, dass sie lebte. Aber auf dem Foto war nicht Iris abgebildet, sondern ein Mädchen mit dunkelbrauner Hautfarbe und dem breitesten Lächeln, das ich je gesehen hatte.
    Das war Jeneba.
    »Das ist wirklich sie?«, fragte Euan und schob Robs Kopf aus dem Weg.
    »Ich glaub schon«, sagte ich.
    Wir starrten alle auf das Foto. Jeneba saß aufrecht in einem Krankenhausbett, mit zwei riesigen Gipsverbänden um die Beine. Neben ihr, im selben Bett, schlief ein viel jüngeresKind. Das Bettgestell sah alt aus, wie aus dem Antiquitätenladen. Durch den abgestoßenen weißen Lack, der Blasen warf, schimmerte roter Rost. Im Hintergrund beugte sich eine große Krankenschwester in blauer Uniform über ein Bett, in dem drei kleine Kinder

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