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Der Ruf des Satyrs

Der Ruf des Satyrs

Titel: Der Ruf des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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drehte sie sich in ihrem unentwegten Hin und Her um, ohne den Ausgrabungen auf dem Forum jenseits des Geländers Beachtung zu schenken. Leise probte sie die Worte, die sie sagen wollte, wenn sich die Tür auf der anderen Straßenseite endlich öffnete, um die Matriarchin der Familie Patrizzi auszuspucken.
    »Können wir hinuntergehen und durch die Ruinen spazieren?«, fragte Mimi nun schon zum wohl fünfzigsten Mal. Sie hatte Mimi und Lena mitgenommen, damit sie hier mit ihr spazieren gingen und so einen Vorwand für ihre Anwesenheit in dieser feinen Gegend boten. Eine Bedienstete, die sich mit zwei gutgekleideten Kindern an einem Aussichtspunkt über den Ruinen des Forums aufhielt, würde keine ungebührliche Aufmerksamkeit erregen. Doch nun waren sie schon seit einer Stunde hier, und so langsam langweilten Evas Waisenkinder sich und wurden quengelig.
    »Können wir?«, bettelte Mimi erneut.
    »Ruhe, oder ich hetz dir Dämonen auf’n Hals!«, zischte Odette. Mimis Augen wurden groß, und sie suchte Lenas Nähe.
    »Uns ist kalt«, beschwerte Lena sich. »Bring uns entweder nach Hause, oder lass uns selbst zurückgehen!«
    »Ruhe, sag ich! Ihr wartet hier, und kein Wort drüber!«, schimpfte sie. Sie wollte Lena einen Klaps versetzen, doch als sie hörte, dass sich gegenüber die Tür öffnete, hielt sie inne. Endlich kam die Frau, die sie suchte, heraus. Gaetanos Mutter, Serafina Patrizzi.
    »Ich geh und rede mit jemandem«, ließ sie die Mädchen wissen.
    »Mit wem?«, fragte Mimi und wollte nachsehen.
    »Mit ’ner großen reichen Dame, viel zu fein für solche wie euch. Wenn ihr wisst, was gut is’ für euch, bleibt ihr hier, bis ich wieder da bin.«
    »Wann kommst du wieder?«, erkundigte Lena sich.
    Aber Odette lief bereits über die Straße und machte sich nicht die Mühe, zu antworten. »Signora!«, rief sie. »Ich wollt’ mit Ihnen reden, wegen …«
    Ein Kutscher in würdevoller Livree stellte sich ihr in den Weg und hinderte sie daran, die Kutsche zu erreichen. »Fort mit dir, alte Frau! Was glaubst du, was du hier tust?«
    Odette reckte den Hals, um an ihm vorbeizusehen, und rief: »Wenn Se Evangeline Delacorte für Ihren Sohn wollen, dann hör’n Se, was ich zu sagen hab!«
    Serafina, schon mit einem Fuß auf der Leiter in die Kutsche, hielt inne. Sie ließ sich zwar nicht dazu herab, ihren Kopf zu drehen und Odette eines Blickes zu würdigen, aber sie fragte: »Und was könnten Sie wohl darüber wissen?«
    »Ich bin ihre Dienerin. War schon bei ihr, als se geboren wurde. Und vorher bei ihrer Mutter.«
    »Und was könnten Sie wohl zu sagen haben, das mich interessieren würde?«, hakte Serafina nach und warf ihr einen kurzen Blick zu.
    »Sie sin’ interessiert, gut. Weil ich weiß, wie er se immer noch kriegen kann.«
    »Ich pflege keine Konversation auf der Straße zu betreiben. Fahren Sie mit mir! Ich gebe Ihnen zehn Minuten. Kutscher, fahren Sie einmal um den Park herum, und bringen Sie uns dann hierher zurück!«
    Odette schwang sich hinter der Frau hinauf in die Kutsche und registrierte dabei die feinen Lederpolster und den teuren Geruch. Bald würde ihre Eva in einer Kutsche wie dieser reisen und Odette mit ihr. Sie strich mit der Hand über den Samtvorhang am Fenster. Sie wäre persönlich für Evas Dienstboten verantwortlich. Keine Hilfsarbeit mehr. Sie würden wie Königinnen leben, sie und Eva.
    »Nun?«, fragte Serafina.
    »Sie woll’n Eva für Ihren Jungen?«, bohrte Odette. »Oder isses bloß er, der sie will?«
    »Sie sind hier, um
mir
Informationen zu geben, nicht, um Fragen zu stellen. Also, was haben Sie mir zu sagen?«, gab Serafina zurück.
    »Erst will ich ’ne Antwort. Es heißt, Sie ham das Sagen in der Familie. Ich glaub nich’, dass Ihr Junge sie gefragt hätte, wenn Se sie nicht auch für ihn wollen würden.«
    »Warum sollte ich sie wollen, wenn sie uns alle mit Herrn Satyr kompromittiert hat?«
    »Aber Sie woll’n se doch?«, beharrte Odette leicht verzweifelt. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn diese Familie ihr Mädchen nicht wollte.
    »Mein Sohn will sie. Und ich will Enkel von ihm.«
    Odette lächelte erleichtert. »Dann is’ ja gut. Das isses, was ich will. Das isses, was ihre Mutter wollte. Meine Fantine. Sie war ’ne Närrin. Aber Eva is’ …«
    Serafina schnappte überrascht nach Luft. »Fantine?
Die
Fantine?«
    Odette nickte mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen. »Sie kennen se noch von früher, als se hier war, he? All die Kerle wollten se,

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