Der Ruf des Satyrs
Schritt zurück und stieß dabei gegen einen Tisch hinter ihr, auf dem saubere Leintücher lagen. Nein, es handelte sich um die Mäntel und Umhänge der Gäste, die von den Dienern hier außer Sichtweite auf einem langen Tisch abgelegt worden waren. Erst da fiel ihr auf, dass die Diener diesen Bereich offenbar als zeitweiliges Lager verwendet hatten, denn auch Kisten standen hier an einer Seite aufgestapelt.
»Alexa steht zwischen uns«, beharrte Eva. »Und ein ganzes Land wird zwischen uns stehen, sobald ich vom Rat die Genehmigung bekomme, nach Paris oder in die Toskana umzuziehen. Ich werde Gaetano nicht heiraten, aber ich habe noch immer die Absicht, einen Menschen zu heiraten, der für meine Familie sorgen kann.«
Dane fasste sie an den Schultern. »Nein! Eva, nein! Ich werde mich um dich sorgen, wenn du so weit weg bist. Darum, dass der Tag kommen wird, an dem dein Ehemann herausfindet, dass du kein Mensch bist. Dann könnte es sehr hässlich zwischen euch werden. Wenn du in Rom bleibst, bin ich wenigstens nahe genug, um zu helfen …«
»Menschliche Männer lassen sich leicht täuschen. Ich werde meinen Ehemann mit einem Zauber belegen, wenn der Vollmond kommt. Er wird in seinem Bett liegen, von dem träumen, was wir miteinander tun, und nie wissen, ob irgendetwas davon überhaupt passiert ist.«
Er schüttelte sie leicht, als wollte er ihr damit Vernunft einflößen. »Selbst ein schwacher Mann ist körperlich stärker als eine Frau.« Sein Mund zeigte einen neuen Zug von Entschlossenheit. »Warum verzichtest du nicht ganz auf einen Ehemann? Ich bezweifle, dass der Rat eine unfruchtbare Frau zur Heirat zwingen wird. Du könntest in einer Unterkunft leben, für die ich anstelle des Rats sorgen werde.«
»Als eine Hure, wie meine
Maman?
Soll ich jede Nacht in mein Kissen weinen, wenn du bei Alexa bist? Nein, ich sah in zu vielen trostlosen Nächten mit an, wie meine Mutter um einen Mann weinte. Ich bin nicht wie sie. Ich habe Verpflichtungen. Mimi und Lena und Odette und Pinot. Ich muss sie schützen und für sie sorgen. Sie alle sind von mir abhängig. Ich werde sie nicht im Stich lassen.«
»Dann küss mich zum Abschied!«, verlangte er bitter. »Und denk daran, was du versäumst, wenn du im Bett deines menschlichen Ehemanns liegst!« Mit unnachgiebigen Händen zog er sie an sich, und seine Lippen drückten sich fest auf ihren Mund.
»Dane.« Daraus sprach eine Bitte um Gnade, ein brechendes Herz, eine Frau, die mit dem Rücken zur Wand stand und keine Wahlmöglichkeit hatte, die annehmbar war. »Bitte! Wir sollten das nicht tun.«
»Du schmeckst nach deinen Tränen«, murmelte er unbarmherzig.
Eva krallte ihre Hände in sein Hemd, gierig nach diesem einen letzten Kuss. Doch ein Kuss führte zum nächsten, und jeder, der folgte, war noch verzweifelter und leidenschaftlicher als der letzte. Eine Berührung, ein Aufkeuchen … Hände umfassten ihre Pobacken, und er zog sie rittlings auf sich, während er halb auf dem Tisch saß. Ihre Knie drückten sich in die Mäntel und Umhänge aus Pelz, Seide und Satin, die dort wie Polster auf dem Tisch lagen, während Dane sie so an sich drückte, dass seine Männlichkeit ihre Scham durch die Stoffschichten ihres Kleides hindurch streichelte. Ihre Lippen klebten feucht aneinander. Sie waren ganz verstohlenes Verlangen, kurzes Aufkeuchen, ersticktes Aufstöhnen, und sie würde es in einer Minute beenden. Nur noch diese eine Minute.
»Ich werde sie aufgeben«, stieß Dane hervor, mit den Lippen an ihrem Mund. »Und stattdessen dich heiraten. Ich brauche keine eigenen Kinder. Wir werden deine Nichten haben. Das ist genug.«
Eva schüttelte den Kopf. »Aber ich bin nicht menschlich. Ich bin nicht das, was der Rat für dich will. Heirate Alexa! Sie ist das, was du brauchst. Wenn unsere Welt von ihrer Mutter verraten wird, werden eine menschliche Frau und gemeinsame Kinder deinen Anspruch auf dein Land bekräftigen. Sie werden deine Zukunft sichern und alles, wofür deine Brüder gearbeitet haben. Du musst …«
»Eva? Oh! Herr Satyr! Was?!« Alexas Stimme verebbte in einem entsetzten Aufquietschen.
Mit wehenden Röcken riss Eva sich von Dane los. Alexa stand nur wenige Schritte entfernt am Rande des Gehölzes, hinter ihr Gaetano, ihre Mutter und noch andere mit schockierten und sensationsgierigen Blicken. Eine Gruppe von Gästen, die ihre Mäntel holen wollten, um die Veranstaltung zu verlassen.
Alexas Gesicht wurde kreidebleich, als sie von Eva zu Dane und
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