Der Ruf des Satyrs
zweifelnd den Kopf. »Und gestern, als du sie in ihrem Stadthaus aufgesucht hast? Ich konnte fühlen, dass du mit jemandem zusammen warst.«
Oh, verdammt, Brüder um sich zu haben, war definitiv etwas, woran er sich erst noch gewöhnen musste! Dane warf ihm einen Blick zu. »Ich habe mit ihr geschlafen.«
Bastian sah ihn an. »Du? Nicht Dante?« Als wollte er seine Frage noch betonen, ließ er gleichzeitig das Maßband wieder einschnappen, während er seine Notizen beendete.
»Wir beide. Ich war die ganze Zeit da, zusammen mit Dante, oder zumindest die meiste Zeit. Es war wie ein ständiges Kommen und Gehen. Ich war am Ende da; so viel weiß ich noch genau.« Ein leichtes Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
»Götter, ist das jemals vorher ge…«
»Nie. Und ich erzähle dir das auch nur wegen der Bedeutung, die es für dieses ganze Rätsel haben könnte. Weil ich denke, sie könnte der Schlüssel sein, um Luc zu finden. Ich erinnere mich nicht daran, wo er und ich gefangen gehalten wurden, doch wenn noch irgendjemand außer unseren Entführern diese Erinnerung besitzt, dann muss es Dante sein.«
»Denselben Gedanken hatte ich auch, im Tempel, als du ihn zum ersten Mal erwähnt hast«, gestand Bastian.
»Ich bezweifle, dass er irgendetwas preisgibt, nur weil man ihn danach fragt«, sagte Dane.
»Aber was wäre, wenn
sie
ihn fragt?«
Beide Männer sahen zu Eva und ihrem Gefolge hinüber. Sie kümmerte sich gerade um eines der Mädchen, das offenbar gestürzt war und sich ein Knie aufgeschlagen hatte. »Ich werde ihr nicht von ihm erzählen. Sie wird schreiend die Flucht ergreifen«, überlegte Dane.
»Vielleicht muss sie es ja gar nicht erfahren. Vielleicht könnte man sie lange genug mit einem Zauber belegen, dass sie als eine Art Medium dienen kann, durch das wir ihn befragen könnten, um ihm die Geheimnisse zu entlocken, die er hütet.«
»Sie hat mir ein Liebesverhältnis vorgeschlagen«, offenbarte Dane.
»Dann empfehle ich dir dringend, darauf einzugehen.«
»Bevor ich es vergesse: Ich habe die Creme mitgebracht, die ich dir versprochen hatte«, sagte Alexa Patrizzi, als Eva Dane verließ, um sich zu ihr zu gesellen.
Ein wenig verblüfft nahm Eva das Tiegelchen von ihrer Freundin entgegen.
»Für die Narbe deiner kleinen Lena«, erklärte Alexa.
Lena, die zugehört hatte, legte zwei Finger an die kleine Schnittwunde am linken Mundwinkel. Sie sah etwas verlegen drein, dass man ihren kleinen Schönheitsfehler bemerkt hatte.
»Sie ist nach einem alten Familienrezept gemacht«, fuhr Alexa fort. »Und wenn du einen Beweis dafür willst, dass sie funktioniert, musst du dir nur einmal meine Mutter ansehen. Man sieht kaum ein Fleckchen, eine Narbe oder ein Fältchen in ihrem Gesicht. Sie wird deiner Kleinen ganz sicher helfen.« Alexa bemerkte Lenas Unbehagen nicht, da sie viel zu beschäftigt damit war, zu Dane und seinen Brüdern hinüberzuschauen. Jeden Augenblick würde sie Eva auf die Männer ansprechen.
»Danke sehr«, entgegnete Eva einfach und steckte das Tiegelchen in ihre Tasche, ohne es näher zu untersuchen, um Lena nicht noch weiter in Verlegenheit zu bringen. Sie hatte nicht um die Creme gebeten, doch Alexa war manchmal etwas zu sehr auf die äußerliche Erscheinung fixiert.
»Ihr dürft euch umsehen, aber lauft nicht zu weit weg!«, rief Eva den Mädchen zu, da sie deren Wunsch, umherzustreifen, spürte. »Bleibt dort, wo ich euch sehen kann und wo ihr mich sehen könnt!«
Während die Mädchen davonstürzten, um zu spielen, hakten sich die beiden Frauen beieinander ein, um zusammen durch die Ausgrabungsstätte zu schlendern. Sie hatten sich vor zwei Monaten auf einer Veranstaltung für junge Damen kennengelernt, die von einer würdigen älteren Dame der gehobenen Gesellschaft abgehalten worden war, und hatten sofort Freundschaft geschlossen. Als Eva noch in der Anderwelt gelebt hatte, hatte ihre
Maman
viel von ihrer Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, und Odette hatte sie oft viel zu streng bewacht. Infolgedessen hatte sie in ihrem Leben nie viele Freunde gehabt, und nun machte sie die Erfahrung, wie schön es war, ein solches Band zu knüpfen.
Odette gegenüber hatte sie die Freundschaft damit gerechtfertigt, dass Bündnisse mit Menschen einen notwendigen Teil ihres Berufes als Heiratsvermittlerin darstellten. Wenn sie Wege in die oberen Schichten der Gesellschaft fand, verschaffte ihr das Zugang zu Veranstaltungen, auf denen ihre Kunden Umgang mit hochgeborenen
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