Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
haben konnte – sah ihn aus großen Augen an. Unschlüssig, ob er den Befehl wirklich befolgen sollte.
»Tu, was man dir sagt, oder ich töte dich persönlich«, wütete Kerrelak.
Der Junge nickte und eilte davon. Ein Ruul ganz in der Nähe machte den Fehler, sich aus seiner zweifelhaften Deckung am Torbogen zu wagen. Eine Kugel durchschlug sein Auge und trat am Hinterkopf wieder aus, wobei sie eine blutige Spur durch die Luft zog. Der Leichnam stürzte hintenüber, aber noch im Tod ruderte der Rumpf mit den Armen, als könnte das sein Schicksal abwenden.
Kerrelak warf sich in Deckung. Ein zweiter Schuss riss eine Furche in eine Hausecke knapp über seinem Kopf. Auf dem Bauch kroch er durch das Gras und verfluchte sein Schicksal, das ihn immer wieder zwang, vor den Menschen Reißaus zu nehmen. Der menschliche Scharfschütze bekam ihn nicht mehr ins Visier und wie durch ein Wunder schaffte er es, den Torbogen zu passieren, ohne dass erneut auf ihn geschossen wurde.
Aus dem Dorf hörte er immer wieder die Rufe Rückzug!, Rückzug! Aber keine Seite schien den Bemühungen des jungen, ruulanischen Kriegers sonderlich viel Beachtung zu schenken. Dann brachte eine menschliche Waffe auch diese Stimme zum Schweigen und Kerrelak war allein.
»War das der Letzte?«, fragte Laura spähte mit dem Gewehr im Anschlag in alle Richtungen.
»Glaube schon«, meinte Matt und lud ein neues Magazin in seine M8P5.
»Ich glaube, mir ist einer entwischt«, mischte sich Cameron ein, der sich auf einem Dach verschanzt hatte und nun eine Leiter herunterstieg. Seine Stimme klang entschuldigend. Der Mann hatte Stolz und einen Ruul entkommen zu lassen, versetzte ihm einen empfindlichen Schlag in die Weichteile.
»Vergiss es«, beruhigte Scott ihn. »Wir haben trotzdem einen guten Job gemacht. Etwa vierzig tote Ruul und keine Verluste auf unserer Seite.«
»Das ist nicht ganz richtig.«
Alle drehte sich zu der neuen Stimme um. Sie gehörte Esteban, der im Eingang eines Hauses stand. Er zitterte am ganzen Leib und seine Hände waren blutverschmiert. Seine Augen waren die pure Traurigkeit, als er sagte: »Er ist tot. Norman ist tot.«
Als er diese Nachricht hörte, schloss Scott die Augen, damit die anderen seine aufkommenden Tränen nicht sahen. Sie hatten heute zwar gesiegt, das war schon richtig. Aber der Preis, den sie hatten zahlen müssen, war auf jeden Fall zu hoch.
Kapitel 9
Sie bestatteten Norman in der Mitte des Dorfes. Niemand wusste, ob und wann ruulanische Verstärkungen eintreffen würden, trotzdem äußerte keiner Bedenken deswegen oder regte an zu gehen, ohne ihren Freund vorher beizusetzen. Norman hätte dasselbe für jeden von ihnen getan.
Sie hoben lediglich ein einfaches Grab aus, legten den mitgenommenen Leichnam ihres Kameraden hinein und schütteten es wieder zu. Esteban fertigte aus zwei ruulanischen Schwertern so etwas Ähnliches wie ein Kreuz an. Zu guter Letzt deckten sie das Grab mit Steinen ab in der Hoffnung, dass es etwaige Tiere davon abhalten würde, ihn wieder auszugraben. Als alles getan war, versammelten sie sich mit vor den Körpern gefalteten Händen um die Grabstätte.
Scott war klar, dass er nun eigentlich etwas hätte sagen müssen. Nur leider fiel ihm beim besten Willen nichts Passendes ein. Es war schließlich Matt, der ihn vor dieser grausigen Pflicht rettete, indem er das Augenmerk auf dringlichere Probleme lenkte.
»Was tun wir jetzt?«
»Boss?«, schloss sich Justin der Frage an, woraufhin alle Augen sich auf ihn richteten.
Scott räusperte sich. »Wir ziehen sofort weiter. Singri ist nach wie vor unser Hauptziel.«
»Wozu?«, erkundigte sich Esteban mit brüchiger Stimme.
»Wozu was?«
»Wozu sollen wir nach Singri? Was bringt das?« Er sah von einem zum anderen. »Ist außer mir noch jemand der Meinung, dass die Mission den Bach runtergegangen ist, seit wir einen Fuß auf diesen von Gott verlassenen Planeten gesetzt haben?«
»Und was schlägst du vor? Uns verstecken? Den Kopf in den Sand stecken und warten, bis Admiral Hoffer alles in diesem System in radioaktiven Staub verwandelt?«
»Wir stehlen uns ein ruulanisches Schiff und verschwinden.«
Scott konnte sich ein zynisches Lachen nicht verkneifen. »Einfach so? Und du denkst tatsächlich, dass die Slugs uns eins ihrer Schiffe nehmen lassen? Sei nicht albern.«
»Ich und albern?«, brüllte Esteban. »Ich und albern?« Er deutete mit einem Finger anklagend auf Normans Grab. »Norman ist tot; die Leos
Weitere Kostenlose Bücher