Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
ihren Rucksack und machte sich sofort ans Werk.
»Nancy. Du und Esteban, ihr bringt Norman in eins der Häuser. Bleibt bei ihm.«
Nancy wollte aufbegehren, aber Scott schüttelte nur bekümmert den Kopf. Wenn Norman bewegt wurde, konnte ihn das natürlich sofort umbringen. Blieb er liegen, würde er auf alle Fälle sterben, sobald die Ruul das Dorf stürmten.
»Ihr anderen verteilt euch. Cameron. Such dir einen guten Aussichtspunkt. Das wird ein höllisch heißer Tanz werden, Freunde.«
Kerrelak zog das Messer aus dem Kiefer des Kaitars. Das Tier war praktisch direkt vor seinen Füßen verendet. Hatte sich mit letzter Kraft zu seinem Herrn zurückgeschleppt. Allein. Vom restlichen Rudel fehlte jede Spur. Das ließ nur einen Schluss zu. Die übrigen drei waren tot.
Kerrelaks Augen folgten der Spur im Gras, die das Tier hinterlassen hatte. Eine Spur, die von dicken, blauen Blutlachen durchtränkt war. Die Spur hatte ihren Anfang in einem Asalti-Dorf voraus. Ein Dorf, das seine Truppen bereits vor Tagen geräumt hatten. Und selbst wenn dort noch Asalti gehaust hätten, so wären sie nicht in der Lage gewesen, ein ganzes Rudel Kaitars umzubringen. Die nestral`avac waren dort. Sie mussten einfach dort sein.
»Schwärmt aus und dringt in das Dorf ein«, befahl er und versuchte sich von der Vorfreude auf den bevorstehenden Kampf nicht allzu sehr mitreißen zu lassen.
»Sollen wir Gefangene machen, Herr?«, fragte ein besonders mutiges Exemplar seiner Untergebenen. Kerrelak warf ihm einen geringschätzigen Blick zu.
»Aber wozu denn? Tötet sie alle.«
Er deutete ungeduldig auf einen leicht untersetzten Krieger. »Zenndar. Du und die Krieger, die du anführst, übernehmen die Spitze.«
»Wie ihr wünscht, Herr.«
Zenndars Augen funkelten, als er den Befehl bestätigte. Die Kampflaune hatte ihn bereits gepackt. Deswegen hatte Kerrelak ihn ausgewählt. Blind vor Ruhmsucht würden seine Krieger das Dorf stürmen und den ersten Gegenschlag der Menschen abfangen. Dann wusste er, was er von den nestral`avac zu erwarten hatte, die sich in dem Dorf verschanzt hatten. Und was er von ihrer Kampfkraft halten musste.
Ungeduldig winkte er Zenndar nach vorn, der keine Ahnung hatte, dass sein Anführer ihn ausgewählt hatte, um getötet zu werden. Der Ruul winkte die zehn Krieger unter seinem Kommando zu sich, die halbkreisförmig ausschwärmten und siegessicher auf das Dorf zusteuerten.
Kerrelak und die anderen fünfunddreißig Krieger folgten etwas langsamer und auch deutlich vorsichtiger. Einige der Ruul tuschelten. Sie schlossen Wetten ab, wer von Zenndars Kriegertrupp zuerst und auf welche Weise sterben würde. Kerrelak beteiligte sich nicht an den Wetten. Nicht, weil er es als unmoralisch empfunden hätte, auf den Tod seiner eigenen Untergebenen zu wetten. Er hatte schlicht und ergreifend zu viel damit zu tun, darauf zu achten, wie der erste Angriff der nestral`avac erfolgen würde. Zu seiner Überraschung erreichte Zenndars Trupp den Eingang des Dorfes aber, ohne dass auch nur ein einziger Schuss fiel.
Seine Krieger wechselten mürrische Blicke. Heute würde wohl niemand Glück bei den Wetten haben. Schnell schloss er zu dem Vorauskommando auf. Zenndar grinste ihn großspurig an, als hätte er gerade eine große Schlacht gewonnen.
Wenn du wüsstest, dass du einfach nur Kanonenfutter bist.
»Geh weiter«, drängte Kerrelak den niederen Krieger. Dieser nickte und führte seine Männer durch den Torbogen. Dieses völlige Fehlen von Widerstand verunsicherte ihn. Nein, verunsichern war das falsche Wort. Es gab nur sehr wenig, das ihn verunsicherte. Vielmehr beunruhigte es ihn. Die Menschen waren nicht gerade dafür bekannt, einem Kampf aus dem Weg zu gehen. Wenn sie also noch nicht angegriffen hatten, gab es dafür nur zwei Möglichkeiten. Die erste war, sie hatten das Dorf bereits wieder verlassen.
Eher unwahrscheinlich.
Die zweite war, dass die nestral`avac etwas vorhatten. Und das war in höchstem Maße vorstellbar. Die Menschen hatten einen ganzen Haufen übler Tricks auf Lager. Das hatten ihn seine bisherigen Erfahrungen mit dieser Spezies gelehrt.
Er beobachtete aufmerksam die Dächer über ihnen. Kerrelak rechnete jederzeit mit einem Hinterhalt. Der ruulanische Anführer hätte aber besser auf den Boden geachtet.
Zenndar hörte das leise Klicken nicht, das sein Schicksal besiegelte. Aber Kerrelak hörte es. Und er sah, was es auslöste. Ein Zylinder von etwa zehn Zentimeter Durchmesser und zwanzig
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