Der Ruul-Konflikt 3: In dunkelster Stunde
Dienstzeit als Chef des MAD hatte er vermutlich Hunderte von Männern und Frauen hierher geschickt, jedoch war dies das erste Mal, dass er diese Welt selbst betrat. Ein beklemmendes Gefühl.
Er wurde bereits von einem Mann mittleren Alters in der mattblauen Uniform der TKA empfangen.
»Willkommen auf Lost Hope, Admiral«, begrüßte ihn der Mann überraschend freundlich. »Ich bin Captain Devinger, der Kommandant des TKA-Kontigents auf Lost Hope. Der Gefängnisdirektor lässt sich entschuldigen, aber er hat einen sehr streng ausgearbeiteten Terminplan und …«
»Nur wenig Zeit für das Militär. Ich verstehe vollkommen, Captain.«
Nogujama reichte Devinger die Hand zu einem festen Händedruck, bei dem ihm bewusst wurde, dass der Mann ihn gerade testete. Dieses Verhalten imponierte ihm sogar irgendwie. Der Captain hatte also keinen Respekt vor einem Rang, aber vor Individuen, die seiner Meinung nach Respekt verdienten. Das versprach interessant zu werden.
Devinger löste den Händedruck als Erster und trat, offensichtlich zufrieden, einen Schritt zurück. »Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Nogujama nickte, als Devinger die Führung übernahm. Das Innere von Lost Hope war ein einziger Wirrwarr miteinander verzweigter Gänge und Tunnel mit daran angeschlossenen Zellen. Der Admiral war sich sicher, dass er alleine niemals den Weg zurück zum Hangar finden würde. Das Ausmaß des Gefängniskomplexes war schlichtweg deprimierend. Dass ein Militärapparat so viele Psychopathen hervorbrachte, sollte eigentlich zum Nachdenken anregen. Leider drehten sich Nogujamas Gedanken im Moment einzig und allein um das Problem, wie er den Mann, den er hier treffen wollte, zur Mitarbeit bewegen konnte.
Devinger führte den Admiral in einen Raum, in dessen Mitte ein kleiner Tisch und zwei Stühle standen. Ansonsten war das Zimmer vollkommen leer.
»Sie kennen die Regeln«, erklärte Devinger ruhig. »Sie berühren den Gefangenen nicht und geben ihm keine Gegenstände. Genauso wenig sind Waffen in diesem Raum erlaubt. Außer denen der Wachen selbstverständlich.«
»Ich bin nicht bewaffnet.«
»Ausgezeichnet. Warten Sie bitte hier.«
Devinger verließ ohne weitere Worte das Zimmer und ließ Nogujama allein. Der Admiral nutzte die Zeit, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Die anfängliche Einschätzung erwies sich als nicht ganz richtig. Das Zimmer war bis auf Tisch und Stühle keineswegs leer. In jeder Ecke des Raumes waren Kameras, die keine toten Winkel zuließen. Der Admiral fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis bewaffnete Wachen hereinstürmten, falls es zu einem Notfall kam. Vermutlich nicht allzu lange.
Die Tür auf der gegenüberliegenden Seite öffnete sich und ein Mann betrat das Zimmer. Er war so groß, dass er sich ducken musste, um den Raum zu betreten. Er trug einen Gefängnisoverall, der im typischen Orange gehalten war. Seine bloßen Arme waren mit Tätowierungen bedeckt, von denen Nogujama wusste, unter der Kleidung bedeckten sie fast die Hälfte seines Oberkörpers.
Hände und Füße waren mit Ketten gefesselt, die so kurz waren, dass der Gefangene einen watschelnden Gang an den Tag legen musste, um überhaupt von der Stelle zu kommen. Das dunkelbraune Haar war bis auf wenige Millimeter kurzgeschoren, um Läusebefall vorzubeugen. Als die blauen Augen Nogujama in der Mitte des Raumes bemerkten, verengten sie sich zu wütenden Schlitzen.
»Hallo Alan«, begrüßte der Admiral den Neuankömmling.
»Ich habe Ihnen nichts zu sagen,« sagte der Gefangene und machte Anstalten, sich umzudrehen, um den Raum zu verlassen. Doch die vier Wärter, die hinter ihm durch die Tür drängten, verhinderten es. Sie umringten ihn im Halbkreis. Jeder mit einem Schlagstock in der einen und einem kleinen Sender in der anderen Hand. Nogujama wusste, über diesen Sender konnten die Fesseln unter Strom gesetzt werden. So, wie er seinen Gegenüber kannte, bezweifelte er aber, dass dieser sich dadurch würde stoppen lassen. Den unsicheren Mienen der Wächter nach zu urteilen, die sich immer wieder gegenseitig unschlüssige Blicke zuwarfen, teilten sie diese Ansicht.
»Setzen Sie sich, Alan«, forderte Nogujama den Gefangenen auf. »Bitte.«
Trotz seiner Fesseln und der Wachen wirkte der Mann kein bisschen eingeschüchtert oder weniger gefährlich als in Nogujamas Erinnerung. Tatsächlich machte er den Eindruck, sich der Aufforderung widersetzen zu wollen. Einer der Wächter trat einen Schritt näher.
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