Der Ruul-Konflikt 3: In dunkelster Stunde
wenn sich diese Dinge ändern würden? Wenn die Ruul als einheitliches Volk erstarken würden? Alle Ruul und nicht nur einzelne Stämme?«
»Unmöglich!«, rief ein Patriarch.
»Das ist wahr«, nickte Berinar. »Die karis und esarro würden das niemals zulassen.«
»Vielleicht haben sie gar keine Wahl.« Kerrelaks Tonfall senkte sich verschwörerisch. »Habt ihr euch nie gefragt, warum es den nestral`avac so lange gelungen ist, uns in Schach zu halten? Wären wir ein Volk gewesen – und nicht nur einzelne, miteinander in Konkurrenz stehende Stämme, die hin und wieder gemeinsam in den Kampf ziehen –, dann hätten wir alle unsere Feinde schon vor langer Zeit aus dieser Galaxie getilgt.«
»Kein Wort mehr!«, sagte Berinar entschieden. »Was du sagst, ist Verrat.«
Kerrelak zögerte. Er war nun an einem wunden Punkt angekommen. Bisher hatte er nur rein theoretisch gesprochen, nun jedoch musste er sich entscheiden, entweder die Gespräche abzubrechen oder konkreter zu werden. Berinar wirkte nicht bereit, sich gegen den Kriegsmeister zu stellen. Doch Kerrelak war aufgefallen, wie seine Augen leuchteten, seit er vom vergangenen Ruhm der sa erzählt hatte. Der Älteste hatte angebissen. Egal, was seine Lippen auch sagten. Seine Augen sagten etwas anderes.
Kerrelak beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. »Und wenn schon.«
Kollektives Nach-Luft-Schnappen ging durch die Reihen der Ältesten und Patriarchen. Einige wichen sogar einen Schritt von Kerrelak zurück, als würde seine bloße Nähe sie mit dem Gift des Verrats infizieren.
»Du bist verrückt«, lachte Berinar. »Die karis und esarro allein sind schon stark und stellen fast zwanzig Prozent unserer Streitkräfte. Die eptai, sol und anderen großen Stämme und Familien will ich gar nicht erwähnen. Wir würden niemals gewinnen, wenn wir uns gegen den Kriegsmeister stellen. Ganz zu schweigen davon, dass wir uns derzeit im Krieg befinden und es wichtiger ist, den Feind zu schlagen, als innenpolitische Ungerechtigkeiten zu beheben.«
»In einem Punkt hast du vollkommen recht. Die großen Stämme und Familien sind sehr stark, jedoch sind ihre Streitkräfte nicht hier, um sie zu schützen. Und hier in diesem Raum ist eine ungemein große Macht versammelt. Ich denke, euch ist gar nicht klar, wie groß eure Macht wäre, wenn ihr euch nur entscheiden würdet, sie auszuüben.«
»Du sagst das, als wäre es so einfach«, spottete Berinar.
»Ist es das nicht?«, hielt Kerrelak dagegen und trat auffordernd einen Schritt näher. »Ist es das nicht?«, wiederholte er drängender. Seine Stimme glühte vor Eifer.
Berinar dachte über Kerrelaks Worte lange nach. Schweigen senkte sich über die Ratskammer. Die übrigen Ruul warteten gespannt auf seine nächsten Worte.
»Nein, das ist es nicht.« Berinar legte freundschaftlich eine Hand auf Kerrelaks Arm. »Ich respektiere, was du zu tun versuchst, doch ist es auf jeden Fall zwecklos und ohne jede Hoffnung auf Erfolg. Die herrschenden Familien haben ihre Streitkräfte zwar nicht hier. Wir aber auch nicht. Der Rat wird von den Erel`kai beschützt.«
»Und wenn die Erel`kai sich für neutral erklären?«
Berinar zuckte zurück, als hätte ihn eine Schlange gebissen. Erel`kai? Neutral? Undenkbar. »Jetzt bin ich endgültig überzeugt davon, dass du den Verstand verloren hast. Die Erel`kai sind über jeden Zweifel erhaben.«
»Und warum ist er dann hier?«, fragte Kerrelak großspurig und deutete auf den schweigsamen Setral.
Der hünenhafte Krieger stand langsam und würdevoll auf. Er überragte die meisten anderen Ruul im Raum um mindestens Haupteslänge. »Die Erel`kai dienen keiner Person. Sie dienen einzig und allein dem Volk der Ruul«, erklärte er. »Und die Kriegerelite ist sich nicht länger sicher, ob Orros der richtige Mann an der Spitze ist. Zu viel ist schiefgelaufen. Zu viele Erel`kai sind in den letzten Tagen und Wochen gefallen.«
Berinar warf erst Kerrelak einen ungläubigen Blick zu, dann Setral einen berechnenden. »Heißt das, falls wir uns erheben, um den Kriegsmeister auszutauschen, würden die Erel`kai sich aus der Auseinandersetzung heraushalten?«
»Das wäre … nicht ausgeschlossen.«
Kerrelak war die Pause nicht entgangen und Berinar auch nicht. Die Augen des Ältesten verengten sich misstrauisch. »Ist das alles an Zusagen, die du uns geben kannst, Setral?«
»Ich habe mit einigen meiner Unterführern gesprochen. Die meisten sind meiner Ansicht, doch gibt es einige, die weiterhin treu
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