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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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verderben konnte, hatte er ohnehin nicht, und erfrieren würde er auch nicht so schnell.
    Dann lag er wieder im Stuhl und betrachtete das Ergebnis. Ja, so mußte es gewesen sein. Damals jedoch hatten sie nur die Leitungen benutzt, hatten sie unten ausgekoppelt und kurzgeschlossen; er aber wollte versuchen, auf diese Weise einen Weg nach draußen zu finden. Hoffentlich war die Anlage in der NSA-Etage nicht blockiert, sondern ruhte nur.
    Timothy schaltete das Gerät ein. Der Bildschirm leuchtete auf, das Bereitschaftslicht; der Communicator war also noch in Ordnung. Die Feldprüfung zeigte eine Ruhespannung an. Timothy testete die Einstiegsnummern durch: Hausnetz, Stadtnetz, Staatsnetz, Bundesnetz, Zentrale, Defektdienst, Notruf – der Monitor schwieg. Das Gerät lief offensichtlich nicht mehr über die Zentrale des »Nebraska«. Er zögerte lange, bis er weitermachte.
    Ein Königreich für einen Anfang. Wenn er nur irgendwo einen Einstieg in die Nomenklatur fand, würde er auch weiterkommen. Immer wieder versuchte er es, ließ die Impulse laufen, einen Weg suchen, stundenlang. Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Draußen begann es schon zu dämmern, als plötzlich eine Schrift über den Bildschirm lief.
    + + hq-nachtkantine + geben sie zimmernummer und dienstnummer ein, bevor sie die speisen wählen + + +
    Timothy holte tief Luft. Dann jubelte er laut. Er hatte einen Anfang. Und wenn er sich nicht irrte, saß er im Netz der NSA. Sogar im Hauptquartier. Er unterstrich die Ziffernfolge, mit der er Erfolg gehabt hatte, schaltete das Gerät aus und genehmigte sich einen kleinen Whisky. Er überlegte kurz, dann wußte er, an welcher Stelle er die Fangabwehrschaltung einbauen mußte. Wenn seine Aktivitäten jetzt zurückverfolgt wurden, mußte die Spur am vorgeschalteten Transfermodul in der Geheimetage enden. Hoffentlich. Zumindest würde die Verbindung sofort unterbrochen, das mußte vorerst reichen.
    Timothy variierte die Ziffernfolge der Kantine, ein paarmal bekam er ein Freizeichen; er erreichte also irgendwelche Apparate, aber er brauchte eine zweite Verbindung, um kombinieren zu können. Er begann die vorletzte Zifferngruppe zu ändern, bei der neunten Variante erhielt er wieder ein Schriftbild: eine Bestellung an den Staatlichen Trinkwasserfonds. Weiter! Eine Mitteilung an CHALLENGERS Delikatessendienst:
    + + bitte beachten sie, daß weihnachten dieses jahr auf ein wochenende fällt, wir erwarten, daß die gratifikationsputen deshalb schon am 24. dezember ausgeliefert werden + + +
    Dann folgte eine Adressenliste. Eine halbe Stunde später wußte Timothy die Nummer des NSA-Fahndungscomputers, doch das nutzte ihm wenig; um den zu befragen, hätte er nicht nur eine zugelassene Personennummer und das dazu gehörende Password kennen müssen, sondern auch noch den Tagescode. Aber nun konnte er systematisch weitersuchen, und bald hatte er die Auskunftsdatei der Communic-Zentrale und damit die Einstiegsnummern in alle Netze.
    Jetzt konnte er sprechen, mit wem er wollte, jede Fangschaltung würde in der Zentrale des NSA-Hauptquartiers enden, die mehrfach abgesichert war. Und wenn jemand meldete, daß Timothy Truckle ausgerechnet über das Netz des Geheimdienstes angerufen hatte, würde man ihm glauben? Würde man nicht eher an eine Trickschaltung über das Hauptpostamt denken? Und um ihn im NSA-Netz zu suchen, mußte man erst einmal eine zweite Verbindung haben, er aber wäre längst gewarnt. Die Hauptgefahr lag wohl darin, daß jemand zufällig innerhalb des Netzes in sein Gespräch geriet. Timothy schaltete sofort den Bildgeber aus. Dann das ganze Gerät.
    Er spürte plötzlich, wie erschöpft er war. Er humpelte an die Tür zur Plattform. Die Sonne ging gerade über der Dunstschicht auf, färbte sie rosa, dann rot, verwandelte die Skyscraper in einseitig glühende Nadeln. Timothy reckte sich, sog die kühle Luft ein, wartete, bis die Sonne in eine Wolkenwand tauchte, die von Süden heraufwuchs, dann legte er sich hin. Er war im Nu eingeschlafen.
    5.
    Timothy mußte sich erst zurechtfinden, als er erwachte. Er schleppte sich in die Küche. Das Bein schmerzte entsetzlich, die Schürfwunden noch mehr als der Fuß, doch er nahm nur einen Schmerzblocker. Er mußte unbedingt haushalten mit den wenigen Medikamenten. Während er Kaffee trank, legte er sich einen Schlachtplan zurecht: Möglichkeiten, Chancen, Prioritäten. Napoleon fehlte ihm sehr.
    Er entschloß sich, zuerst in Seabridge anzurufen; vielleicht war das Ganze nur

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