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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Autoren: Gert Prokop
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um der Schmerzen in seinem Bein Herr zu werden. Nur nicht abstürzen. Unter ihm lagen fast tausend Meter. An der rechten Sohle spürte er einen Druck, er stemmte die Fußspitze fest auf, holte ein paarmal tief Luft, dann machte er langsam die Augen auf.
    Er hing an der Innenseite der Brüstung! Er mußte nur aufstehen!
    Timothy löste sich aus dem Gerät und ließ sich zu Boden gleiten. Tastete seine Knochen ab, bewegte die Gelenke. Gott sei Dank, nichts gebrochen, nichts ausgekugelt.
    Aber der »Monofly«, das sah er auch in dem spärlichen Licht, war hinüber: ein wüster Haufen verbeulter, verbogener, geborstener Teile. Er war im Penthaus gefangen.
    4.
    Kurz nach elf saß Timothy vor dem Videomaten.
    Er hatte Schmerzblocker genommen, das Bein gewaschen, die Schürfwunden mit einem Hemdfetzen notdürftig verbunden, den Fuß fest gewickelt, hatte unentwegt fluchend die Überreste des »Monofly« in das Penthaus gezogen und dann den Videomaten, soweit es nur möglich war, nach hinten gezerrt und den Bildschirm gegen das Fenster gedreht.
    Er schaltete gerade ein, als das Interview mit ihm begann. Timothy verfolgte es aufmerksam und zunehmend amüsiert, ein paarmal lachte er laut. Er mußte zugeben, daß die Sendung ausgezeichnet gemacht war, vor allem wenn man die Kürze der Zeit berücksichtigte; sie wirkte absolut echt, wenn man einmal davon absah, daß Interviewer und Interviewter nie zusammen im Bild waren, und wenn man nicht beachtete, daß ein Unbekannter das »Gespräch« führte, während sich sonst die Starjournalisten um solch einen Leckerbissen schlugen. Seine Antworten klangen echt, spontan, ungestellt. Wer genau hinhörte, merkte natürlich, daß es Floskeln waren, die überallhin paßten, und daß von GAME-GAME nur in den Fragen die Rede war, aber bestimmt würde kein Uneingeweihter auf die Idee kommen, daß hier alte Antworten mit neuen Fragen zusammengeschnitten worden waren.
    »Was glauben Sie, Mister Truckle«, schloß der Interviewer, »rechnen Sie sich wirklich eine reale Chance aus?«
    »Selbstverständlich. Ich habe ganz andere Probleme gelöst. Erinnern Sie sich nur an die verschwundenen Eisberge!«
    Da wußte Timothy, woher seine Antworten stammten: aus einem Interview, das er vor drei Jahren der ICC gegeben hatte.
    Dann wurden die Jäger vorgestellt. Timothy drehte den Ton ab. Er hatte noch genug Zeit, sich anzusehen, wer die Lizenz für seine Ermordung bekommen hatte; er mußte jetzt nachdenken, welche Chancen er wirklich besaß. Er stellte erst wieder laut, als sein Bild erneut auf dem Monitor erschien.
    »Wo mag Timothy Truckle jetzt sein?« sagte der Sprecher. »In wenigen Minuten beginnt die Jagd. Er hatte uns versprochen, sich kurz vor Mitternacht noch einmal zu melden, aber wird er die Nerven dazu haben? Die ihn persönlich kennen, meinen: ja. Sie halten ihn für einen der kaltblütigsten und intelligentesten Burschen der Staaten. Sicher ist nur, daß er nicht in seiner Wohnung sitzt. Im ›Nebraska‹ kam es heute nachmittag zu einem Zwischenfall: Ein Unbekannter drang in die Wohnung von Timothy Truckle ein und löste mehrere Explosionen aus. Die Polizei vermutet, daß Truckle Fallen für seine Jäger installiert hatte. Wo ist er jetzt? Vielleicht sitzt er irgendwo und sieht uns zu. Vor drei Tagen hat Truckle für heute nacht einen Flug nach Winnemucca in Nevada gebucht. Eine falsche Fährte oder ein Doppeltrick? Eines der Jagdkommandos jedenfalls hat sich nach Winnemucca begeben. Wir schalten um. Winnemucca bitte melden –«
    Du müßtest mitmischen, dachte Timothy, falsche Fährten legen. Wenn du nirgends zu finden bist, wirst du überall gesucht, und hier im »Nebraska« zuerst. Du müßtest es wie die Raupe des Kaiseratlas machen, wenn sie sich einpuppt: Attrappen produzieren, Scheinziele anbieten, je mehr, desto besser. Wenn man sich nicht unsichtbar machen kann, muß man an tausend Orten zugleich zu sehen sein.
    Er öffnete die Rückwand des Communicators, stellte die Taschenlampe so auf, daß ihr Schein nur in das Gehäuse leuchtete, setzte sich, starrte in den Apparat, schloß die Augen, starrte erneut, versuchte, sein Gedächtnis zu mobilisieren.Was hatten Hank und Phil getan, als sie den Communicator an die Geheimleitung zur NSA-Etage anschlossen? Langsam kam das Bild aus seiner Erinnerung: dort eine C-4-Brücke, dort das Relais umgepolt, dort ein Anodul ... Hoffentlich hatte er passendes Material. Er fand es im Mikrowellengrill und in der Klimaanlage. Nun, Fleisch, das
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