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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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ALLAMERICAN.«
    »Richtig«, sagte Timothy. »Er hätte den Samen nicht stehlen müssen, denn er verfügte ohnehin darüber. Bleibt Crawford. Hat er Grund, sich an Ihnen zu rächen?«
    Bentley schüttelte den Kopf. »Ich kenne Bill seit über fünfzig Jahren. Er ist mein Freund. Vielleicht mein einziger.«
    »Dann müßte also jemand die Kapsel gestohlen haben, der gar nicht wußte, daß es Ihr Sperma war. Absurd. Wenn jemand Esel züchten wollte, dann hätte er doch eine Kapsel der ersten Wahl gestohlen. Wer also wußte noch davon?«
    Bentley schloß die Augen und kaute auf der Unterlippe.
    »Wenn ich Ihnen helfen soll, müssen Sie mir schon die Wahrheit sagen«, erklärte Timothy. »Warum, zum Beispiel, nannten Sie bei den Leuten mit denkbarem Motiv auch Ihre Urenkelin Judy? Woher könnte sie davon wissen?«
    »Okay«, sagte Bentley, »ich sehe, Ihnen kann ich nichts vormachen. Ich spreche im Schlaf.«
    »So daß also nicht nur Ihre Familie von dem Geheimnis gewußt haben kann, sondern auch oder vielmehr vor allem –« Bentley nickte.
    »Wie lange schon stand Ihr Sperma in der Samenbank der ALLAMERICAN?«
    »Sechzig Jahre. Oder siebzig? Fragen Sie Crawford.«
    »Und wie viele Frauen haben in dieser Zeit bei Ihnen geschlafen?«
    »Ich weiß es nicht mehr. Nicht wie viele es waren und schon gar nicht, wer.« Bentley sah Timothy in die Augen. »Das kompliziert den Fall, nicht wahr?«
    »Nicht besonders«, antwortete Timothy ruhig. »Ich hatte das schon in meinen Theorien berücksichtigt. Ich wollte mich nur vergewissern.« Er nahm seine Angel in die Hand und blickte ins Wasser. Er drehte sich nicht einmal um, als Bentley den Sessel wieder ins Haus fuhr.
    In den nächsten zwei Tagen sah man einen eifrig faulenzenden Timothy. Ab und zu ging er in Ingers Arbeitszimmer und spielte mit dem Computer. Er ließ sich eine Unmenge von Fakten überspielen, vor allem, wenn Inger nicht dabeisaß, und nur wenige davon hatten mit diesem Fall zu tun. Aber, so sagte sich Timothy, man muß die Fakten sammeln, wie sie fallen. So besorgte er sich auch eine Aufstellung sämtlicher Tiere, deren Samen und Eizellen bei der ALLAMERICAN gehortet wurden. Man kann nie wissen.
    Die meiste Zeit verbrachte er am oder im Meer, schwamm und tauchte, lernte sogar Wasserski fahren – mit Audrey im Boot –, und er mußte aufpassen, daß er nicht zu sehr von der Sonne verbrannt wurde; seine Haut nahm nicht den Goldton an, den die Mädchen hier bekamen, sondern ein Kaffeebraun, das in Chicago, wo Neger und Zwerge gleichermaßen diskriminiert wurden, gefährlich werden konnte. Timothy wagte nicht, sich vorzustellen, was man erst mit einem Zwergneger tun würde. Sobald die Sonne schien, legte er sich in den Schatten einer großen Platane und beobachtete das glitzernde, gleißende Meer.
    Inger stöberte ihn auf. Ob er nicht Appetit auf Eis habe. Vanille-Eis mit frischen Erdbeeren und Schlagsahne. Es seien gerade Erdbeeren eingeflogen worden, doch Jennifer wolle sie nur Timothy geben.
    Er lachte. »Okay, Inger, ich komme. Ehrlich gesagt, ich habe sie extra für Sie bestellt. Ich mache mir nicht viel aus Erdbeeren. Dafür erklären Sie mir etwas, ja? Ich habe hier noch keinen einzigen Vogel gesehen. Nicht einmal Möwen gibt es.«
    »Vögel stören die Ruhe«, antwortete Inger. »Mister Bentley hat sich diesen Flecken gerade ausgesucht, weil es hier keine Tiere gab. Stille, so sagt er, ist ein Vorrecht der Macht.«
    »O ja«, stöhnte Timothy. »Sie glauben gar nicht, wieviel ich ausgeben mußte, um meine Wohnung einigermaßen zu isolieren. Die Welt ist unerträglich laut geworden. Aber habe ich nicht neulich Pferde auf einem Ihrer Monitore gesehen?«
    »Schon möglich. Bentley hat sich eine Mustangherde für Seabridge machen lassen, auch ein paar Hasen, Eichhörnchen und Präriehunde. Doch sonst gibt es hier keine Tiere. Außer den Fischen, versteht sich.«
    »Und wie kommt das?«
    »Diese Bucht war von Aufständischen besetzt, bevor Nordkalifornien zurückerobert wurde. Man hat sie mit einer Neutronenbombe ausgeräuchert und dabei natürlich auch alle Tiere vernichtet. Da Seabridge hinter einem breiten Gürtel verbrannter Erde liegt, hat sich bislang keine neue Tierpopulation bilden können.« Sie schmunzelte. »Vorgestern jedoch habe ich im Wald einen Kuckuck gehört. Weiß der Kuckuck, wie er es bis hierher geschafft hat. Ich lege Futter für ihn aus; es gibt doch nicht einmal Insekten in Seabridge. Kommen Sie heute abend mit, Tiny, vielleicht hören wir

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