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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Seabridge, inklusive Fluglizenz. Timothy zerriß wütend das Communic. Nie würde er die Prämie kassieren können.
    Gleich drei Mitglieder der Familie Bentley baten um einen Termin. Der innerfamiliäre Nachrichtendienst schien gut zu funktionieren; wer weiß, wie hoch sie Opas Häschen bestechen mußten, um alle wichtigen Informationen zu bekommen. Timothy wollte die Anrufe zuerst unbeantwortet wegwerfen, dann überlegte er es sich anders und bestellte die drei für den nächsten Tag; zuerst Pride, den Kronprinzen, dann Judy und als letzten Griff, dessen Rang in der Bentley-Hierarchie er nicht wußte.
    Der Kronprinz sah älter aus als sein Vater, obwohl er »nur« hunderteinundzwanzig Jahre zählte. Vielleicht hatte man ihn nicht in den »Club der Unsterblichen« aufgenommen? Timothy fragte unverblümt. Doch, er sei Clubmitglied, sagte Pride Bentley, aber er glaube nicht an Unsterblichkeit auf Erden, und sie interessiere ihn auch nicht. Er habe längst alle Lust am Leben verloren, und wenn er noch nicht Schluß gemacht habe, dann nur, weil er strenggläubig sei. Für ihn persönlich sei es auch unwichtig, ob es noch weitere Kinder seines Vaters gäbe, zumal er selbst keine Erben hinterlasse. Er sei nur an dem guten Ruf und der Ehre seiner Familie interessiert. Timothy glaubte ihm. Und versprach ein weiteres Mal, sein Bestes zu geben. Und akzeptierte eine Erfolgsprämie nach Wunsch; er handelte sie sogar auf einen Wert von 50 000 Dollar hinauf, um glaubwürdig zu sein.
    Judy Bentley hätte ohne weiteres in den Harem ihres Urgroßvaters gepaßt. Und sie erwies sich als genauso intelligent, habgierig und skrupellos, wie der Alte sie eingeschätzt hatte. Sie bot Timothy eine Million für die Kapsel. Timothy verriet ihr gratis, daß ihr Urgroßvater ganz genau wußte, was sie damit anfangen würde. »Und da er mein Klient ist«, sagte er, »werde ich natürlich ihm die Kapsel geben. Falls ich sie finde.«
    »Sie werden sie finden«, sagte Judy überzeugt, »und Sie werden nicht so dumm sein und sie der Mumie aushändigen. Ich erhöhe mein Angebot auf zehn Millionen. Zahlbar, sobald ich das Kind geboren habe.« Sie warf Timothy eine Kußhand zu und rauschte hinaus.
    Griff war einer von Bentleys Enkeln. Er stellte sich als »Bevollmächtigter der Erbengemeinschaft der Bentleys zweiten, dritten und vierten Grades« vor. Er verlangte nicht die Kapsel, ihm genügte es, wenn irgend jemand irgendwie, aus Versehen, versteht sich, dafür sorgte, daß der Inhalt »unverwendbar« würde. Timothy warf ihn hinaus. Er war wirklich entrüstet. Über den Preis: 20 000 Dollar! Was bildeten die sich ein, wie billig man einen Timothy Truckle kaufen konnte!
    Da er wohl oder übel die Fiktion aufrechterhalten mußte, intensiv an der Aufklärung des Samenbankraubs zu arbeiten, rief Timothy Direktor Crawford an und vereinbarte einen Termin, an dem man ihn abholen und ihm die Samenbank zeigen sollte. Dann gab er sich einen Ruck und setzte sich mit einer Flasche »Straight Bourbon of Kentucky« zu Napoleon. Irgendwann mußte er ja doch etwas für einen ersten Zwischenbericht auswählen, dann lieber gleich.
    Er hatte Mühe, etwas zu finden, was sie nicht schon in Seabridge bis zum Überdruß durchdacht hatten. Wie sollte es auch anders sein, Napoleon war ja kein Wundertäter. Zwei Gedanken sortierte Timothy aus; daraus ließ sich vielleicht etwas machen:
    + + warum hat sich der dieb noch nicht gemeldet und eine erpressung versucht? + erhöht sich der preis mit der zeit? + um wieviel? + + +
    + + wenn jemand lediglich einen weiteren erben verhindern wollte, warum wurde die kapsel dann nicht für mehr als eine minute aus dem kühlsafe genommen und anschließend zurückgestellt? + das brächte kein risiko mit sich. + + +
    Die Flasche war fast leer und Timothy ziemlich voll, als er alles durchgearbeitet hatte und sich die »Schlußfragen« geben ließ. Napoleon mußte auch bei den eindeutigsten und unzweifelhaftesten Ergebnissen das letzte Wort haben und noch eine Frage hinterherschicken, absurde Gedanken, wie sie nur einem elektronischen Gehirn entspringen können, das sich in seinem bornierten Drang nach Vollständigkeit keinen Gedanken versagt, eine unversiegbare Quelle unfreiwilligen Humors, die Timothy trotzdem ernst nahm. Denn, so sagte er, diese Welt ist so verrückt, daß man gar nicht verrückt genug denken kann, wenn man sie verstehen will. Tatsächlich hatte er schon ein paarmal den Anstoß zur Lösung eines Falles aus diesen absurden

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