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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Guggenheim-Museum in New York.«
    »Nie gehört«, sagte Timothy. »Und wie hat Saunders nun –?«
    »Wie genau, weiß ich nicht, ich habe seine Statue noch nicht gesehen. Das ganze ist im Prinzip einfach. Man sucht sich eine Pose aus, begutachtet sie als Videoprojektion, und wenn man zufrieden ist, läßt man sich galvanisieren. Ich werde mich wohl eines Tages vergolden lassen.« Sie kicherte. »Ursprünglich wollte ich mich zu Tode lieben. Sie wissen doch, eine Sonde ins Gehirn, mitten ins Lustzentrum, und dann bis zur totalen Erschöpfung orgasmieren. Aber als Statue zwischen meinen Gemälden zu stehen ist doch besser. Würdevoll. Ich habe den Platz schon in meinem Testament festgelegt: zwischen dem Kandinsky und dem blauen Picasso.«
    Timothy bat um einen Whisky, angeblich, um auf diesen grandiosen Einfall zu trinken. Dann brach er schnell auf. Er hatte Angst, trotz des doppelten »Johnny Walker« der Bachstelze auf den Teppich zu kotzen.
    Der Große Bruder schickte Timothy den Kristall mit der Post. Es gäbe leider nichts zu verheimlichen, man wisse nicht, wie die Queen es gemacht habe, aber ganz offensichtlich sei es ihr gelungen, den Recorder so zu stören, daß er die Antworten nicht aufzeichnete. Vielleicht käme Timothy wenigstens auf eine Idee, wie sie das bewirkt habe.
    Timothy hörte den Kristall ab. Er kannte die Stimme des Mannes nicht. Die gleiche Anfangsfrage wie bei seinem Besuch. Und wortwörtlich dieselbe Formulierung zum Abschied. Dazwischen vor allem Schweigen. Der Kunde nannte seine Frage, die Queen antwortete »Ich sehe, ich sehe«, dann Stille, die nur von gelegentlichem »Ich sehe, ich sehe« unterbrochen wurde. Timothy stellte die Aufnahme so laut, wie er es ertragen konnte: keinerlei Anzeichen für das Einschalten einer Apparatur, nur ein undefinierbares Brummen.
    Er ging in die Küche und begann Kartoffeln zu schälen. Plötzlich ließ er das Messer fallen und ging ins Arbeitszimmer zurück. Er überspielte die Pausen und hörte sie ab, immer lauter, bis er das Brummen identifizieren konnte. Es war das Schnurren des Angorakaters. Der Recorder hatte nicht versagt, er hatte die ganze Zeit aufgenommen. Es gab überhaupt keine Antworten!
    Und doch, die Queen hatte ihm geantwortet. Und diesem Besucher auch. Der Große Bruder hatte Timothy versichert, daß der Termin ganz normal verlaufen wäre. Timothy schälte die Kartoffeln zu Ende. Als er begann, sie zu Chips zu zerschneiden, sprang er auf, lief ins Arbeitszimmer und diktierte. Dann rief er den Großen Bruder an.
    »Das Gerät hat einwandfrei funktioniert«, erklärte er, »man hört den Kater der Queen die ganze Zeit schnurren. Es gibt keine Antworten. Keine gesprochenen! Ich habe einen Test gemacht und alles, was die Queen über den Tod von Eddy ›gesagt‹ hat, auf Kristall gesprochen, jede Einzelheit, an die ich mich erinnern konnte. Weißt du, wie lange das dauerte? Zweiundsiebzig Minuten! Ich bin aber insgesamt nur eine Stunde bei ihr gewesen. Die Queen kann Gedanken lesen! Sie kennt eine Methode, ein Gehirn direkt, ohne Zwischenschaltung der Sprache anzuzapfen. Mein Verstand weigert sich, es zu glauben, aber ich finde keine andere Erklärung. Mit den zuckenden Strahlen ihrer Aureole und einem traumatisierenden Aerosol versetzt sie dich in einen hypnopädischen Zustand, und dann zapft sie deine Gedanken auf irgendeine telepathische Weise ab.«
    »Du mußt dich irren«, sagte der Große Bruder. »Das darf nicht wahr sein!«
    »Ja, es ist die absolute Katastrophe«, erwiderte Timothy, »die totale Kontrolle des Menschen. Die NSA kann ihre Videozellen verschrotten.«
    »Ich lasse sofort prüfen, ob es so etwas geben kann«, sagte der Große Bruder. »Und ich werde Alarmstufe eins auslösen.«
    »Wir haben vielleicht eine letzte Chance«, meinte Timothy. »Es könnte sein, daß die Methode noch das Geheimnis der Queen ist, zumindest scheint sie nicht für die NSA zu arbeiten. Sonst würde sie selbst fragen und es nicht dem Zufall und den Ideen ihrer Kunden überlassen, welcher Teil des Gehirns mobilisiert und damit abrufbar wird. Wir haben dafür einen objektiven Beleg, den Kristall. Oder hast du jemanden zu ihr geschickt, für den die NSA keinerlei Interesse zeigen würde?«
    »Ganz im Gegenteil.«
    »Wir müssen sie kidnappen und –«
    »Selbst wenn wir die Queen und alle ihre Mitwisser liquidieren«, sagte der Große Bruder, »es wäre nur ein Zeitgewinn, eine Aufschiebung der Katastrophe, eine solche Erfindung würde bald von einem

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