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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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sollen?«
    »Da gibt es vielerlei Möglichkeiten. Zuerst einmal können sie jederzeit strafversetzt werden. In leichteren Fällen von Ungehorsam werden die kleinen Privilegien entzogen, das Baden zum Beispiel. Eine sehr unangenehme Strafe, weil die Luft in diesen Häusern die Haut unerhört reizt, wenn man sich nicht regelmäßig säubern kann. Oder auch Wasserentzug. Da herrscht tropisches Klima, und Durst kann eine furchtbare Strafe sein. Schwere Fälle kommen für kürzere oder längere Zeit in die Klimakammer, in der der Sauerstoffgehalt der Luft nach Belieben erhöht werden kann, was natürlich zu Krämpfen führt.«
    »Eine Frage, Vance. Wozu diese Treibhäuser?«
    »Hier werden Grundstoffe produziert, vor allem Alkaloide, die man noch nicht synthetisch herstellen kann oder nur zu wesentlich höheren Kosten.«
    Als nächstes führte McNamara Timothy in einen Saal. Obwohl es auch hier drückend heiß war, trugen die Sträflinge derbe Drillicon-Kittel, und ausnahmslos alle hatten orangefarbene Streifen um den Hals. Und sie saßen in bunter Reihe mit Schimpansen! Menschen wie Affen starrten auf das schnell vorüberziehende Fließband, pickten Pillen heraus und warfen sie in Schlitze an ihrem Arbeitsplatz.
    »Das ist noch immer die beste Gütekontrolle, die Sie sich denken können«, erklärte McNamara. »Im Grunde ist dieses Band überflüssig, aber die Menschheit ist nun einmal perfektionswütig. Pillen und Tabletten sollen immer die ideale Form und haargenau die gleiche Farbtönung haben, sonst wird der Konsument mißtrauisch. Und da es noch keine Automaten gibt, die annähernd so exakt und so billig die Fehlformen und Fehlfarben aussortieren, bleibt es bei der guten alten Handarbeit.«
    »Und warum Schimpansen?« fragte Timothy. »Oder – warum nicht nur Schimpansen?«
    »Schimpansen haben ein sehr präzises Formempfinden, wenn man sie darauf trimmt, sie können dagegen nicht annähernd so gut wie der Mensch Farbnuancen unterscheiden. Wir sortieren hier Abweichungen von ein Zehntel Miocol aus.« McNamara grinste. »Daß sie in bunter Reihe sitzen, hat natürlich keinerlei technologische Notwendigkeit. Es soll nur verhindern, daß die Huees 30 sich während der Arbeit unterhalten und dadurch abgelenkt werden.«
    »Und sie daran erinnern, daß sie ebenso wie die Affen nur noch Necklaces 31 sind, denke ich!«
    »Sie denken richtig, Tiny.«
    »Ich finde es erstaunlich, wie schnell die Leute arbeiten«, sagte Timothy, »das muß doch ziemlich ermüdend sein.«
    »Wir beide würden es gewiß nicht lange aushalten. Aber die Huees werden, bevor man sie einsetzt, ›bepflanzt‹, wie die Fachleute es nennen, bekommen Kapseln mit Hormonen, Neuroplektika und so weiter implantiert, die mit einem Mini-Empfänger ausgerüstet sind, über den man die Ausschüttung in den Blutkreislauf steuern und so Ermüdungsphasen begegnen kann.«
    »Also so etwas wie ferngesteuerte Menschen?«
    »Wenn Sie es so nennen wollen – soll ich es Ihnen mal vorführen lassen? Ein Knopfdruck, und den Huees sträuben sich die Haare, oder sie fangen an zu schnaufen und zu niesen. Die Substanzen wirken vor allem auf den Hypothalamus und beeinflussen Atem- und Herzrhythmus, Blutdruck, Aktivität, Aufmerksamkeit ... Aber das ist nur für den Notfall. In der Regel reichen die Schrittmacher, die an den Arbeitsplätzen eingebaut sind und auf die ›innere Uhr‹ wirken. Das funktioniert –«
    »Danke«, unterbrach Timothy, »Ihr Chef war schon so freundlich, mir die Funktionsweise zu erklären. Wie lange ist hier eine Schicht?«
    »Für die Affen vier Stunden täglich, mehr halten sie nicht aus. Die Huees arbeiten zweimal sechs Stunden mit vier Stunden Pause, dann acht Stunden Schlaf.«
    »Und dabei unterscheiden sie noch Farbabweichungen von weniger als einem Miocol? Das kann ich nicht glauben.«
    »Man implantiert auch Drogendepots«, antwortete McNamara, »Alkaloide, die die Farbempfindlichkeit um ein vielfaches steigern.«
    »Ohne Spätfolgen für die Betroffenen? Werden sie nicht alle süchtig?«
    McNamara zuckte mit den Schultern.
    »Arbeiten eigentlich nur Sträflinge bei der IPPI?« erkundigte sich Timothy.
    »In den Forschungsbereichen sind es etwa ein Drittel der Mitarbeiter; in den Produktionsabteilungen gibt es nur Huees. Und Tiere natürlich. Wir haben auch Papageien.«
    Timothy schwieg, während sie hinauffuhren, und als er ans Tageslicht kam, atmete er tief, obwohl die Luft hier oben weitaus schlechter war als im Werk. McNamara führte

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