Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
sich für den nächsten Vormittag. McNamara ließ Timothy abholen. In einem vergleichsweise sehr bescheidenen Werks-Copter, der nicht einmal das Firmenzeichen der IPPI trug. Timothy nahm die kleine Maschine nicht für voll und mußte sich erst aufrufen lassen.
McNamara erwartete ihn in der Halle des Werkes, direkt unter der Nachbildung der Freiheitsstatue 28 , die hier wie in allen Betrieben und Institutionen aufgestellt war. Er führte ihn in ein Büro, das mit den Fahnen der USA und der NATIONAL geschmückt war; zwischen ihnen hing ein überdimensionales Bild von DuMont.
»Ich muß Sie zuerst einmal verpflichten«, sagte er, »das verlangen nicht nur unsere Werksbestimmungen, sondern auch die Behörden des Strafvollzugs.«
Timothy gab sein Stimmidenticat und verpflichtete sich, alles, was er im Werk sehen oder hören würde, streng vertraulich zu behandeln und keinerlei Informationen an Dritte weiterzugeben. McNamara nahm die Zeremonie ernst, bei solchen Gelegenheiten schlug wohl der Militär in ihm durch. Timothy gelang es, keine Miene zu verziehen. Du meine Güte, wie oft hatte er schon derartige Verpflichtungen abgegeben. Und gebrochen.
»Was wollen Sie sehen, Tiny?« erkundigte sich McNamara.
Timothy zuckte mit den Schultern. »Ich habe ja keine Ahnung, was es hier alles zu sehen gibt. Vielleicht wäre ich sonst auch gar nicht neugierig. Führen Sie mich nach Ihrem Gutdünken herum, Vance.«
»Schön, gehen wir zuerst in die Treibhäuser. Das ist immer sehr eindrucksvoll.«
Die Treibhäuser lagen im Keller, vier ausgedehnte Geschosse, die sich aber alle glichen, wie McNamara erklärte, so daß es genüge, sich ein Haus anzusehen. Ansehen hieß hier, durch eine dicke gläserne Scheibe zu gucken.
»Ist das nicht ein idyllisches Bild?« McNamara zeigte auf ein paar Frauen, die sich zwischen üppigen Stauden bewegten, ausnahmslos junge und hübsche Frauen. Und nackt. Den roten Streifen, der sich um ihre Hälse zog und der in dieser Umgebung eher wie ein raffiniert ausgedachtes Schmuckelement wirkte, konnte man ja nicht als Kleidung ansehen.
»Hübsche Mädchen, nicht wahr? Ich dachte mir, daß Ihnen der Anblick gefallen würde, Tiny. Er beeindruckt auch mich immer wieder. Es läßt an Eva im Paradies denken. Man ist fasziniert und möchte zu ihnen stürzen. Doch wenn ich Sie hineinließe, wären Sie in wenigen Sekunden tot. Erstickt. Die Luft in den Treibhäusern enthält eine Menge Kohlenwasserstoff und Methan und knapp halb soviel Sauerstoff, wie wir es gewohnt sind, sie ähnelt der Atmosphäre in den Urzeiten unseres Planeten. Die Wissenschaftler haben nämlich entdeckt, daß die heutige Erdatmosphäre durchaus nicht das optimale biologische Milieu für die Pflanzen darstellt, es ist ein Kompromiß mit dem Sauerstoffbedarf der Tiere. In einer sauerstoffreduzierten Atmosphäre gedeihen die Pflanzen weitaus besser. Die mannshohen Stauden zum Beispiel, die Sie da vorne sehen, sind Kartoffeln!«
»Und wie halten die Mädchen das aus?«
»Sie haben anderes Blut. Es wird durch eine mehrstufige Perfusion ausgetauscht, bis der Hämoglobingehalt so eingestellt ist, daß sie in dieser Luft leben können. Nach ein paar Wochen hat man überhaupt keine Beschwerden mehr.«
»Aber – ist der Blutaustausch rückgängig zu machen?«
»Das synthetische Blut muß ständig erneuert werden, die Perfluorverbindungen haben nur eine Halbwertzeit von zwei Monaten.«
»Die armen Dinger sind also nicht zu ewigem Leben in diesem unterirdischen Garten Eden verurteilt?«
»Nein, aber ich versichere Sie, Tiny, sie fühlen sich da denkbar wohl. Sie hätten ja auch in einem anderen gefährlichen Medium landen können, in den Muddies zum Beispiel oder in einer der ›Metal Hells‹ 29 . In solch einem Treibhaus kann man doch leben, oder? Vergessen Sie nicht, daß das Sträflinge sind!«
»Haben Sie nur Frauen hier? Und nur junge Frauen?« McNamara lachte. »Nein. Das ist sozusagen unser Renommierstück. Die älteren Frauen und die Männer arbeiten in den anderen Treibhäusern; Männlein und Weiblein natürlich fein säuberlich getrennt, aber als Prämie für besonders gute Arbeit dürfen sie schon mal miteinander schlafen. Ich bin übrigens dagegen. Ich finde, DuMont geht hier zu weit. Strafarbeit muß schließlich Strafarbeit bleiben.«
»Gibt es auch Aufseher oder, nun, Nichtsträflinge da unten?«
»Nein, aber sie werden elektronisch überwacht. Das allerdings total.«
»Und wenn sie einmal nicht so wollen, wie sie
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